Samstag, 6. November 2021

Der seltsame Fall des Barrington Hendricks

JPEGMAFIA - LP! JPEGMAFIA
LP!
Die-Ai-Wei
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ rätselhaft | verglitcht | experimentell ]
 
Man möchte glauben, dass ich über die Musik von Jpegmafia deshalb bisher keinen ausführlichen Artikel geschrieben habe, weil sie mir egal ist oder ich sie einfach nicht mochte. Vielleicht auch, dass ich davon bisher irgendwie nichts wusste, weil sie unter meinem musikalischen Radar nie auftauchte, was bei einem Profil wie dem seinen aber eher absurd ist. Und die richtige Antwort darauf ist wie immer ein bisschen schwieriger zu erklären und am ehesten sicher damit zusammengefasst, dass ich bis dato einfach nicht so richtig wusste, was ich dazu zu sagen habe. Denn in erster Linie stellte mich das musikalische Projekt des Devon Hendricks in den letzten Jahren vor ein mittelgroßes Rätsel, das ich auch mit seinem mittlerweile fünften Album (also diesem hier) noch nicht endgültig zu lösen bereit bin. Gleichzeitig sehe ich aber auch ein, dass Ignoranz nicht weiter der Weg sein kann, der in Bezug auf ihn der richtige ist. Denn Stand 2021 ist dieser Typ für nicht wenige Musikfans einer der wichtigsten Visionäre für die experimentellere Seite des modernen Hiphop an sich und als künstlerisches Phänomen schlichtweg nicht mehr zu ignorieren. Spätestens seit seiner dritten Platte Veteran von 2018 ist Jpegmafia ein Projekt, auf das künftige Generationen wahrscheinlich zurückblicken werden, wenn sie irgendwann nach den Strippenzieher*innen der innovativen Sounds von heute suchen und seine Einflüsse auf andere Acts wie ZeelooperZ oder Pink Siifu lassen sich bereits seit einigen Jahren abzeichnen. ich sehe also durchaus, wo diese Zuschreibungen herkommen und bin auch überzeugt, dass sie ihre Richtigkeit haben. Nur fehlt mir nach wie vor irgendwie der persönliche Zugang dazu. Jpegmafia ist definitiv ein Künstler, der in vielen Hinsichten seinen eigenen Weg geht, was aber 1.) nicht zwingend heißt, dass dieser auch in guter Musik resultiert und 2.) der Grund war, warum ich ihn immer so schwierig fand. Und auch auf LP! bin ich einem umfassenden Verständnis dieses Typen höchstens einen kleinen Schritt näher gekommen. Dass es von diesem neuen Album auch noch zwei Versionen gibt, von denen eine mit weniger rechtlich fraglichem Sampling-Material auf gängigen Streamingplattformen veröffentlicht wurde und eine zweite (die ich in diesem Text bespreche) nur auf Bandcamp erschien, ist dabei noch das geringste Problem. Das Internet schien sich ja recht schnell einig zu sein, welche der beiden die "richtige" ist (Spoiler: Es ist die Bandcamp-Version) und ich folge dem gerne. Und mein ganz persönlicher Struggle beginnt ja eh schon damit, überhaupt in einen Groove mit diesem Typen zu kommen. Mein Urteil fühlt sich dabei zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich so gefestigt an wie ich es gerne hätte, allerdings bin ich auch nicht der Meinung, dass es sich durch weiteres Hören nochmal drastisch verändern wird. Wobei die gute Nachricht für alle Fans von Peggy ist, dass ich vieles hier schon mal wesentlich mehr mag als 2019 auf dem ziemlich furchtbaren All My Heroes Are Cornballs, das ich noch immer krass überbewertet finde. Gleichzeitig kann ich aber auch nicht genau sagen, was diese Platte eigentlich besser macht. Zumindest erscheint es mir nicht so, dass der Sound von LP! strukturell anders angegangen wurde als beim letzten Mal oder sich hinter allem eine Stilistik versteckt, die sich wesentlich vom Vorgänger unterscheidet. Wenn überhaupt empfinde ich die Performance von Peggy hier als energischer, die ausgewählten Samples als schicker, das Mixing als spannender ausgestaltet und die Produktion als etwas tighter, was aber eigentlich keinen solchen Unterschied ausmachen sollte. Und obwohl es hier durchaus echte Banger wie OG!, Hazard Duty Pay! und Tired, Nervous & Broke gibt, verschwinden viele Elemente dieser LP in einer sehr vielschichtigen Sound-Suppe, die ich für sich zwar mag, die aber auch wenige deutliche Highlights zulässt. Was am Ende bedeutet, dass mir von der Platte - obwohl ich sie grundlegend mag - nicht vieles in Erinnerung bleibt. Mehr als ziemlich gut kann ich sie also beim besten Willen nicht finden und es gibt daran einfach eine Art chaotisches Element, das mich nicht ganz subtil nervt. Wobei diese Einstellung in meinen Augen schon eine ziemlich gute ist, wenn man bedenkt, wie schrecklich ich noch den Vorgänger fand. Und wenngleich ich Jpegmafia jetzt als ganzes noch immer sehr mystisch finde, ist meine Grundstimmung ihm gegenüber inzwischen doch wieder ziemlich positiv. Hoffen wir mal, dass es so bleibt.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11

Persönliche Höhepunkte
End Credits | Hazard Duty Pay! | What Kinda Rappin' is This? | Thots Prayer | Are U Happy? | Rebound | OG! | Tired, Nervous & Broke | 🔥 | Nice! | BMT! | Dam! Dam! Dam! | Untitled

Nicht mein Fall
the Ghost of Ranking Dread


Hat was von
Pink Siifu
Gumbo'!

Injury Reserve
Injury Reserve


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