Montag, 1. November 2021

Ausgebremst

Young Thug - Punk YOUNG THUG
Punk
300 Entertainment | ATL
2021

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ balladig | langsam | langatmig ]

Wahrscheinlich hätte Young Thug gerne, dass wir denken, dass er unberechenbar wäre. Das zumindest sagt mir das eigenartige Streuverhalten seiner letzten Releases, die auf den ersten Blick ja ziemlich willkürlich wirken. Hier eine zusammenhangslose Single als Überraschungdrop, da ein neues Album mit den Jungs und Mädels von seinem Label, dort ein Feature auf der neuen Platte von Elton John (!) und jetzt auch noch dieser zweite Longplayer, der mal wieder ohne jede PR eines Tages einfach auf den Streamingplattformen stand. Und klar, was genau Thugger als nächstes macht, weiß man nie so richtig. Nur wäre es auch eine heillose Übertreibung zu behaupten, dass er bei alledem so etwas wie ein kreatives Chamäleon wäre oder sich jedes Mal neu erfinden würde. Denn im großen und ganzen ist er eher das Gegenteil und macht seit inzwischen einer guten Dekade die gleiche Art von Musik mit nur wenigen künstlerischen Ausflüchten. Das ist mal weniger und mal mehr gut und ich will nicht bestreiten, dass diese Herangehensweise für einige echte Highlights verantwortlich war, doch in dem Sinne überraschend fand ich Young Thug ehrlich gesagt noch nie. Auch nicht auf einem Album wie Punk, auf dem er ein weiteres Mal sein verstecktes Faible für balladige Gitarrensongs in den Fokus stellt. Selbiges wurde 2017 schon mal auf dem Mixtape Beautiful Thugger Girls ausgebreitet und tauchte hier und da mal für ein, zwei Tracks pro LP auf, ist also an diesem Punkt keine Neuigkeit. Zumal auch diese Platte nicht plötzlich eine reine Akustikgitarren-LP ist, sondern eher ein schluffiges Amalgam aus diesem Zeug und dem typisch thugger'schen Crooning-Cloudrap, den man von jedem beliebigen anderen Projekt kennt. Wobei diese Mischung vor allem dafür sorgt, zwei Versionen von Young Thug zu vereinen, die beide ziemlich langweilig und dröge sind. Ich habe ja mittlerweile schon gar keine Probleme mehr damit, dass dieser Typ keine Banger machen will und eher auf chilliges Streamrolling setzt, das bei ihm ja auch funktioniert. Doch ist Punk nicht diese Art von langsam. Es ist die Art von langsam, die nicht mal genug Energie aufbringt, um gemächlich nebenher zu viben und stattdessen einfach nicht aus dem Quark kommt. Das merkt man schon direkt im Opener Die Slow, der die Platte schon in ihren ersten Sekunden eher ausbremst als sie in Fahrt zu bringen und sich gleich mal zwei Minuten länger anfühlt als er eigentlich ist. Und das schlimme ist ja, dass diesen Grind so gut wie jeder der 20 Tracks auf diesem Album fährt. Klar gibt es zwischendurch Ausnahmen wie das grantige Righ N🙊🙊🙊a Shit, das brettige Scoliosis oder der kleine Sommerhit-Teil irgendwo zwischen Yea Yea Yea und Livin It Up, doch fühlen sich auch diese Songs meistens an wie schlechte Entschuldigungen für etwas mehr Tempo, die dementsprechend auch ziemlich verpuffen. Niemals stellt sich dabei ein so schnuffliger Einheitsgroove ein wie beispielsweise auf seinem letzten Slime Language-Album, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass sie Produktion durchweg richtig lame ist und das ganze Ding einfach furchtbar abgemischt. Dass Thugger mit seinem dösigen Singsang hier irgendwie Charakter einbringt, kann man ja sowieso vergessen. Es gibt mehrere Momente, in denen er sich dabei als eine Art Storyteller probiert und auf die Emotionstube drücken will, die allerdings schmerzhaft schief gehen und den Rapper erneut eher als einen Künstler entlarven, der sich an inhaltlichem Tiefgang peinlich verhebt. Und wenn diese Schiene so versagt wie hier in vielen Fällen, ist ja überhaupt die Frage, was einem die ganze seichte Balladen-Nummer bringt. Ich für meinen Teil erkenne an diesem Album bis auf wenige Songs und ein paar gut platzierte Features überhaupt keinen künstlerischen Mehrwert und bin von allem, was der Thugger hier anfängt, einfach nur kolossal gelangweilt. Was vor allem deshalb so doof ist, weil gerade erst seine letzte Platte - Slime Language 2 von diesem Sommer - eine seiner bisher besten war und mir Hoffnung machte, dass er jetzt vielleicht endlich mal eine durchweg gute Phase haben könnte. Aber nichts da, das hier gehört in umgekehrter Logik zu den größten Schrottplatten, die es jemals von ihm gab. Wenigstens in dieser Hinsicht ist er dann doch ziemlich unberechenbar.

🔴🔴🔴03/11

Persönliche Höhepunkte
Scoliosis | Bubbly | Day Before

Nicht mein Fall
Die Slow | Stupid/Asking | Contagious | Peepin Out the Window | Livin It Up | Love You More | Hate the Game


Hat was von
XXXtentacion
17

Future
High Off Life


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