Mittwoch, 24. März 2021

Cirque du Kauz

Chad VanGaalen - World's Most Stressed Out GardenerCHAD VANGAALEN
World's Most Stressed Out Gardener
Sub Pop
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ psychedelisch | verspult | garagig ]

Ich habe auf diesem Format bisher wenig über Chad Vangaalen geschrieben, doch ganz heimlich ist er seit Jahren einer der Künstler im Bereich des psychedelischen Garagenrock, die ich mit großem Interesse verfolge. Wobei es bisher vor allem seine Arbeit als Produzent für Andere war, mit der er sich bei mir sehr beliebt machte. Als Mann hinter den Reglern war er in der letzten Dekade unter anderem an einigen großartigen Platten von Women und den Preoccupations beteiligt, sein persönliches Meisterstück ist in meinen Augen allerdings das 2014 erschienene Debütalbum von Alvvays, das mittlerweile bombenfest zum engeren Kanon meiner ewigen Lieblingsplatten gehört. Als Songwriter trat Vangaalen dabei allerdings lange in den Hintergrund und wurde eher unter Ferner liefen behandelt. Seine Soloplatten, die er bereits seit Mitte der Zwotausender veröffentlicht und von denen ich zumindest die letzten beiden kenne, waren zwar nie wirklich mies oder mittelmäßig, nur immer irgendwie die nächstschlechtere Alternative zu Leuten wie Ty Segall oder Kurt Vile. Weshalb ich jahrelang darauf wartete, dass von ihm vielleicht mal eine LP kommt, die ein bisschen mehr Bums und Identität mitbringt. Die Art von LP, die World's Most Stressed Out Gardener nun zumindest ein bisschen geworden ist. Vor allem insofern, als dass Vangaalen mit diesem Album das erste Mal wirklich die Blicke auf sich zieht und Spannungen erzeugen kann. Ob man das Ergebnis dann auch gut findet, ist letztendlich eine andere Frage. Wobei er meinen Geschmack in den meisten Momenten durchaus trifft. Weg vom groovig-chilligen Garagenrock der Vorgängerplatten orientiert sich der Kanadier hier vor allem an den psychedelischen Weirdo-Songwriter*innen der frühen Siebziger wie Syd Barrett und Tim Buckley, stellenweise aber auch an Elementen von Krautrock, Freak Folk, Proto-Elektro und Hypnagogic Pop der Marke Animal Collective (zumindest der Zwotausender-Variante), was für eine ziemlich bunte Mischung sorgt. So gut wie jeder Track ist dabei auf eine andere Weise schrullig und abgefahren und ätherische Synth-Flächen wie Earth From A Distance baut Vangaalen mit der gleichen Souveränität wie lärmige Schepper-Orgien (Golden Pear) und motorische Kraut-Jams (Nightwaves). Dass die Platte psychedelisch klingt, meine ich dabei nicht so sehr in Sinne von umhüllenden Soundwänden und tausendfach geschichteten Klangmahlstöhmungen, sondern eher so, dass diese Musik klingt wie auf ein paar richtig guten Pappen komponiert. Die Strukturierung der LP und wie so viele verschiedene Stile zusammenfinden erinnert mich sehr an das letzte Album von Jeff the Brotherhood und ist auch auf die gleiche Weise cool. Der Ansatz ist vielleicht nicht ganz so fließend und nicht alle Songs hier grooven so stark, dennoch liegt beiden die gleiche Kompetenz zugrunde. Und wenn es um Lyrics geht, ist Vangaalen sogar noch einen Ticken besser. Zwar ergibt fast keine einzige Zeile auf diesem Album irgendeinen Sinn, doch hat die Art, wie in Samurai Sword oder Golden Pear verpeilte Satzhülsen zusammengeschraubt werden, eine sehr kauzige Poesie. Und auch wenn das heißt, dass die Gefüge auf der Platte grundsätzlich eher lose sind und eine fokussierte Ästhetik darauf nicht stattfindet, ist es doch mit Abstand das beste Stück Musik, das dieser Typ hätte machen können. Zum einen weil es spannend und lustig ist, aber auch weil Chad Vangaalen die Techniken des verdaddelten Weirdo-Songwritings in Form bringen kann. Wobei ich mich spätestens hier frage, warum er das nicht schon die ganze Zeit getan hat.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡⚫⚫⚫ 08/11

Persönliche Höhepunkte
Flute Peace | Earth From A Distance | Nightwaves | Plant Music | Nothing is Strange | Inner Fire | Golden Pear | Nightmare Scenario | Samurai Sword | Water Brother

Nicht mein Fall
Spider Milk

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