Samstag, 1. Dezember 2018

Das Siegertreppchen: November 2018

GOLD:
JULIA HOLTER
Aviary














Ein einfaches Album ist dieses Aviary noch weniger als die bisherigen Platten von Julia Holter, daran muss man sich erstmal gewöhnen. Es geht fast 90 Minuten lang, viele Songs kommen weit über fünf Minuten und in nicht wenigen davon schickt sich die Kalifornierin an, das komplette Prinzip von Pop-Songwriting grundlegend zu hinterfragen. Dass die LP ein prozessorientiertes Projekt ist, hört man ihr in fast jeder Sekunde an, was definitiv ein bisschen anstrengend sein kann. Belohnt wird man hier jedoch mit einem Album, welches das Wesen der experimentellen Musik an sich auf besondere Weise denkt und wie wenige andere den klanglichen Freigeist feiert. Was Kreativität anbelangt, habe ich 2018 noch keine umfassendere Platte gehört. Und auch wenn sie dadurch schon von der Idee her unperfekt ist, ist sie doch genau deshalb so unglaublich spannend. Ein unbestreitbares Highlight dieses Herbstes.
 

SILBER:
SUN KIL MOON
This is My Dinner














Die Alben von Mark Kozelek sind eigentlich Highlights am laufenden Band, doch dass der große Meister des Song-Storytelling mal wirklich einen so gewaltigen stilistischen Schritt macht, hat man trotzdem nicht alle Tage. Vielleicht ist This is My Dinner auch nur eine weitere Gestalt, in der sich der Musiker hier mal für die Dauer eines Albums präsentiert, aber Bedeutung hin oder her: Die Songs hier sind ein absolutes Highlight. Auf vielen davon gibt Kozelek den Comedian, steigt gerne aus der Rolle des Sängers aus und mimt Gespräche nach, erzählt ein paar Fun Facts über einen Track, den er kurz danach covert und macht ganz allgemein hier eher Theater als Musik. Und Abgesehen davon, dass es als Konzept revolutionär ist, ist es in diesem Fall auch sehr oft einfach ziemlich witzig, was dieses Projekt zu einem seiner besten macht.


BRONZE:
THOM YORKE
Suspiria (Music for the Luca Guadagnino Film)










Man könnte sagen, dass Suspiria nur ein Soundtrack ist, man ihn mit einem klassischen Album ja überhaupt nicht vergleichen könnte und er somit völlig außer Konkurrent stünde. Man hätte damit auch irgendwie Recht, aber darum geht es mir dabei eigentlich gar nicht. Denn wofür diese LP in meinen Augen Anerkennung verdient ist eben genau, dass sie als stimmungsvolle Filmmusik eine absolute Ausnahme ist. So detailreich komponiert, so atmosphärisch entrückt, so faszinierend gruselig. Sie enthüllt nicht nur eine völlig neue Seite des Künstlers Thom Yorke, sondern ist auch innerhalb des Mediums Kino-Score absolut herausragend. Und: Es schadet dem Erlebnis absolut nicht, wenn man das Erlebnis auf die akustische Ebene dieses Albums beschränkt. Das schaffen in der Tat nur wenige Soundtracks.



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