Samstag, 8. Dezember 2018

...And this, kids, is how i got Post Metal





















Schon seitdem ich überhaupt angefangen habe, über Musik zu schreiben, juckt es mich in den Fingern, mal ausführlich über das seltsame Phänomen zu schreiben, welches da heißt Esben & the Witch. Ein Projekt, das es in den sechs Jahren, seitdem ich mich mit ihm beschäftige, geschafft hat, die höchst ungewöhnliche Metamorphose vom Indie-Sternchen zur Post-Metal-Dampfwalze zu machen und dabei so ruhig und organisch gewachsen ist wie ein Gebirge. Eine Band, die ich eigentlich schon nach ihrem zweiten Album abgeschrieben hatte, die aber dann doch mit jeder neuen Platte spannender wurden und die damit seit Gründung dieses Formats ein Leben in den Schnelldurchlauf-Rubriken von CWTE geführt hat, aus denen sie jetzt endlich mal ans Tageslicht geführt gehören. Denn ihre klangliche Geschichte ist zu diesem Zeitpunkt zu faszinierend, um sie weiter wegzusperren. Dabei beginnt sie eigentlich eher sehr trocken: 2013, als ich ihre Musik zum ersten Mal aktiv hörte, waren sie gerade auf den letzten Metern ihrer Debüt-Lorbeeren von Violet Cries angekommen, dass zwei Jahre zuvor in der Blogosphere relativ beliebt war. Darauf spielten sie eine sehr Folk-inspirierte Art von Indiepop, die an eine Mischung aus the XX und Chelsea Wolfe erinnerte. Teilweise wurde diese auch ein bisschen lauter und man konnte definitiv bereits erahnen, dass bei dieser Band zuhause neben Bon Iver auch mal My Bloody Valentine oder Isis lief. Zunächst war das aber eher ein hintergründiges Gefühl. Ihre zweite LP Wash the Sins Not Only the Face versuchte sich behutsam an elektrisierten Shoegaze-Momenten, war aber eher noch der Sorte Indiepop zugetan, die spätestens zu diesem Zeitpunkt langsam ausstarb, während sich Metal- und Altrock-orientierte Stile wie Blackgaze und Neo-Gothrock langsam den Weg in den Mainstream bahnten. 2013 standen Esben & the Witch erstmal auf der falschen Seite des Trends, bemühten sich jedoch, diesen Umstand so schnell wie möglich zu ändern. Auf dem gerade Mal ein Jahr später veröffentlichten A New Nature wurden ihre Songs fürs erste wesentlich länger, wobei auch klanglich stärker mit Shoegaze und Postrock geflirtet wurde. Der Sound der Platte war für mich damals die erste große Überraschung von Esben & the Witch, der auch bei der Band selbst einige Dämme brach. 2015 unterschrieb die Band bei Season of Mist, wo im folgenden Jahr mit Older Terrors auch ihre erste LP erschien, die deutliche Postmetal-Bezüge aufwies. Hier wagten die BritInnen dann auch wirklich größere Sound-Experimente und klammerten den verbliebenen Rest ihrer Pop-Sensibilität aus. Von einem schicken Feuilleton-Act unter vielen waren Esben & the Witch als zu einer Gruppe geworden, die zwar eher in einer musikalischen Nische unterwegs war, dafür aber wesentlich relevanter und intelligenter klang. Und ihr fünfter Longplayer Nowhere zeigt sie nun definitiv als Band, die dort irgendwie angekommen ist. Mit knapp einer Dreiviertelstunde ist es ihr kürzestes Album bisher, dafür geht aber mal wieder kein Song kürzer als viereinhalb Minuten und rein klanglich kann man nun endgültig sagen, sie spielen Post Metal + X. Der Grundstock des Sounds erinnert stark an Chelsea Wolfe, Amenra, True Widow, Myrkur und Ulver, gerade in Rachel Davies' Gesang kann man aber nach wie vor Parallelen zu Romy Madley-Croft oder Bilinda Butcher ausmachen. Unter den Metalbands sind Esben & the Witch also nach wie vor eine Popband. Ihre Produktion ist nicht ganz so auf Drums und Bässe ausgerichtet, Melodien, wenn auch in durchgängig klagendem Moll gehalten, noch klar erkennbar und es muss niemand schreien, um das ganze Emotional wirken zu lassen. Aber genau das mag ich an dieser Platte irgendwie: Sie ist eine Metal-LP von Leuten, die nicht schon immer Metalheads waren, sondern erst über lange Zeit dazu gefunden haben. Die Blastbeats hier sind nicht die eines Drum-Wunderkinds, das bereits mit zwölf Jahren fehlerfrei Painkiller vortrommeln konnte, sondern die eines Indie-Typen, der eine ganz eigene Variante davon aufbaut. Die Gitarrenriffs spielen immer mal wieder ins Shoegazing rein und klingen so, als hätten sie aus Versehen kurz vergessen, die harten Bretter durchzuballern. Die eigentliche klangliche Härte, die bei Metalmusik ja Grundvoraussetzung ist, entsteht hier häufig nur unterschwellig und nimmt die Songs nie komplett ein. Der einzige Moment, der wirklich ganz und gar ein "Metal-Stereotyp" ist, sind wenige Takte in Darkness (I Too Am Here), die das Finale Furioso dieses Albums bilden. Verglichen mit dem Songwriting anderer Bands jedoch ist diese Stelle noch immer verhältnismäßig lahm. Dass sie das ist, ist aber keine Kritik, die ich an Nowhere habe, sondern eher das erfrischende Element an der ganzen Sache. Auch wenn sie es versuchen, Esben & the Witch sind nicht Isis, sie sind Esben & the Witch. Und jede einzelne Facette ihrer obskuren musikalischen Biografie findet sich in diesem Album wieder. Was sehr für die gelungene Identitäsfindung dieser Band spricht. Denn selbst wenn sie in zehn Jahren nur Dancehall oder Ska-Punk spielen, man wird doch immer noch diesen musikalischen Charakter bei ihnen finden, der von 2011 bis heute durchgehalten hat.






Persönliche Highlights: A Desire for Light / Dull Gret / Golden Purifier / Seclusion / Darkness (I Too Am Here)

Nicht mein Fall: the Unspoiled

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