Sonntag, 23. Dezember 2018

2018: Die 20 besten Songs


> TONY MOLINA
> Nothing I Can Say
> Aus dem Album Kill the Lights









Niemand war 2018 besser darin, über eine Reihe von niedlichen Singer-Songwriter*in-Nummern einen haufen Zuckersirup zu gießen und diese dann als Mini-Hits zu verkaufen, als Tony Molina. Seine neue Platte Kill the Lights ist zum Bersten voll mit kuscheligen Sixties-Momenten und die Tatsache, dass er sich selten mehr als eine Minute gibt, um einen Ohrwurm zu schreiben, macht seine Tracks zumeist noch effizienter. Das beste Beispiel dafür ist sicherlich Nothing I Can Say, der Opener der neuen LP, der verträumt-melancholisch irgendwo zwischen Simon & Garfunkel, Brian Wilson und den Kinks umhertingelt, aber plötzlich gar nicht mehr so harmlos ist, wenn man die Melodie tagelang nicht aus dem Kopf bekommt. Ein Popsong wie eine Insulinspritze: Schnell und gezielt, aber mit viel Zucker.

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> TOCOTRONIC
> Ich lebe in einem wilden Wirbel
> Aus dem Album Die Unendlichkeit









Wie das so ist bei einer Tocotronic-Platte ist auch Die Unendlichkeit nicht gerade knapp bestückt mit tollen, inspirierenden Bewusstseins-Hymnen, was bedeutet, an dieser Stelle könnten locker auch Electric Guitar, 1993 oder der Titeltrack stehen. Da hier jedoch gilt, dass pro Künstler*in ein Song reichen muss, ist Ich lebe in einem wilden Wirbel sicher der beste Kompromiss. Er hat das treibende, actionreiche Songwriting, das diese Platte so unglaublich gut kann, steht an genau der richtigen Stelle auf dem Album und ist mit nicht Mal drei Minuten auch alles andere als ein Slowburner. Dazu kommen eines der eingängigsten Gitarrensoli des Jahres, die herrlich akzentuierten Rhythmusschleifen und nicht zuletzt Dirk von Lowtzows euphorische Lyrics. Einer der seltenen Tracks der Hamburger, der wirklich unweigerlich nach vorne geht und damit schon so etwas wie das versteckte Highlight der neuen LP.

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>TWIN SHADOW feat. HAIM
> Saturdays
> Aus dem Album Caer









Für einen R'n'B-Künstler hatte George Lewis schon immer einen ungewöhnlichen Hang zu Achtziger-Arenarock der Marke Bruce Springsteen, der auf seinen Platten stets ein bisschen durchschimmerte, doch mit Saturdays hat er diesem Faible nun endgültig ein Denkmal gesetzt. Gleichermaßen ein krachiger Rocksong wie eine elegante Synthpop-Nummer findet er hier ein unglaublich ansteckendes Amalgam aus Retro-Bezug und Aktualität, das vor allem der vielleicht fetteste Single-Hit-Brocken des Jahres geworden ist. Eine extrem starke Hook, dick produzierte Drums, eine großartige Strophe von Haim und tausendundein Gitarrenfill, in das man sich am liebsten reinlegen würde. Definitiv der eine große Aha-Moment des neuen Twin Shadow-Albums und einer meiner persönlichen Dauerbrenner 2018.

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>THE SMASHING PUMPKINS
> Solara
> Aus dem Album Shiny and Oh So Bright Vol. 1: No Past, No Future, No Sun







Ja, ich weiß: Solara ist nur geil, weil es so nach den Pumpkins der Neunziger klingt und eigentlich ziemlich billig das kopiert, was diese Band genau so schon auf Mellon Collie und Adore machte. Wenn ich diesen Vergleich aber schon ziehe, dann muss ich auch betonen, dass der Track dabei ohne weiteres in einer Reihe mit legendären Stücken wie Cherub Rock, Love oder Bullet With Butterfly Wings genannt werden kann und wenn schon eine Selbstkopie, dann eine wahnsinnig gute geworden ist. Wenige Künstler*innen der damaligen Zeit, die aktuell neue Musik veröffentlicht haben, klangen damit so fett und präsent wie die Pumpkins hier und an Passion für ihre Musik hat diese Formation in den letzten zwei Dekaden kein bisschen verloren. In meinen Augen einer der besten Einzeltracks ihrer gesamten Diskografie. Change My Mind.

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>CYPRESS HILL
> Band of Gypsies
> Aus dem Album Elephants On Acid









Auch Cypress Hill waren 2018 eine Band, die mit ihrem neuen Material vor allem an frühere Erfolge anknüpfte, und obwohl Band of Gypsies als Leadsingle der neuen LP viele Attribute alter Hits hat, ist es hier doch weit mehr als reine Reproduktion. Die Kalifornier klingen weiterhin fett und lieben nach wie vor ihre Rauschgift-Lyrics und großkotzige Samples mit ordentlich Strahlkraft. Im Gegensatz zu vielen Neunziger- und Zweitausender-Sachen von ihnen geht ihnen diesmal aber jene Albernheit völlig ab, die mir einige frühere Hits immer madig machte. Dieser Track ist sehr getragen, hat eine gewisse erhabene Aura, büßt dafür aber kein Stück der Hitzigkeit, Attitüde und Credibility ein, die für eine Band wie Cypress Hill überlebenswichtig ist. Und ist nebenbei vor allem mal wieder ein echt stabiler Banger.

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>POLIS
> Gedanken
> bisher unveröffentlicht









Noch immer muss man sich mit einem Live-Clip auf YouTube begnügen, um die erste zarte Blüte des kommenden Polis-Albums überhaupt hören zu können, doch auch dieser erlaubt keinen Zweifel daran: Gedanken ist ein unfassbar starker Song. Aus dem gleichen Garn wie ihr grandioser Vorgänger Sein gemacht, entfaltet sich hier erneut ein mehrteiliges Hippie-Prog-Opus, in dem alles absolut filigran zusammenklebt. Von den winzigen Bass-Einschüben zu Beginn über das fast wie ein Refrain anmutende Gitarrensolo und die chorischen Gesangsparts bishin zum bombastischen Finale, bei dem die ganze Band zusammenkommt. Und das krasse: In etwas mehr als fünf Minuten ist das alles abgefrühstückt. Definitiv ein erstes großes Highlight jener LP der Plauener, die hoffentlich 2019 endlich auch zu haben ist.

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> IDLES
> Danny Nedelko
>Aus dem Album Joy As An Act of Resistance









Es gab in den letzten Jahren sehr viele, auch sehr gute Beispiele für düstere und wütende Songs gegen Xenophopie, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und das ist ja alles auch sehr wichtig und so. Aber es braucht erst Idles und diesen Song hier, um zu begreifen, dass Toleranz und kulturelle Vielfalt eigentlich Sachen sind, über die man auch proaktive und spaßige Musik schreiben kann. Danny Nedelko, benannt nach einem Kumpel der Band, ist ein Track, der in Zeiten der politischen Abschottung (gerade im Idles-Heimatland Großbritannien) den Multikulturalismus feiert und ganz klar darauf abzielt, nicht reaktionär gegen Nationalismus zu pushen, sondern die Sache von der menschlichen Seite anzupacken. Eine Vorgehensweise, die vielleicht nicht so punk ist wie die Kontra-Argumentationsschiene, aber viel geiler klingt und hier zu einer echten Hymne wird.

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> ROSTAM
> In A River
> veröffentlicht als Single









Obwohl Rostam Batmanglij schon immer der heimliche kreative Kopf bei Vampire Weekend war, stellte es selbst für ihn eine Herausforderung dar, dem klanglichen Kosmos dieser Band in seinem Solomaterial noch etwas wirklich originelles hinzuzufügen. Sein letztes Album ist noch immer der beste Beweis dafür. Mit In A River jedoch gelingt es ihm nicht nur, sich von seiner ehemaligen Stilistik zu emanzipieren, er schreibt auch noch seinen mit Abstand besten Song bisher. Er klingt dabei zwar eher wie Eddie Vedder als wie Peter Gabriel und die deutlichen Einflüsse aus Americana und Country sind sicherlich gewöhnungsbedürftig, ziemlich genial ist das Ergebnis am Ende trotzdem. Der Track vermengt Folk, Electronica und R'n'B auf einzigartige Weise und schafft jenes Gefühl von Grenzenlosigkeit, die Songs wie dieser im Optimalfall haben. Ein kreativer Boost für Rostam als Solokünstler, der ein weiteres Mal die Frage stellt, was Vampire Weekend ohne diesen Typen eigentlich anfangen sollen.

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> BEIRUT
> Gallipoli
> veröffentlicht als Single









Ich bin mir durchaus im Klaren darüber, dass Zach Condon sich mit diesem Song in keinster Weise neu erfindet, sondern in vielerlei Hinsicht eher wieder die alte Leier spielt, die er 2011 auf the Rip Tide schon perfektioniert hatte. Im Klartext heißt das aber auch, dass Gallipoli ihn seit langem mal wieder in kompositorischer und klanglicher Bestform zeigt. So wie hier mag ich Beirut am liebsten: Die soften elektronischen Einschübe, die dick aufgetragenen Balkan-Bläsersätze und Condons feierlichen, getragenen Gesang als Sahnehaube obendrauf. Mit diesen Parametern funktioniert seine Musik auch 2018 noch so gut wie vor zehn Jahren und hat nichts von ihrer Kraft und Emotionalität verloren. Ein Highlight der Saison, weil ein zeitloses Dokument für das Können dieses Künstlers.

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> JULIA HOLTER
> I Shall Love 1
> Aus dem Album Aviary









Für viele Fans war der Zwillings-Track I Shall Love 2 dieses Jahr der Song, der den kreativen Geist von Julia Holter am besten transportierte und an dieser Ansicht ist sicherlich auch was dran. Wenn es darum geht, welches Stück am Ende ihr bestes in dieser Saison ist, kann es für mich persönlich aber nur dieser sein. Als bombastischer Auflösungs-Moment der zweiten Hälfte von Aviary präsentiert er das volle Spektrum an orchestraler Kraft und kompositorischer Klasse auf ein grandioses Motiv reduziert, das sich Mantra-artig über die flirrende Sinnsuche erhebt, die Holters neues Album in jeder Faser ist. In gewisser Weise ist das hier der Moment, in dem die anderthalb Stunden Musik auf dieser LP zu einer Explosion finden, auf die alles bisher geschehene hinausläuft. Ganz nebenbei funktioniert I Shall Love 1 aber auch als einer der wenigen Songs auf Aviary losgelöst vom Konzept der Platte. Kurzum also eine absolute Bombe von einem Titel und das Highlight auf einem der besten Gesamtwerke dieser Saison.

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 > BALTHAZAR
> Fever
> veröffentlicht als Single









Hätten wir 2011 und die Mainstream-Laufkundschaft würde sich noch für verwegene Indiepop-Knüller interessieren, Fever wäre schon lange der Hit des Jahres. Was Balthazar aus Gent hier gelungen ist, ist einer dieser chilligen, unterschwellig wild-romantischen und verdammt eingängigen Tracks, die vielleicht nicht mehr ganz im Trend liegen, aber deshalb kein bisschen weniger Energie besitzen. Ein Song, der lange unter der Oberfläche vor sich hinbrodelt und von dem man erst nicht so richtig weiß, was man von ihm halten soll, bis diese unglaubliche Hook über einen losbricht und einfach über alle Zweifel erhaben ist. Ab dann kann man sich auch über die vielen hübschen Details freuen, die die Belgier hier eingebaut haben: Die sanfte Percussion, die flirrenden Streicher in der zweiten Strophe und eine der besten Basslines des gesamten Jahres 2018. Ein Stück mit vielen Facetten, das sowohl als bequemer Popsong taugt als auch als filigrane songwriterische Studie. Und definitiv eine Nummer, die 2019 noch viel größer werden muss. Weil sie es einfach mal verdient hat.

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> EFRIM MANUEL MENUCK
> A Lamb in the Land of Payday Loans
> Aus dem Album Pissing Stars









In über 20 Jahren musikalischer Aktivität war Efrim Menuck für jede Menge tolle und besondere Stücke verantwortlich, nicht wenige davon zähle ich zu persönlichen Favoriten. Etwas wie A Lamb in the Land of Payday Loans ist mir dabei jedoch nicht mal ansatzweise untergekommen. Auf einer Platte voller ambienter und finsterer Drone-Schwergewichte platziert der Pabst des Postrock hier eine Nummer, die für seine Verhältnisse als astreiner Popsong durchgeht. Basierend auf einer Gitarrenharmonie, die unwillkürlich an MGMTs Time to Pretend erinnert, bastelt er hier einen skurril optimistischen, ja fast euphorischen Track, der mehr oder weniger das komplette Gegenteil seiner gesamten bisherigen musikalischen Arbeit ist. Sicher, die verzerrten Amps, die LoFi-Produktion und der ungelenke Gesang sorgen auch hier am Ende für die nötige Portion Disharmonie und eine Castingshow würde Menuck damit auf keinen Fall gewinnen, im Verhältnis zu seinem sonstigen Output aber definitiv ein Ausreißer. Und eine wirklich gelungene Überraschung, wenn man mich fragt.

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> LEON BRIDGES
> Bad Bad News
> Aus dem Album Good Thing









Leon Bridges war dieses Jahr wahnsinnig gut darin, großartiges Songwriting in scheinbar belanglosen, seichten Souljazz-Nummern zu verstecken, die sich erst nach wiederholtem Hören so richtig entfalten konnten. Bad Bad News fällt in diesem Spiel die Rolle des heimlich groovenden, chilligen Swagger-Hits zu, der seine Tanzbarkeit unter haufenweise Schichten edler Jazz-Klischees eingräbt und die Hörenden aus dem Hinterhalt befällt, ähnlich den Figuren im dazugehörigen Video. Wie bei allem 2018 geht es dabei auch irgendwie um Donald Trump, vor allem ist der Song aber ein Zeichen des Triumphes und besingt den Sieg über das unbeugsame Schicksal. Ein Narrativ so alt wie der Soul selbst. Leon Bridges zeigt jedoch, dass auch diese klassische Herangehensweise nicht langweilig ist, wenn die Performance stimmt.

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> A$AP FERG
> Verified
> veröffentlicht als Single









Verified ist einer der wenigen straighten Rap-Banger in dieser Liste, dafür dann aber auch so richtig: Kaum länger als zwei Minuten braucht Seine Lordigkeit A$ap Ferg hier, um einfach nur bedingungslos zu ballern und einen der vielleicht stupidesten, aber auch großartigsten Hiphop-Tracks des Jahres abzuliefern. Tweek Tunes Beat hier ist unglaublich minimalistisch, greift aber an den richtigen Stellen an und bietet die optimale Unterlage für den abgefuckten Flow von Ferg, der hier fast Freestyle-mäßig eine handvoll Bars abliefert, die moderne Rap-Klischees in wenige Worte einkochen. So simpel und verkürzt das ganze am Ende aber auch ist, die Message ist ebenfalls nicht zu verachten: Kurz zusammengefasst: Dein scheiß blauer Haken bei Twitter macht dich noch lange nicht kredibil. Und wenn der Lord das sagt, wird es ja wohl stimmen.

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> MITSKI
> Nobody
> Aus dem Album Be the Cowboy









Spätestens mit ihrem neuen Album Be the Cowboy hat sich Mitski Miyawaki tief in die Herzen der alleinstehenden Großstadt-Millenials dieser Welt gesungen, die Welt zwischen den enttäuschenden Tinder-Matches und der relativen postmodernen Isolation ist das Zuhause ihrer Songs geworden und in gewisser Weise hat sich die New Yorkerin damit 2018 zur Stimme einer Generation gemacht. "I don't want your pity, I just want somebody near me" singt sie darüber in Nobody, dem eindrücklichsten Track der besagten LP und es ist erstaunlich, wie wahrhaftig solche einfachen Zeilen am Ende sein können. Wenn dieser Song einwas ist, dann eine sehr schmerzvolle Message, die sich als unscheinbarer Popsong verkleidet hat und erst dann wirklich zusticht, wenn man genauer hinhört. Was wiederum nicht schwierig ist, denn Mitski besitzt ganz eindeutig eine der charismatischsten Stimmen, die ich dieses Jahr gehört habe und bohrt mit ihrer passionierten Performance den Finger noch ein bisschen mehr in die Wunde. Eine Art von musikalischer Tortur, die sie mittlerweile zur Perfektion betreibt, und Nobody ist ihr bisheriges Meisterstück.

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> WIEGEDOOD
> De Doden Hebben Het Goed III
> Aus dem Album De Doden Hebben Het Goed III








Das musikalische Thema von De Doden Hebben Het Goed ist als Motiv bereits auf den beiden ersten Wiegedood-Platten vorhanden und wurde melodisch immer ein bisschen fortgeführt und ausgebaut. Mit dem dritten Album als Abschluss der LP-Trilogie steht folglich auch die kompositorische Entität dieses Dreifach-Titeltracks am Ende, was die Belgier dazu veranlasst, dem Song hier nochmal so richtig den roten Teppich auszurollen. Mit über zwölf Minuten macht das Ding gut ein Drittel der gesamten Platte aus und kostet davon absolut jede Sekunde aus. Schon das Intro zerrt unglaublich an den Nerven und ab dem Moment, wo Wiegedood die obligatorische Baller-Orgie aurufen, gibt es kein Halten mehr. Mit ihrer letzten Aufwartung macht  die Band hier nochmal das beste aus diesem lang durchgezogenen Song und wenn es ein eindeutiges Highlight auf DDHHGIII gibt, dann dieses großartige, epische Stück Black Metal. Das letzte richtig große Ausrufezeichen am Ende einer beispiellosen Albumserie dieses Trios.

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> LAST DINOSAURS
> Eleven
> Aus dem Album Yumeno Garden









Wenn es dieses Jahr einen Song gab, der den Begriff "Sommerhit" dick und fett auf seiner Stirn stehen hatte, dann definitiv Eleven von den Last Dinosaurs. Zwischen DNCE, Alvvays und Smith Westerns ließen die Australier im Juli eine Atombombe der guten Laune los, deren Druckwelle im Dezember immer noch nicht so richtig an mir vorbeigegangen ist. Die tropischen Gitarrenlines, die Melodiebögen, die unglaublich coole Synthbreak am Ende: Einfach alles hier passt wahnsinnig gut zusammen und liefert in einem Guss einen Track, der gute Vibes förmlich auskotzt. Für den Einstieg in die Charts kommen Last Dinosaurs damit zwar neun Jahre zu spät aber hey, ein toller Song ist ein toller Song, oder? Vor allem, wenn er so unerschrocken positiv daherkommt in einem Jahr, in dem man sich schon gar nicht mehr darüber aufregen will, wie scheiße alles ist.

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> THOM YORKE
> Suspirium
> Aus dem Album Suspiria (Music for the Luca Guadagnino Film)








Melancholische Klavierstücke von Thom Yorke gibt es schon so lange wie es Thom Yorke gibt und klar sind sie immer wieder toll, aber Suspirium ist darunter trotzdem wieder Mal etwas besonderes. Weil niemand sein Instrument so spielt wie dieser Typ. Weil es dieses eigenartige Falsett kein zweites Mal gibt. Weil dieses Stück so viel Schönheit in einer bestechenden Simplizität findet. Und weil es der letzte Beweis ist, den ich brauchte, dass ein Thom Yorke auch ohne Radiohead ein grandioser Künstler sein kann. Der Brite erschafft hier einen magischen Song-Moment, der inmitten des Soundtracks für Luca Guadagninos Suspiria-Remake steht wie eine Blume in der Wüste und auch für sich eine Faszination besitzt, zu der ich immer wieder gern zurückkehre. Für den Maestro selbst wahrscheinlich eine Fingerübung, für mich jedoch ein Meisterwerk, das ich einmal mehr nur bestaunen kann.

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> CHRISTINA AGUILERA
> Twice
> Aus dem Album Liberation









Zugegeben, nicht alles an Christina Aguileras Comeback-Packung Liberation ist zu hundert Prozent gelungen, aber wenn es einen Song auf der Platte gibt, mit dem die Sängerin wirklich Größe zeigt, dann ist es definitiv Twice. Jene Powerballade zwischen Gospel und Soul, die behäbige Themen wie Religion, Enttäuschung und Vergebung aufgreift und dabei nicht zuletzt auch autobiografisch wird, ist in meinen Augen das unbestreitbare Juwel der neuen Platte. Mit nicht mehr als einer Klavierbegleitung und ein paar Backig Vocals packt Aguilera hier die große Emotions-Keule aus und wer ihre Musik kennt, weiß, dass sie dabei vor allem stimmlich tiefe Furchen graben kann. Neu ist hier, dass auch die Komposition des Tracks diese Furchen auskleiden kann und die Frau hier anscheinend wirklich etwas zu sagen hat. Was folgt, sind vier Minuten Leidenschafts-Achterbahn, die auch beim zehnten Mal nicht langweilig werden. Unter Umständen der beste Song, den sie je gemacht hat.

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> MGMT
> Hand It Over
> Aus dem Album Little Dark Age









Es war ganz klar Liebe auf den ersten Blick: Seitdem ich Hand It Over Anfang Januar zum ersten Mal gehört habe, wusste ich, dass MGMT hier einen der besten Tracks 2018 veröffentlicht hatten, und definitiv den bisher größten ihrer gesamten Karriere. Der definitive Übergang der Australier von einer Band, die ironische Mega-Hits schreibt, zu einer, die wirklich als kompositorische Institution wahrgenommen werden kann und Musik fabriziert, die etwas bedeutet. In diesem Fall eine fantastisch getragene Synth-Ballade übers Loslassen, die so verdammt end-gechillt daherkommt, dass man sie einfach bewundern muss. MGMT brauchen hier keine großen Melodiebögen, keine ewigen Soli oder ausgefallenen Instrumente, um zu überzeugen, der Song hat nicht mal einen richtigen Refrain. Trotzdem wirkt das ganze wie das Stück Musik, mit dem die Australier sich selbst überflüssig machen. Denn so wie es aussieht, hat diese Band Popmusik im 21. Jahrhundert durchgespielt. Und Hand It Over ist der letzte große Combo-Schlag, mit dem sie ihr Schicksal besiegeln. Steile These: An diesen Track werden sie nie wieder rankommen.


CWTE auf Facebooks

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