Samstag, 15. Dezember 2018

Please Say That You Remember Me




















Art Brut sind eine dieser Bands, die Musikfans meiner Generation eigentlich gar nicht mehr kennen sollten. Eine Band, die vor knapp 15 Jahren mal eine Platte hatte, die ziemlich einzigartig und gut war, die darüber hinweg größenwahnsinnig wurden und dadurch sehr schnell an Relevanz verlor. Eine dieser NME-Hype-Indie-Acts der Zweitausender-Britrock-Bubble wie die Libertines, die Kooks oder Razorlight, von denen es schon damals zu viele gab. So zumindest die offizielle Version. Denn wenn man mich fragt, ist die deutsch-englische Formation einer dieser glücklichen Fälle einer Kapelle, deren Sound zeitlos ist, wenn man ihm die Zeit gibt, auf Distanz zu gehen. Ich kann absolut alle Menschen verstehen, die im April 2009 beim dritten Album von Art Brut die Augen rollten und meinten, die würden ja immer das gleiche spielen. Denn genau das machten sie damals. Ihr ziemlich schmutziger und punk-angeschwipster Indierock und vor allem die akzentuiert! rezitierten! Vocals! von Sänger Eddie Argos hatten nach ein paar Malen einfach nicht mehr den Überraschungseffekt, den 2005 das Debüt Bang Bang Rock & Roll hatte. Es war vielleicht ein bisschen so wie heutzutage bei Sleaford Mods, die an sich ja auch super sind, aber sich langsam mal was neues einfallen lassen sollten. Wo das vor zehn Jahren aber nervte (und ihre Platten damals waren wirklich nicht die besten), ist es erstaunlich, wie viel Spaß sie 2018 wieder machen. Unter den vielen belanglosen Künstler*innen ihrer Zeit gehören Art Brut zu denen, die tatsächlich erinnerungswürdige Musik machen, die irgendwie Hängen bleibt und sich auch heute noch nicht in ein Format einordnen lässt. Sicher, die späteren Platten Art Brut vs. Satan und Brilliant! Tragic! sind vielleicht etwas zu sehr im Crossover verfangen, aber immer noch okay, wenn man bedenkt, was Pete Doherty zur gleichen Zeit machte. Die sieben Jahre, die seitdem vergangen sind, haben den Output der Band reifen lassen wie einen guten Wein. Und ich finde, allein schon dafür gebührt dieser Formation ein gewisser Respekt. Zumindest soviel, dass ihr Comeback Wham! Bang! Pow! Let's Rock Out! dieser Tage nicht komplett unter den Teppich gekehrt wird, wie es gerade überall passiert. Für mich ist die ganze Sache aber auch schon deshalb spannend, um festzustellen, was die lange Zeit mit dieser Gruppe gemacht hat. Wie sich herausstellt, ist es gar nicht so viel. Art Brut spielen immer noch die gleiche Musik wie früher, Eddie Argos sprechsingt immer noch seine Texte über doofe Exen, DVD-Boxen und den Status seiner Band daher und seine Plattentitel haben jetzt sogar noch mehr Ausrufezeichen. Ein paar kleine Neuerungen sind, dass es jetzt Bläsersätze gibt, die Lyrics ein bisschen sentimentaler geworden sind und Argos inzwischen seine A1 in deutsch gemacht hat. Abgesehen davon bleibt aber alles beim alten. Das macht Wham! Bang! Pow! nicht unbedingt zu einem außerordentlich genialen Comeback-Album, es ist aber auch nicht unspannend. Zum einen muss man feststellen, dass der typische Sound von Art Brut nach wie vor gut in die aktuelle Indierock-Landschaft passt und noch immer kreativ ist, zum anderen kommt man dabei überhaupt erstmal drauf, wo Bands wie Idles und Sparkling das alles her haben. Das heißt, obwohl über sie schon lange keine Sau mehr redet, haben Eddie Argos und seine Leute einige Spuren in der europäischen Szene hinterlassen. Und wenn diese neue LP wenigstens für einwas gut ist, dann um sich zu erinnern. Daran, dass diese Gruppe vielleicht doch einflussreicher und besser war, als viele das empfinden und dass Argos vielleicht doch recht hat mit dem, worüber er extra einen Song namens Kultband geschrieben hat.






Persönliche Highlights: Hooray! / Good Morning Berlin / She Kissed Me (And it Feels Like A Hit) / Hospital! / Kultfigur / Veronica Falls / Your Enemies Are My Enemies

Nicht mein Fall: Awkward Breakfast

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