Samstag, 23. Juni 2018

You'll Never Walk Alone




















Dass 2018 wieder ein Punkrock-Jahr ist, habe ich in diversen Artikeln in diesem Frühjahr schon klargestellt. Es gibt endlich wieder gute neue Punk- und Hardcore-Platten und davon nicht zu wenige. Nach langer Zeit der kreativen Flaute (zumindest im Bereich meines Radars) ist das für mich persönlich wirklich eine gute Nachricht und ein Grund zur Freude, allerdings darf man dabei auch nicht vergessen, dass es auch in jener schweren Phase eine Band gab, die stets den Unterschied machte. Die Big Ups aus New York sind in meinen Augen bereits seit 2014 so etwas wie das kleine gallische Dorf unter den HC-Bands, die sich mit großartig gespielten, einfallsreichen und stimmungsvollen Platten irgendwie doch immer einen Platz unter meinen Lieblingen verschafften. Ihr vor viereinhalb Jahren veröffentlichtes Debüt Eighteen Hours of Static war zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung für mich ein strahlender Leuchtturm gut gemachter Punkrock-Musik, während auf der einen Seite die großartige Wave-Bewegung zusammenbrach und auf der anderen tolle Acts wie This Routine is Hell oder Retox langsam scheiße wurden. Die wahnsinnig trockene, aber dennoch sehr kunstige Art, wie die Band ihre Songs anging und dabei gleichzeitig eine große Verwegenheit und eine klare Message schuf, sind bis heute absolut faszinierend und wer einen Beweis will, braucht sich eigentlich nur ihren schon damals besten Track Justice anhören. Und wo es zu Anfang ihrer Karriere dieses Fanal war, das ihnen meine Aufmerksamkeit bescherte, war es die Jahre darauf ihr unglaublich tapferes Durchhaltevermögen, das sie diese behalten ließ. In der Zeit nach Eighteen Hours gab es zwar bisher mit Before A Million Universes nur ein weiteres Album von ihnen, das war dafür aber ebenfalls ziemlich großartig und hielt bissig an seinem Platz in der beschissenen Welt der uncoolen Musik fest. Leicht hatten es die Big Ups also nicht unbedingt immer, dafür sind sie echte Kämpfer. Und das hört man auch ihrer dritten LP Two Parts Together wieder sehr deutlich an. Nach dem mit 42 Minuten doch sehr umfangreichen Vorgänger ist dieses Projekt mit glatt 30 Minuten Spielzeit wieder ganz klar im Punkrock-Format angesiedelt und auch klanglich hat sich hier nicht viel geändert: Dominant sind auch hier noch immer die sehr sporadischen, spröden und rhythmischen Instrumentalparts, die vor allem von ihrer Strophe-Refrain-Dynamik leben und ziemlich extrem vom Frühwerk von Slint beeinflusst sind, wobei das aktuelle Album mit ziemlicher Sicherheit das bisher ruhigste der New Yorker ist. Die lauten Refrain-Parts, gerade in Joe Galarragas Gesangsparts, sind hier ein ganzes Stück verhaltener geworden und auch lyrisch beschäftigt sich das ganze diesmal eher mit den eigenen Befindlichkeiten als mit explizit poltischem Inhalt. Auch gibt es mit Tenmile hier erstmals einen komplett instrumentalen Song. Man könnte also sagen, dass Two Parts Together so etwas wie das Bauchnabel-Album der Band geworden ist. Schlecht ist das allerdings überhaupt kein bisschen: Die Big Ups machen hier zum dritten Mal in Folge ein sehr gutes Hardcore-Projekt, das in vielen Hinsichten überzeugt und ihren Stil weiter zementiert. Klar kann man kritisieren, dass sie langsam auch mal wieder neue Ausdrucksformen finden könnten und auch die ewige Slint-Vergötterung wird nach dem dritten Mal nicht origineller, aber ich kann ganz ehrlich nicht sagen, dass ich diese Musik schon langweilig finde. Etwas abgenutzt ja, aber kompositorisch immer noch stark und mit der richtigen Emotionalität dahinter. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass diese Platte ein klein wenig besser ist als Before A Million Universes. Wenn Big Ups bis hierhin so arbeiten konnten und stilistisch jetzt die Kurve in Richtung kreativer Neuerungen kriegen, könnten sie sich für immer einen Platz in meinem Herzen sichern. Und ich hoffe, dass sie das werden, denn die Szene wird sie sicherlich nicht zum letzten Mal gebraucht haben.






Persönliche Highlights: Two Parts Together / In the Shade / Trying to Love / Tenmile / Fear

Nicht mein Fall: -

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