Sonntag, 10. Juni 2018

Stellvertreterbeef




















Es war vielleicht nicht alles daran Absicht, aber es gibt einen Grund, warum ich es bis dato versäumt habe, über eine Platte von Pusha T zu schreiben. In den sechs Jahren, in denen ich das hier schon mache, hat der New Yorker immerhin bereits drei Alben veröffentlicht, von denen ich über keines auch nur ein Wort verloren habe. Und in meinen Augen war die Ursache dafür neben blöder Veröffentlichungszeitpunkte vor allem die, dass dieser Rapper eben nicht wirklich interessant war. Er war sicherlich technisch sehr gut und schrieb auch ganz vernünftige Texte, allerdings weit davon entfernt, eine herausragende künstlerische Figur zu sein. Zwischen Zeitgenoss*innen wie Tyler, the Creator, Kanye West und ja, auch Drake, wirkte er für mich immer etwas zu klassisch und unauffällig, um meine Aufmerksamkeit wirklich zu triggern. Und Daytona ist in dieser Hinsicht eben sein erstes Projekt, das genau das schafft. Indem die Platte vor einigen Monaten auf der Release-Liste in Kanye Wests Twitter-Grind auftauchte, selbiger hier als Produzent tätig ist, einen Gastpart rappt und diesem Projekt im allgemeinen seine gesamte Ästhetik aufbügelt, hat dieses Mini-Album bei mir Schwungmasse bekommen. Ach ja, und natürlich die ganze Geschichte mit Drake. Und das ist gleichzeitig Segen und Fluch für Pusha T: Auf der einen Seite nämlich bekommt der Künstler auf dieser Platte endlich mal etwas Charakter. Die sieben Tracks zeigen den New Yorker maximal offensiv (nicht nur im eröffnenden Disstrack If You Know You Know) und leben dabei vor allem durch ihre großartige Produktion. Die Instrumentals hier tragen eindeutig die Handschrift von Kanye und auch der arbeitet hier auf einem Niveau, das ich beim ihm in diesem Umfang seit My Beautiful Dark Twisted Fantasies nicht mehr erlebt habe. Das alles macht Pusha hier auch wieder zur stilistischen Marionette anderer Künstler. Zum einen natürlich von Yeezy, der hier nicht nur musikalischer Chef und Promoter ist, sondern hier fast sein erstes Projekt dieses Jahres veröffentlicht. Zum anderen hat Daytona durch If You Know You Know einen Aufhänger, der in den letzten Wochen mehr oder weniger auch nur durch den Beef mit Drake lebendig wurde, den er verursachte und der in meinen Augen auch eher unschön endete. Natürlich rütteln all diese Einflussnahmen in keinster Weise an der eigentlichen Qualität der Platte, nur ist es schon irgendwie traurig, dass die bisher spannendste Veröffentlichung von Pusha T gefühlt nicht mehr ist als der Spielball zweier viel größerer Rapper. Womit dieses Projekt am Ende auch in der unglüchlichen Tradition der Karriere des New Yorkers steht. Wenn man sich wegen irgendetwas an Daytona erinnert, dann wegen eines ekelhaften Beefs und vielleicht als Appetithappen für Ye, nicht jedoch der eigentlichen Musik wegen. Und das ist für mich dann alles andere als real und wirkt eher wie eine ziemlich miese Business-Masche. Schade, dass jemand so talentiertes wie Pusha T dafür den Kopf hingehalten hat.






Persönliche Highlights: If You Know You Know / Come Back Baby / Santeria

Nicht mein Fall: Hard Piano

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen