Samstag, 16. Juni 2018

Pseudo-Metal




















Von einer meiner Lieblingsbands kann man nicht gerade sprechen, wenn es die Schweden von Ghost geht. Was beim ziemlich überzogenen und glattgebügelten Pop-Metal der Formation aus Jönköping anfängt, endet bei ihren forciert mystischen Charakteren, den bescheuerten Musikvideos und lächerlichen Live-Performances. Statt wie eine solide Band fühlt sich ihre gesamte Ästhetik für mich noch immer etwas nach pseudo-okkultem Kabarett an, weshalb ich wahrscheinlich auch nie ein Fan von ihnen werden kann. Eines jedoch muss ich ihnen bei aller Abneigung zugestehen: Ihr letztes Album Meliora von 2015 war einfach mal ziemlich gut. Abgesehen von nach wie vor makabrer Inszenierung und blödem Show-Hokuspokus spielten sich Ghost hier gemeinsam mit Produzent Andy Wallace endlich einen eigenen Sound heraus, der sich genau in die Lücke zwischen Retro-Prog, Heavy Metal und Popmusik setzte, die diese Band schon seit ihrer Gründung für sich beansprucht. Vor allem Wallace war es dabei zu verdanken, dass viele Ansprüche klanglich kanalisiert wurden und die Platte so fokussiert klang. Mit ihm kristallisierte sich ein starkes Teamwork für Ghost heraus, von dem ich hoffte, dass es weiter verfolgt würde. Und in gewisser Weise ist genau das für diesen Nachfolger geschehen: Zwar ist als offizieller Produzent diesmal Tom Dalgety verantwortlich, der unter anderem für Royal Blood und die Pixies gearbeitet hat, Andy Wallace ist trotzdem an diversen Stellen mit von der Partie und setzt in Sachen Sound auch das Erfolgsrezept von Meliora fort. Was natürlich auch zu großen Teilen an der erneut fabelhaften kompositorischen Leistung der Ghouls liegt. Nach dem etwas Film-Noir-mäßigen Vorgänger sind viele Elemente auf Prequelle wesentlich Pop-orientierter, allen voran Tobias Forges Gesangsperformance. Mehr denn je erinnern seine Vocals hier an den extrem kitschigen Hair-Metal von Bands wie Kiss oder Journey, was zur allgemeinen Ästhetik dieser Gruppe aber nicht besser passen könnte. Denn auch instrumental haben sich Ghost hier etwas gewandelt. Die pathetischen Metal-Solierungen und blasphemischen Textpassagen sind spätestens hier eigentlich nicht mehr als dekorativer Zinnober für einen songwriterischen Kern, der klar in Richtung Hitfabrik geht. So erinnern viele Keyboard-Passagen an die Arbeit von Abba, die die Band ja schon seit langem beeinflusst und die man auf diesem Album das erste Mal wirklich hört. Und natürlich sitzt dabei in jedem Song die Hook wie angegossen, was vor allem in energischen Stücken wie Rats oder Dance Macabre eine tolle Wirkung erzielt. Mit Balladen wie Pro Memoria oder See the Light haben Ghost diesmal indes so ihre Probleme, was anhand von tollen ruhigen Passagen auf Meliora doch ein bisschen überrascht. Allerdings ist auch keiner dieser Tracks wirklich doof, nur eben signifikant schwächer als die epischen Rocknummern. Und am Ende sind es eben diese kleinen Unterschiede, die Prequelle am Ende eben doch nicht zum ebenbürtigen Nachfolger für das tolle letzte Album machen. Vieles hier spricht dafür, dass es hier nicht weit davon entfernt ist und rein stilistisch gehen die Schweden hier den Weg  von Meliora weiter. Nur ist es diesmal eben eine Ecke weniger packend und nicht ganz so präsent wie vor drei Jahren. Wobei man definitiv sagen kann, dass Ghost hier eine Ausdrucksform gefunden haben, die zu ihnen passt und die sich nicht komplett lächerlich macht. Jetzt müssen sie nur noch mit dem komischen Ghoul-Blödsinn aufhören.






Persönliche Highlights: Rats / Faith / Dance Macabre / Witch Image / Helvetesfonster / Life Eternal

Nicht mein Fall: -


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