Donnerstag, 7. Juli 2022

Gruft's Got Talent

Zola Jesus - Arkhon
ZOLA JESUS
Arkhon
Sacred Bones
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ sakral | düster | eingängig ]

Es ist ja nun wirklich nicht so, dass ich die Karriere von Zola Jesus in den letzten dreizehn Jahren besonders intensiv verfolgt hätte und wenn ich ganz ehrlich bin, kann ich mich selbst an die Teile ihres Outputs, die ich in dieser Zeit gehört habe kaum noch erinnern. Doch bin ich an dieser Stelle definitiv froh, dass ich das Interesse an ihr zumindest nie komplett verloren habe und zumindest immer ein offenes Ohr für ihre Musik hatte. Denn nur so ist es möglich, hier über eine Dekade nach meinem ursprünglichen Erstkontakt mit ihrer Musik sowie fünf Jahre nach einer ausgedehnten Schaffenspause, in der so gut wie nichts bei der Amerikanerin passierte, meinen ersten Artikel über eine ihrer Platten zu schreiben. Eine Platte, die in meinen Augen viele der Versprechen, Ideen und Andeutungen, die in ihrem Songwriting schon immer irgendwie zu hören waren, erstmals so richtig erfüllt.. Und das nicht nur in einzelnen Momenten oder individuellen Tracks, sondern auf einem durchweg gelungenen und klanglich kohärenten Gesamtwerk, das von vorne bis hinten als Album funktioniert. Wobei es sicherlich ein großer Teil der Qualitätsgleichung von Arkhon ist, dass Zola Jesus hier endlich auch ein gewisses Popstar-Gen schalten und walten lässt, das schon seit etlichen Jahren irgendwie unter ihrer grantigen Goth-Oberfläche existiert und hier zum ersten Mal wirklich frei atmen kann. Schon auf diversen Alben während der Zwotausendzehner merkte man an vielen Stellen, wie groß das Talent der Songwriterin aus Wiscounsin für starke Hooks und eingängige Motive war, die aber gleichzeitig auch viel zu edgy waren, um dieses Hitpotenzial auch ernsthaft zu realisieren. Und obwohl Arkhon definitiv keine Platte ist, die der umfassenden Düsternis ihrer generellen Aura Abbruch tut, traut sie sich doch endlich, auch mal ordentlich aufs Bangerpedal zu treten und auf sehr viele verschiedene Arten Platz für eine Komposition zu machen, die ich auf die bestmögliche Art und Weise als (düster-)poppig bezeichnen würde. Da gibt es Songs wie Sewn oder den großartigen Opener Lost, die weiter an der verschnickten Sampletechnik des Vorgängers Okovi arbeiten und damit ein paar echte Nackenbrecher fabrizieren, unterkühlte Synthpop-Nummern wie Undertow, die ein bisschen an eine Version von Chvrches mit mehr schwarzer Schminke erinnern oder auch minimalistisch-intensive Balladen wie Desire, in denen mehr denn je Zolas immenses Talent als Sängerin zum Vorschein kommt. Nicht alle der zehn Tracks auf dieser LP sind dabei so deutliche Hits wie andere und selbst die sehr eingängigen Songs funktionieren eher auf so eine hymnisch-walkürisch-bedrohliche Weise wie die besten Sachen von Florence & the Machine, doch sind sie definitiv alle sehr nachhallend. Und sowas wie einen schlechten oder vernachlässigbaren Song gibt es auf Arkhon sowieso nicht. Wobei der Eindruck, dass diese Künstlerin nicht weniger als sechs Alben brauchte, um an diesem Punkt in ihrer Ästhetik anzukommen, für mich zwei Theorien zulässt. Erstens: Es gab für sie in den letzten fünf Jahren einfach einen Knackpunkt, an dem die Erfahrung als Songwriterin, das richtige kreative Umfeld und vielleicht auch ein bisschen Altersmilde dafür gesorgt haben, dass hier so ein spitzenmäßiges Produkt zusammengekommen ist. Zweitens: Vielleicht sind die anderen Alben von vorher, die ich bisher nur so periphär gehört habe, in Wahrheit auch richtig gut und ich sollte sie vielleicht nachträglich nochmal auf Herz und Nieren prüfen. Wobei es egal ist, welche davon letztendlich stimmt. Denn das Ergebnis beider Varianten ist, dass ich wahrscheinlich wieder mehr Zola Jesus hören sollte. Vermutlich auch echt nochmal das alte Zeug.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11


Persönliche Höhepunkte
Lost | Undertow | Dead & Gone | Sewn | Desire | Efemra

Nicht mein Fall
-


Hat was von
Chelsea Wolfe
Hiss Spun

Florence & the Machine
Ceremonials


1000kilosonar bei last.fm  

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