Donnerstag, 14. Juli 2022

Lodernde Birne

Arthur Brown - Long Long Road
ARTHUR BROWN
Long Long Road
Prophecy
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ oldschool | schräg | bluesig ]

Selbst wenn es der Fall ist, dass jemandem 2022 der Name Arthur Brown ein Begriff sein sollte und man von diesem neuen Album Wind irgendwie bekommen hat, erscheint dieses doch auf den ersten Blick nicht gerade wie eines, dem man dieser Tage noch besonders große Aufmerkasamkeit entgegen bringen müsste. Den Typen dahinter, ein skurriles Novelty-One Hit Wonder aus den späten Sechzigern, kennt man vielleicht am ehesten noch von diesem einen Halloween-Special von Todd in the Shadows oder von seinem memetischen Catchphrase "I AM THE GOD OF HELLFIRE" aus besagtem einzigen Hit und weiß, dass er eher zu den schrägen Inside-Jokes der Musikgeschichte gehört, die auch nur für die entsprechend Eingeweihten funktionieren. Und was könnte jemand wie dieser Typ, der selbst über 50 Jahre nach seinem großen Erfolg noch eine Referenz zu diesem einen Hit auf sein Albumcover packt, schon noch großes vorzuweisen haben? Wie sich herausstellt durchaus so einiges. Denn sollte man sich beispielsweise mal mit dem angesprochenen Video von Todd in the Shadows auseinandergesetzt haben, weiß man zudem auch, dass der pophistorische Fußabdruck des Arthur Brown durchaus nicht so klein ist, wie es zunächst erscheinen mag und er sich in den letzten fünf Jahrzehnten vor allem als einer der bewundernswertesten Weirdos des Rockmusik-Landschaft herausgestellt hat, der auch abgesehen davon faszinierend zu beobachten ist. Als einer also, der auch mit inzwischen 80 Lenzen noch kein bisschen Altersmilde zeigt und sein Vermächtnis als einer der ersten Schockrocker der Musikgeschichte nach wie vor auf herrliche weise zelebriert. Und aus dieser Perspektive heraus erscheint es für mich gar nicht mehr so unwahrscheinlich, auch noch 2022 ein spannendes und kreatives Album von ihm zu bekommen. Ein Album, das Long Long Road an vielen Stellen auch ist. Zwar muss man dabei auch sagen, dass Brown in den 55 Jahren seiner Karriere nie ein ernsthaft experimenteller Musiker auf dem Level eines Captain Beefheart oder Frank Zappa war und eher eine etwas kauzige Form von Psychrock spielte, die ist dafür aber auch noch hier einigermaßen fresh unterwegs und kompositorisch aufregend sein kann. Im bluesig-proggigen Wirrwar dieses Albums hört man an vielen Stellen noch immer Versatzstücke von King Crimson, Tom Waits, Jethro Tull oder Hawkwind heraus, die duchaus auch Elemente sein könnten, die diese ursprünglich von Brown hatten. Und auch wenn vieles davon inzwischen definitiv unter dem Tag des Classic Rock eingeordnet werden kann, hat dieser als Performer noch immer eine Rotzigkeit und Weirdness, die mich begeistert. Zumal sowohl die Originale als auch die Coverversionen auf dieser LP (unter anderem eine großartige Interpretation von Memphis Slims the Blues and Messing Around) allesamt super gespielt und arrangiert sind. Dass die Produktion an manchen Ecken ein bisschen poliert und bieder daherkommt, kann man der Platte dabei zugestehen, denn an der songwriterischen und performativen Substanz ändert das alles nichts. Ich will damit auf keinen Fall sagen, dass Long Long Road an dieser Stelle nochmal ein verpflichtendes Meisterwerk von Arthur Brown ist, mit dem dieser die Geschicke seiner Karriere nochmal ernsthaft ändert, das ist sie definitiv nicht. Nur finde ich es beachtlich, wenn jemand mit inzwischen 80 Jahren noch immer mir nichts dir nichts so kreative und nicht selten auch ulkig-morbide Popmusik macht. Und gemessen daran, dass sowas immer auch ein bisschen das letzte sein könnte, was so ein Typ musikalisch fabriziert (nicht dass ich das hoffen will), ist das hier eine Platte, die als Vermächtnis fantastisch funktioniert. Wobei sie bei letzterem wahrscheinlich doch immer noch mit der der dämlichen Blechhaube und dem Gott des Höllenfeuers konkurrieren muss.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11


Persönliche Höhepunkte
Gas Tanks | Coffin Confession | Going Down | I Like Games | Shining Brightness | the Blues and Messing Around | Long Long Road

Nicht mein Fall
-


Hat was von
King Crimson
In the Court of the Crimson King

Jethro Tull
Thick As A Brick


1000kilosonar bei last.fm

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