Mittwoch, 20. Juli 2022

Hauptsache ihr habt Spaß

Municipal Waste - Electrified Brain
MUNICIPAL WASTE
Electrified Brain
Nuclear Blast
2022
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ fetzig | spaßig | klassisch | unseriös ]
 
Wenn man mich ganz persönlich fragt, dann gibt es zumindest bei der Sorte sehr traditionell gemachtem Thrash- und Heavy-Metal, der also mit ein bisschen zu viel Retro-Abglanz und Testosteronüberschuss, immer einen gewissen Faktor von Spaßigkeit und Clownerei, die diese Musik ganz einfach an sich hat. Seien es die überzogenen Gitarrensoli, die omnipräsente Männlichkeit vieler Bands, die nicht selten etwas peinlichen Texte oder der Drang, sich als Erwachsener Mann 2022 immer noch so einem Klischee hinzugeben, aber zu hundert Prozent ernst nehmen kann ich selbst die finstersten und erwachsensten Auswüchse dieser Stilistik, die in vielen Punkten auch gar nicht so lustig gemeint sind, nie wirklich. Und wo es in der Szene durchaus Gruppen (und sicherlich oft auch deren Fans) geben wird, die mich für eine solche Aussage vorzusgweise als verständnislosen Poser an den Marterpfahl heften würden, kann man im Fall einer Band wie Municipal Waste zum Glück sagen, dass ein gewisser Fun-Faktor bei ihnen schon immer ganz bewusste Absicht war. Bereits seit Anfang der Zwotausender hat die Formation aus Virginia die unseriöse und durchaus auch alberne Energie verstanden, die vor allem in Thrash Metal (den sie für den richtigen Abgang schon immer mit ein bisschen Hardcore und Punk abschmeckten) seit jeher steckt und diesen auf inzwischen sieben ziemlich erfolgreichen Longplayern auch entsprechend zelebriert. Und wo ich das früher oft ein bisschen bescheuert fand und sie vielleicht auch zu Recht als blödelnde Partyband abtat, haben sie mich spätestens auf diesem Album davon überzeugt, dass das alles ja eigentlich nichts schlimmes sein muss. Vor allem auch deshalb, weil sie deshalb ja trotzdem keine schlechte Musik machen. Würde man die Texte dieser Platte ignorieren, die wie immer meistens eine Art Persiflage typischer Metal-Themen darstellen oder sich ums Skaten und Partymachen drehen, wäre das hier eine durchaus akzeptable Thrash-LP im stilistischen Wendekreis von Slayer, Kreator, Accept und Megadeth, auf der hier auch deutliche Einflüsse aus klassischem Heavy Metal dazukommen, die ebenfalls richtig geil sind. Technisch gut sind Municipal Waste dabei genauso wie kompositorisch fit und Tony Foresta ist als Frontmann nicht nur krass charismatisch, sondern auch erstaunlich wandelbar. Wo er sich im Titelsong anhört wie ein etwas heißerer Tom Araya, klingt er in Boat Jail wie ein hyperaktiver Punkrock-Edgelord und in Crank the Heat oder Last Crawl sogar ein bisschen nach einem etwas zu rotzig gerateten frühen Beastie Boys-Demo, das irgendwie von einer Metalband gekapert wurde. Egal in welche Ästhetik sich Municipal Waste letztendlich aber lehnen, immer wird der Spaß dabei groß geschrieben und immer kommen hundert Prozent davon auch bei mir als Endverbraucher an. Wobei unterm Strich am Ende aber trotzdem eines der stärksten Metalalben steht, die ich diese Saison gehört habe und die denjenigen in keinem Deut nachsteht, die es "ernst meinen". An diesem Punkt in ihrer Karriere sind Municipal Waste ja sowieso schon lange eine Art Legende des Genres und inzwischen genauso ein geläufiger Name wie Havok oder Toxic Holocaust, die diese ironische Distanz nicht mitbringen. Und wichtig ist ja am Ende eh, dass die Songs gut sind. Und nur dann können sie auch so Spaß machen wie hier. Egal ob nun gewollt oder nicht.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11


Persönliche Höhepunkte
Electrified Brain | Demoralizer | Last Crawl | Grave Dive | High Speed Steel | Thermonuclear Protection | Blood Vessel / Boat Jail | Crank the Heat | Restless & Wicked | Barreled Rage | Putting On Errors

Nicht mein Fall
-


Hat was von
Kreator
Gods of Violence

Toxic Holocaust
Conjure & Command


1000kilosonar bei last.fm  

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