Samstag, 9. Juli 2022

Game & Performance

Automatic - Excess
AUTOMATIC
Excess
Stones Throw
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ synthetisch | achtzigerig | minimalistisch ]

Es gibt zugegebenermaßen nicht viel, was eine Band wie Automatic wirklich speziell macht und was man in einem Artikel wie diesem als Aufhänger verwenden könnte. Vielleicht noch am ehesten, das das Trio aus Los Angeles derzeit beim vordergründig Hiphop-orientierten Imprint Stones Throw unter Vertrag steht (was für eine Dance- und Synthpunkband wie sie schon eher ungewöhnlich ist), dass Drummerin Lola Dompé die Tochter des einstigen Bauhaus-Schlagzeugers Kevin Haskins ist oder dass ihr Bandname so generisch ist, dass einige Seiten (insbesondere last.fm) sie mit der britischen Postpunk-Revival-Band the Automatic verwechselt, die aber immerhin auch ziemlich ähnliche Musik mach(t)en. Was diese drei Frauen auf ihrem zweiten Album Excess veranstalten, ist dann aber trotz aller klanglichen und personellen Ähnlichkeit eine etwas andere Angelegenheit. Denn obwohl die kreative Triebkraft von Automatic ganz klar aus dem Postpunk kommt - sowohl von den Originalen in den Achtzigern als auch von dessen Revival in den Zwotausendern - ist ihr Ansatz doch eindeutig kein besonders rockiger. Maximal noch in der Hinsicht, dass die meisten der zehn Tracks hier sehr stark auf einer Rhythmusgruppe aus Bass und Schlagzeug bestehen. Ansonsten ist das hier ganz klar ein Synthpop-Album sehr archaischer Natur, das auch durchaus explizite Parallelen zur New Wave-Bewegung Anfang der Achtziger aufweist. Wobei mich Excess an vielen Momenten weniger an die Klassiker des Movements wie New Order, Tears for Fears oder Ultravox erinnert, sondern eher an ziemlich nischige Indie- und Experimentalprojekte wie DAF, Malaria oder insbesondere das französische Synth-Duo Deux. Diese sehr rustikale Inspiration vermengen Automatic dann zuweilen mit einer Prise des schnieken Revival-Mindsets von Bands wie Goldfrapp oder den Ting Tings, die zumindest dafür sorgen, dass ihre Songs nicht komplett aus der Zeit gefallen sind und sich ein bisschen besser in ein modernes Popverständnis einordnen. Trotz eines sehr eingängigen Songwritings würde ich die meisten der Stücke hier aber nicht als Hits bezeichnen, weil sie dafür einfach viel zu rudimentär und minimalistisch geformt sind. Einzig der Opener New Beginnings hat mit seiner flotten Synthfunk-Dynamik noch etwas fetzig-tanzbares, das vom Rest der Platte aber nur noch in Form des klobigen Bassspiels von Halle Saxon weitergetragen wird. Und wo ich davon zunächst ob der Antäuschung des Openers ein bisschen enttäuscht war, habe ich inzwischen durchaus meinen Respekt für den klumpigen und kantigen Sound von Excess wiedergefunden. Er klingt wie die moderne Aufarbeitung der ersten Stunde New Wave, die nicht bloß die effekthascherischen Indiedisko-Momente aus den frühen Achtzigern zurückholt, sondern auch die etwas awkwarden Zwischentöne, die am Ende trotzdem nicht gleich super experimentell oder entrückt klingen. Und obwohl Automatic damit irgendwie auch ein bisschen wie das Revival des Revivals klingen, ist das im Ergebnis dieses Albums doch erstmal ganz akzeptabel. Ich würde mir an diesem Punkt sogar gerne mehr davon wünschen.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11


Persönliche Höhepunkte
New Beginning | Skyscraper | Automaton | Teen Beat | NRG

Nicht mein Fall
-


Hat was von
Deux
Decadence

the Ting Tings
Sounds From Nowheresville


1000kilosonar bei last.fm  

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