Mittwoch, 19. Januar 2022

Was ja based ist

Bonobo - Fragments
BONOBO
Fragments
Ninja Tune
2022
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ atmosphärisch | tiefenentspannt | organisch ]

Als ich im Januar 2017 das erste Mal in diesem Format über eine neue Platte von Simon Green sprach, fing ich gerade erst damit an, eine gewisse Abneigung zu überwinden, die ich für seine Musik davor lange hatte und für die er selbst eigentlich überhaupt nichts konnte. Wenn ich ehrlich bin, rührte selbige auch weniger von seinem Output an sich als viel mehr von meinem eigenen Snobismus, der mich denken ließ, ich sei wohl einfach zu cool für diese Art elektronische Musik. Dass das Gegenteil der Fall war, lehrte mich dann aber spätestens sein damals gerade neu veröffentlichtes Album Migration, das zwar auch ein bisschen basic war und stilistisch alles andere als zeitgemäß, bei dem ich jedoch aufhörte, das als Problem zu sehen. Denn sowohl in Sachen Songwriting als auch in der klanglichen Umsetzung dieser Ideen war und ist Simon Green einfach jemand, der abliefert. Auch wenn er dabei schon seit Jahren eine bemerkenswert ruhige Kugel schiebt und nicht im Geringsten die Aura eines strebsamen Künstlers hat. Mit Fragments veröffentlicht er hier nämlich nicht nur seine erste Platte seit besagtem Erstkontakt von mir, was ja nun auf den Tag genau eine halbe Dekade her ist, sondern denkt dabei auch diesmal nicht im Traum daran, sich musikalisch irgendwie neu zu orientieren oder großartig zu experimentieren. Die zwölf Tracks hier geben zu großen Teilen die Ästhetik wieder, die der Brite spätestens seit seinem großen Durchbruch mit Black Sands von 2010 abfährt und wird damit noch immer nicht langweilig. Im Gegenteil: Nachdem mir Migration im Rückspiegel immer mehr als ein Album der guten Kompromisse und starken Einzeltracks vorkommt, das seine Konsistenz für eine größere Singlepower opferte, sehe ich Fragments als eine Platte, die diesen Fehler auf angenehme Weise nicht macht und damit nochmal wesentlich aufregender klingt. Wobei sie es gleichzeitig trotzdem schafft, ein paar geschickte Pop-Crossover wie Tides oder From You zu formulieren, die gut in Playlisten funktionieren und auch hochkarätige Features auffahren. Und obwohl ich dabei gerade letzteren Song als einen der eher schwächeren Momente des Briten empfinde, profitiert Fragments vor allem anderen von seinem starken Flow und seiner nach wie vor extrem starken klanglichen Atmosphärik. Wie so viele Mischwesen aus Downtempo, House und organischem Indietronic ist es dabei keine furchtbar präsente Platte und plätschert lieber gut im Hintergrund, als sich ins Rampenlicht zu schieben. Erstens ist das aber ja nichts grundsätzlich schlechtes, weil Bonobo das erwiesernermaßen gut kann und zweitens schafft es die LP trotzdem recht oft, eine ansprechende Catchyness aufzubauen, die in manchen momenten sogar fast tanzbar wird. Wobei mich vor allem begeistert, wie nahtlos dabei die Übergänge sind. Wo auf Migration oder einem vorigen Album des Briten die Pop- und die Elektro-Momente noch ein bisschen awkward getrennt waren, steigt ein großartiger Einzeltrack der Sorte Tides hier wie selbstverständlich aus dem Äther und ein Age of Phase muss sich nicht traditionellen Songstrukturen anbiedern, um trotzdem einer der bemerkenswertesten Ohrwürmer des Albums zu sein. Das olle Konzept Bonobo funktioniert im Frühjahr 2022 also noch immer wie eine einwandfrei geölte Maschine und mittlerweile bin ich mir dann auch definitiv nicht mehr zu schade, das entsprechend geil zu finden. Denn wäre dem so, würde ich hier nicht zum ersten Mal eine echt gelungene Platte dieses Typen verpassen. Egal wie basic mein früheres ich das vielleicht gefunden hätte.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡⚫⚫ 09/11

Persönliche Höhepunkte
Polyghost | Shadows | Rosewood | Tides | Closer | Age of Phase | Counterpart | Sapien | Day by Day

Nicht mein Fall
From You


Hat was von
Yeahman
Ostriconi

Caribou
Swim


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