Dienstag, 8. Januar 2019

Absurd Your Local Scene





















[ laut | krachig | punk | ironisch | albern ]

Gerade Mal zwei Jahre ist es her, dass sich Hater Skater in meiner Heimatstadt Freiberg gründeten, eigentlich mit der Maßgabe, eine reine Spaßband zu sein. Ihre erste EP Time 2 Sk8, die wenige Wochen nach der Formierung entstand, soll angeblich innerhalb weniger Tage konzipiert und geschrieben worden sein, wobei sie inhaltlich auf den sehr speziellen Nischenhumor der Skatepunk-Szene setzte. Für den Moment war das auch sehr witzig (selbst wenn man wie ich auf einem Skateboard gerade Mal richtigrum stehen kann), doch es stellte die Brand-Erbisdorfer schon direkt danach vor ein inhaltliches Problem. Die ironisch-nostalgische Beobachtung von Skater-Klischees hat eben nur begrenzt viele Facetten, aus denen sich spannende Songs machen lassen und die meisten von denen hatten Hater Skater schon nach dem EP-Einstand abgegrast. Wenn man mich fragt, wird es bei dieser Band aber an dieser Stelle erst richtig interessant. Denn mit der darauf folgenden Platte Geprellt, gebrochen, tot bewegten sie sich genau das richtige Stück aus ihrer Nische. Die zwölf Songs vom letzten Jahr geben eine ähnlich ironische Szene-Beobachtung ab, diesmal jedoch bezogen auf diverse Punker- und Antifa-Stereotypen. Da geht es um DIY-Ethos, Straight Edge-Lebensart, Violent Dancing, aber auch Sachen wie Foodsaving oder exzessives Tagging im urbanen Raum (letzteres eine Aktivität, die Hater Skater selbst durch ein umfangreiches Oeuvre an fantastischen Stickermotiven befeuern). Was ihnen dabei gelungen ist, ist ein ziemlich amüsanter, weil sehr realitätsbezogener Querschnitt von linker Subkultur, mit der zumindest ich mich unmittelbar identifizieren kann. Und eigentlich wäre nichts daran verkehrt gewesen, hätten sie von diesem Punkt an einfach so weitergemacht. Doch mit Neue deutsche Hemmschwelle, ihrem neuesten Projekt, eröffnet sich noch einmal ein ganz neuer Pool an kreativen Ideen. Auf ihrer Bandcamp-Seite bezeichnen Hater Skater das hier als ihr "Pop-Album", was natürlich nur in einem gewissen Verhältnis stimmt. Vom doch sehr deftigen Hardcore-Sound auf Geprellt, gebrochen, tot finden die Brand-Erbisdorfer hier zu einer wesentlich klareren Punkrock-Attitüde, die gelegentlich auch mal in Richtung Goth (Gruftidisco) oder Surfrock (Kinderwagen & Döner) ausschwenkt. Es wird dabei kaum noch geschrien, sondern die meiste Zeit eher gesprechsungen und viele der Tracks sind einen Tick melodischer. Die vielleicht größte Veränderung zum Vorgänger ist aber die zunehmende Abstraktion der Texte. Klar gibt es nach wie vor die augenzwinkernden Szene-Porträts wie Fahrrad oder Hauptsache Zugehackt, auf der anderen Seite finden sich hier jedoch zunehmend Stücke wie Hecke und Scheiße, die zwar auch sehr klar eine Botschaft kommunizieren, sich dabei aber eine Sprache bedienen, die fast an einige Jens Rachut-Projekte erinnert. Dazwischen gibt es dann sowohl explizit politische Tracks wie Kaffee & Kuchen und kompletten Nonsens wie Le Surréalisme, der auch sehr gut ins Bild passt. Was Neue deutsche Hemmschwelle am Ende so cool macht, ist das kreative Spektrum, das Hater Skater hier beackern. Zwar würde ich sagen, dass Geprellt, gebrochen, tot letztes Jahr insgesamt etwas definierter war und mehr coole Songs hatte, trotzdem bringt die neue Scheibe wieder mehr Spannung in das Repertoire dieser Band. Es wirft nach dem Kurswechsel zuletzt erneut die Frage auf, wo es hier stilistisch hingehen soll und zum ersten Mal bin ich mir dabei nicht sicher, ob es ausschließlich der Spaß-Charakter ist, der dabei wichtig war. Gerade Songs wie Scheiße oder Biedermeier 3000 sind eigentlich sehr weit weg von jeglicher Quatschmacherei. Und wenn diese wiederholte künstlerische Metamorphose daran liegt, dass mal wieder die Klischees alle sind, die es zu besingen gibt, dann ist das in meinen Augen ein gutes Zeichen. Man sagt ja nicht umsonst, dass Not erfinderisch macht. Und was Hater Skater erfinden, wird im großen und ganzen mit jedem Mal ein bisschen cooler.




Klingt ein bisschen wie:
Kommando Sonne NMilch-You Pay I Fuck
Die Kassierer-Der heilige Geist greift an

Persönliche Highlights: Let's Go Hater Skater / Fahrrad / Gruftidisco / Kaffee & Kuchen / Kinderwagen & Döner / Tupperware / Biedermeier 3000 / Skit Me Baby One More Time

Nicht mein Fall: Le Surréallisme

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