Dienstag, 31. Juli 2018

Zehn Songs im Juli 2018 (YG, A$ap Ferg, Negroman, Idles und und und)
























1. A$AP FERG
Verified
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Wenn ich A$ap Ferg für eines ganz besonders schätze, dann sind es jene Songs von ihm, die eigentlich vollkommen drüber sind und aufgrund ihrer Seltsamkeit nur bei ihm funktionieren können. Und wo seine letzten Alben sich damit leider ein bisschen zurückhielten, erschien mit Verified Ende des letzten Monats dann doch endlich wieder so ein abnormer Banger, der einmal mehr zeigt, wieso dieser Typ manchmal eben doch ein Genie ist. Ein unglaublich trockener Track mit minimalistischem Beat, den Ferg eigentlich auch nur dafür nutzt, um mit seinem blauen Haken bei Twitter zu pranzen. Dass sowas so dermaßen unterhaltsam sein kann, wusste ich vorher auch noch nicht.

2. LIZZO
Boys

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Bisher war die Rapperin Lizzo für mich eine völlig unbekannte Künstlerin, was sich aber schlagartig dadurch ändert, dass sie sich hier mit einem unglaublichen Hit in den Vordergrund manövriert. Boys ist ähnlich wie der gleichnamige Track von Charli XCX aus dem letzten Jahr eine Art sexuell aufgeladene Empowerment-Hymne, gleichzeitig aber auch mit viel viel Hingabe für die besungenen Jungs. Im Video werden dann gleich auch noch eine fantastische Body-Positivity-Botschaft und Transgender-Thematiken verarbeitet. Ganz unabhängig von seiner tollen Message ist dieser Song aber auch einfach ein Riesenhit, den man ruhig mal losgelöst von allem politisch brisanten genießen kann.

3. YG feat. A$AP ROCKY
Handgun
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Dass auch YG inzwischen deutlich in der Welt des Traprap angekommen ist, braucht man 2018 niemandem mehr zu sagen. Wo ich das allerdings bisher eher als ziemlich schade empfand und meinte, dass der Kalifornier dabei ziemlich viel seines Talents unverbraucht ließ, schafft er mit Handgun doch noch einen ziemlich fantastischen Song. Das gelingt ihm, indem er hier auf seine frührer Stärke zurückgreift, sich stimmlich mit der ganzen Breite in seine Hooks zu werfen, was das ganze hier am Ende zwar etwas albern klingen lässt, dafür hat man das Ding dann auch erstmal eine Weile im Kopf. Und auch sonst ist das hier eigentlich ein echt stabiler Track, wenn man mal vom völlig überflüssigen A$ap Rocky-Feature absieht, der dieses Jahr weiterhin nichts gutes abzuliefern hat.

4. TONY MOLINA
Wrong Town
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Mit jedem Song, den ich vom neuen Molina-Album höre bestärkt sich meine Vermutung, dass die kommende Platte tatsächlich eines der großen Highlights dieses Jahres werden könnte. Völlig egal, dass auch dieser Track bloß wieder etwas über eine Minute lang ist, wenn absolut jeder Ton darauf absolut makellos klingt. Stilistisch fährt der Songwriter auch hier wieder eine sehr gelungene Sixties-Schiene, die diesmal jedoch eher an Acts wie Simon & Garfunkel, Joni Mitchell oder Brian Wilson erinnert. Viel mehr bleibt auch hier nicht zu sagen, was zudem auch überflüssig wäre, weil eine ausführliche Besprechung der neuen LP nur noch wenige Tage dauern sollte.

5. LAST DINOSAURS
Eleven
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Musik, wie sie Last Dinosaurs machen, war eigentlich zum letzten Mal 2011 richtig cool, als es die Smith Westerns noch gab, Fidlar noch Songs über Billigbier schrieben und die Kooks zumindest keine kompletten Niemande waren. Kurz gesagt klingt Eleven für mich also ein bisschen nach Kindheit, was zumindest ein starker Faktor ist, warum der Track in dieser Liste auftaucht. Allerdings sind es vor allem die extrem ansteckenden Gitarrenlines, der extrem sommerliche Vibe und eine fantastische Gesangsperformance, die das hier auch abgesehen von meiner persönlichen Mini-Nostalgie zu einem ziemlichen Hit machen. Jetzt fehlt eigentlich nur noch das dazugehörige Album, oder?

6. NEGROMAN
lavish.jpg
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Mann kann es Negroman in letzter Zeit durchaus vorwerfen, dass seine Songs mehr und mehr an Substanz verlieren nur nur noch aus zusammenhangloser Ästhetik und Kunstsprache bestehen, in dieser Hinsicht ist lavish.jpg sogar der bisherige Höhepunkt. Allerdings hätte ich an dieser Stelle gerne eine*n Rapper*in genannt, der*die Rap auf deutsch gerade so weit aus seinem Kontext befreit wie er und mit Poesie füllt wie dieser Typ hier. Und obwohl er hier auf die catchy Jazz-Instrumentals und die verqueren Hooks seines Debütalbums endgültig verzichtet, schafft er hier wieder mal ein paar einzigartige Bars, die mehr als zitierfähig sind. Bei weitem nicht sein bester Song, aber immer noch über viele Dinge erhaben.

7. YBN CORDAE
Kung Fu
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Kung Fu ist ein Track der mehr als von allem anderen von seinem einzigartigen Flow lebt, aber wenn es das ist, was YBN Cordae vom Mittelfeld seiner Soundcloud-Generation abhebt, dann soll mir das ganz recht sein. Denn dass dieser Typ zumindest nicht ganz mit dem Strom der aktuellen Rap-Trends schwimmt, sollte dieser Song klar machen. Sicher, die Basis des ganzen ist ein ähnlich minimalistischer Trap-Beat wie auch bei Lil Pump oder 6ix9ine, doch ist Cordae als MC um einiges versierter. Im Gegensatz zu seinen Zeitgenoss*innen ist ihm Technik eben nicht komplett egal und auch wenn er hier nicht gerade Bars spuckt, ist sein Punchline-Baukasten doch um einiges komplexer als der vieler Soundcloud-Acts. Im großen und ganzen also einer der neuen Rapper 2018, an denen man vielleicht dranbleiben sollte. Denn Enttäuschungen hatte ich dieses Jahr definitiv schon genug.

8. BULLY
Guess There
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Eigentlich war ich ja der Meinung, meine Grunge-Phase hätte ich spätestens mit dem Ende meines 21. Lebensjahres beendet, Bully allerdings lassen mich das gerade nochmal überdenken. Die Band aus Nashville, die (Achtung: Klischee!) aktuell bei Sub Pop unter Vertrag ist, haben hier nämlich einen fantastisch trockenen Besenstiel von Song als Teaser ihres kommenden zweiten Albums veröffentlicht, der genau die richtigen Retro-Knöpfe drückt: Das Riffing haben sie von Nirvana und Failure, den Gesang von Hole und die surreale Düsternis inklusive Videoidee von Soundgarden. Abgesehen davon sind sie eigentlich gar nicht mal so nostalgisch und vor allem klauen sie dabei nicht bloß die Ideen, die schon andere vor ihnen hatten. Sie sind eher VerehrerInnen der musikalischen Idee von Grunge, die ja allzu oft vernachlässigt wird, weil alle Kurt Cobain sein wollen. Bully sind zum Glück lieber ein bisschen mehr sie selbst.

9. JEFF THE BROTHERHOOD
Parachute
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Die Leadsingle zum neuen Jeff the Brotherhood-Album ist nun wirklich nicht gerade ein Riesenhit, deshalb aber noch lange nicht in irgendeiner Weise schlecht. Viel eher übt sich der Track in bescheidener Psychedelik, experimentiert mit lustigen Synthesizern und Backing-Vocals und plätschert so eben eher fünf Minuten vor sich her als in der Hälfte der Zeit Nägel mit Köpfen zu machen. Das ist vielleicht strategisch eher ungünstig, aber musikalisch auch mal ganz schön und es macht die Sache spannend, weil man hier das Gefühl hat, hier direkt in die Deep Cuts ihres kommenden Albums gestürzt zu werden. Abgesehen davon ist Parachutes als Song an sich auch gar nicht so übel, sonst wäre er ja hier nicht gelistet.

10. IDLES
Samaritans
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Die Idles überraschen mich in diesem Sommer schon zum zweiten Mal sehr positiv. Nachdem im letzten Monat bereits die freudestrahlende Migrations-Hymne Danny Nedelko zu einem meiner Lieblingstracks des Jahres wurde, laden die Briten mit ihrer dritten neuen Single erneut einen ziemlichen Brocken auf, der wieder ein sehr krasses Thema auf sehr direkte Weise anspricht. Auf Samaritans beleuchtet die Band das herrschende Bild von Maskulinität, kritisiert Ansprüche, die an Geschlechterrollen gestellt werden und findet dafür auch diesmal wieder sehr deutliche Worte und Bilder. Im Gegensatz zum optimistischen Danny Nedelko werden sie hier aber wesentlich düsterer und gehen klanglich auch eher zurück in Richtung Post- und Wavepunk. Was das über die kommende Platte sagt, ist unklar, allerdings hoffe ich, dass es darauf noch mehr solcher deutlichen Botschaften gibt wie in diesem Track. Und bisher haben Idles in dieser Hinsicht ja nicht enttäuscht.

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