Donnerstag, 5. Juli 2018

the Royal Family




















Leute, wir müssen uns alle mal ein bisschen beruhigen. Sicher, wir reden hier von einem gemeinsamen Album von Jay-Z und Beyoncé, zwei der wichtigsten musikalischen Persönlichkeiten der letzten 25 Jahre, dem Traumpaar der Pop-Welt, die Zeus und Hera urbaner Kultur. Und sicher, das ist nicht zuletzt eben deshalb besonders, weil die beiden sonst nicht zusammenarbeiten und sich auf jeder Platte gegenseitig featuren und jetzt gleich ein ganzes gemeinsames Projekt kommt. Zusätzlich veröffentlichten alle zwei KünstlerInnen erst kürzlich Platten, die ihre jeweilige Karriere komplett neu definierten und auf beiden Seiten unglaubliche kreative Reife bezeugten. Everything is Love könnte also auch zu keiner besseren Zeit kommen. Dennoch finde ich, dass all der Sensations-Zirkus, der in den letzten Wochen um diese LP gemacht wurde, ziemlich davon ablenkt, was das hier eigentlich ist: Ein kurzweiliges Nebenprojekt, das eher als Spinoff der Soloarbeit beider MusikerInnen gedacht ist. Und sich das zu vergegenwärtigen, hilft in meinen Augen sehr dabei, dieses Album auch besser wahrnehmen zu können. Denn rein musikalisch ist ehrlich gesagt wenig sensationelles dran an den Carters. Gerade mal 38 Minuten geht Everything is Love, was im Kontext von Popmusik 2018 zwar schon verhältnismäßig lang ist, aber trotzdem nich gerade für ein sehr zeit- und arbeitsintensives Unternehmen spricht. Diese These bestätigen im übrigen dann auch die eigentlichen Songs hier. Neun davon gibt es, wobei alle von ihnen so ein bisschen versuchen, die Geschichte und den Lifestyle des beliebtesten Ehepaars der High Society zu illustrieren. Von der Idee her ist das eigentlich ganz cool und Projekte wie Lemonade und 4:44 zeigten in der Vergangenheit, dass die beiden Konzeptalben können. Nur merkt man hier eben auch ganz deutlich, dass wesentlich weniger Mühe und Herzblut in diese Darstellungen gelegt wurde und die Sache an manchen Stellen auch ziemlich geschludert ist. Das bezieht sich weniger auf den instrumentalen Teil der LP, der zumindest so teuer klingt, wie er sicherlich war und der mit Tracks wie Summer oder Boss durchaus einige Schmankerl bereithält. Viel eher ist es die Performance der beiden Carters selbst, die bei mir sehr zu wünschen übrig lässt. So gut wie alle Gesangsparts auf Everything is Love klingen vollkommen unmotiviert und leidenschaftslos, was im Zusammenhang mit der Motivation dieser Platte schon ungewöhnlich ist. Und wo Beyoncés Vocals zumindest manchmal noch einen Hauch von Emotion abbekommen (die meistens trotzdem in Effekten ertränkt wird), ist es vor allem ihr Gatte, der weit unter seinen Möglichkeiten bleibt, lyrisch wie performativ. Nicht nur rappt er in jedem Song meistens nur seine obligatorische Strophe ziemlich mechanisch ein, er hat auch nichts mehr vom großartigen Flow und den extrem trockenen Punchlines übrig, die 4:44 letztes Jahr so cool machten. Und selbst wenn er in Summer ein bisschen biografisch wird, wirkt das eher so, als hätte er die Geschichte schon zigmal erzählt und wäre mittlerweile gelangweilt davon. Manchmal kann man dabei nicht umhin zu glauben, er hätte dieser Platte nur zugestimmt, weil seine Frau so unbedingt wollte. Wobei auch die hier nicht das Herzprojekt abliefert, das ich hier eigentlich erhofft hatte. Wo ich Everything is Love im Vorfeld als eine Sache sah, die Jay-Z und Beyoncé hauptsächlich aus Überzeugung und familiärer Bindung machen, sehe ich es mittlerweile fast ein bisschen als eiskalte Promomasche, die genau diese Dinge nur vorgaukelt. Was man hier hört, ist nicht viel mehr als die Hülle eines musikalischen Unternehmens, das seinen Wert einzig und allein auf den Mythos seiner beiden SchöpferInnen bemisst, die wissen, dass das Produkt nicht gut sein muss, wenn die Aura stimmt. Allerdings wage ich zu bezweifeln, dass irgendjemand in fünf oder zehn Jahren dieses Album als kreativen Höhepunkt eines dieser beiden KünstlerInnen ansehen wird. In meinen Augen ist es viel eher ein Tiefpunkt zweier sehr guter MusikerInnen, die besser daran tun würden, berufliches und privates vielleicht doch zu trennen. Jay-Z und Beyoncé sind als Ehepaar die coolsten Leute der Welt, als musikalisches Duo jedoch überbewerteter Mumpitz. Können eben nicht alle die White Stripes sein.






Persönliche Highlights: Summer / Boss / 713 / Lovehappy

Nicht mein Fall: Apeshit / Nice / Heard About Us

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen