Montag, 7. Mai 2018

Maynard mit Gleitgel




















Es scheint sie ja wirklich zu geben, diese Musikfans, die seit Jahren viel Zeit damit zubringen, auf neue Musik von Maynard James Keenan zu warten. Die vielleicht haufenweise gute neue Musik verpassen, weil sie zu sehr damit beschäftigt sind, die Krümel aufzulesen, die es seit langer Zeit von seinen Projekten gab, um sich irgendwie damit abzufinden, dass die Lieblingsband es auch in dieser Saison wieder nicht schafft, endlich mal diese verfluchte Platte rauszubringen. Gemeint sind damit natürlich Tool, denn niemand findet A Perfect Circle ernsthaft besser als Tool. Und dass es von ihnen jetzt endlich auch neues Material gibt, ist nur das kleine große Glück. Auch wenn deren letzte richtige LP sogar noch länger her ist als 10.000 Days von Tool und ihre Fanbase ähnlich krass drauf ist. Als Musikhörer, der beiden Bands noch nie besonders viel abgewinnen konnte, beobachtete ich den Zirkus um deren Comebacks mit einer gewissen Schadenfreude, doch jetzt wird es auch für mich ernst. Denn das Release von Eat the Elephant bedeutet in diesem Fall, über etwas zu schreiben, in das viele meiner Leser*innen hohe Erwartungen gesetzt haben, das mich aber mal so gar nicht interessiert. Und diesen Leuten erklären zu müssen, wie absolut belanglos ich diese LP finde. Aber eigentlich kann man sich das auch denken. Prog-Musiker*innen, die versuchen, sich mirnichtsdirnichts an Pop-Ambitionen ranzuschmeißen, weil sie in ihrer Selbstüberhöhung meinen, sowas ginge ja quasi mit einem Fingerschnippen, waren schon immer meine absoluten Lieblinge. Und zu dieser Sorte Band gehören seit jeher auch A Perfect Circle. Ihr sogenannter "Pop" war schon immer durchdrungen von peinlichen Rock-Klischees, viel zu sterilem Songwriting, Mangel an künstlerischem Charakter und zu Tode poliertem Sound, was in Summe einfach nur uninteressant war. Wer gehofft hatte, dass sich dies auf ihrem neuen Album ändert, der irrt leider gewaltig. Dass über sechs Jahre (mindestens!) Produktionszeit in diesem Ding stecken, merkt man in keinem Moment. Es klingt eher, als hätte irgendein*e Produzent*in die zwölf Songs binnen zwei Wochen in irgendeinem Studio zusammengeschraubt. Die einzelnen Stücke sind kaum voneinander zu unterscheiden und höchstens zwei von ihnen haben ein paar ganz spannende kompositorische Ideen als Kern. Prinzipiell jedoch geht Eat the Elephant auf der einen Seite rein und unverdaut auf der anderen wieder raus. Produktionstechnisch brauche ich hier gar nicht anzufangen, der aalglatte Sound ist das Gleitmittel für die ohnehin schon schlüpfrigen Songs und Maynard James Keenans Gesangsperformance ist mehr oder weniger vernachlässigbar. Selbst wenn ich der größte Fan dieser Gruppe wäre, würde es mir sicher schwerfallen, in diesem feuchten Furz von einem Comeback in irgendeiner Weise eine Sensation zu sehen. Eat the Elephant ist nicht das schlechteste Album der Welt, es ist eben nur vollkommen belanglos. Platten wie diese können sich ihre versnobte Haltung von mir aus sonstwo hinstecken, denn von ihren Mainstream-Feindbildern wie Imagine Dragons und Thirty Seconds to Mars unterscheiden sie sich in meinen Augen nur durch eben diese. Und dass eine neue LP von A Perfect Circle genau solche Grütze werden würde, habe ich mir schon vor vier Jahren gedacht. Was bedeutet, dass die Schadenfreude am Ende doch wieder siegt. Leider gemeinsam mit der Erkenntnis, jede Menge Zeit mit diesem Album verplempert zu haben.






Persönliche Highlights: the Doomed / Delicious / Hourglass / Get the Lead Out

Nicht mein Fall: Disillusionised / the Contrarian / So Long and Thanks for All the Fish / Talk Talk / Feathers

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen