Freitag, 11. Mai 2018

Feminismus statt Roboter




















Wenn man sich die bisherige Karriere von Janelle Monàe ansieht, so fand diese künstlerisch immer in der Zukunft statt. Mit Ausnahme ihrer allerersten EP ist ihr gesamter musikalischer Output aus den letzten 15 Jahren Teil der ausufernden und ambitionierten SciFi-Konzept-Oper Metropolis, einer siebenteiligen Story mit Androiden, Raumschiffen und Black Panther-Jedirittern, die sie in bisher zwei Alben und einer EP nach eigenen Angaben gerade mal zu zwei Dritteln erzählt hat. Dass Dirty Computer als ihr dritter Longplayer dennoch erstmals aus diesem Konzept ausschert, ist in meinen Augen weniger ein Stilbruch als die logischste Entwicklung der Welt. Denn seit ihrer letzten Platte the Electric Lady von 2013 hat sich die Musikerin aus Atlanta künstlerisch in eine ganz andere Richtung entwickelt. Mit ihrem zweiten Standbein als Schauspielerin und ihrer zunehmenden Rolle als politische und feministische Influencerin hat Monàe im Musikbusiness der letzten Jahre einen Platz als Meinungsmacherin eingenommen, der von ihr inzwischen nicht mehr wegzudenken ist. Und aus dieser Position heraus jetzt über Roboter und UFOs zu singen, wäre einfach nicht ihr Stil. Zwar waren Platten wie the Archandroid und auch the Electric Lady durchaus gesellschaftskritisch durchwirkt und gerade letztere setzte wichtige Zeichen in Sachen Empowerment, doch hatte das ganze eben auch eine sehr komplexe Metaphorik und wenig Realitätsbezug. Dirty Computer soll nun also das Album sein, mit dem Janelle Monàe ihre Message in die Gegenwart holt. Und in den ersten Singles der LP war das definitiv zu spüren. Tracks wie Make Me Feel, Django Jane und Pynk waren in ihrer Thematisierung von Sexualität und Feminismus wesentlich direkter als ihr bisheriger Output und in vielerlei Hinsicht setzte die Sängerin hier auf Realtalk. Dass ich dabei nicht jeden Song wirklich mochte, änderte nichts daran, dass ich ihre Ansagen darauf beeindruckend fand und erweckte in mir eine gewisse Vorfreude auf das kommende Projekt. Dirty Computer schien eine Platte mit jeder Menge Potenzial für Empowerment zu werden, ganz im Stil ihrer Schöpferin. Und dass diese Hoffnung bestätigt wurde, freut mich hier auf jeden Fall. Janelle Monàe präsentiert hier eine Sammlung von Songs, die unglaublich direkt, unglaublich sexy und unglaublich selbstbewusst daherkommen und ihre Vorgänger als starke Meinungsmedien um ein vielfaches übertreffen. Als feministisches Sprachrohr ist die Sängerin hier mindestens so gehaltvoll wie eine PJ Harvey, Aretha Franklin oder Patti Smith, nur dass sie sich gleichzeitig auch noch traut, das ganze in die Dimensionen des Pop-Mainstream zu übertragen. Allerdings wird es an dieser Stelle für mich auch problematisch. Denn egal wie cool diese Platte auf der inhaltlichen Seite geworden ist, musikalisch bleibt sie bisweilen eher dürftig. Von allen bisherigen Alben von Monàe ist dies hier klanglich definitiv das schwächste und wo sich in Sachen Aussage unglaublich viel getraut wird, ist kompositorisch das meiste eher konservativ für Monàe-Verhältnisse. Wenn man die lauwarmen Popsongs hier mit den epischen und komplexen Song-Bausteinen auf the Archandroid vergleicht, muss man sich schon fragen, wo diese Hingabe zu den großen Gesten hier geblieben ist. Und selbst wenn man das Fehlen selbiger hier als stilistische Bewegung hin zu direkteren Stilmitteln wertet, sind diese lange nicht so gut wie auf den Vorgängern. Mit Make Me Feel ist zwar wenigstens ein ziemlicher Banger hier vertreten, dessen Hook aber eigentlich auch nur bei Prince geklaut ist und dessen Originalität eher zweifelhaft ist. Was mir allerdings immer noch lieber ist als Stücke wie Crazy, Classic, Life oder Americans, die einfach nur ziemlich peinlich klingen. Dass sich Monàe hier als Songwriterin nicht gerade mit Ruhm bekleckert, ist extrem schade, weil sie bisher eigentlich stets zeigte, dass die Elemente Pop-Appeal, inhaltliche Agenda und experimentelle Auswüchse bei ihr keine Widersprüche waren, sondern sich wunderbar ergänzen konnten. Mit ihrem Versuch, hier auch musikalisch direkter und klarer zu sein, beschneidet sie sich aber künstlerisch immens und wirkt dabei eher ideenlos und kreativ gehandicapt als fokussiert. Gute Pop-Platten hat sie indes auch gemacht, als sie eigentlich gar keine machen wollte und ihre größten Hits sind im Nachhinein für mich auch ihre kreativsten und experimentellsten Nummern. Vielleicht hätte ich es deshalb am Ende auch besser gefunden, wenn Monàe weiter mit Metropolis gemacht hätte, statt diese LP einzuschieben. Und wenn die Leute das dann nicht verstanden hätten, wäre das ein wesentlich besserer Beweis dafür gewesen, dass diese Frau viel cooler und schlauer ist als wir alle zusammen.






Persönliche Highlights: Django Jane / Make Me Feel / I Got the Juice / I Like That / Don't Judge Me

Nicht mein Fall: Crazy, Classic, Life / Pynk / So Afraid / Americans

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