Samstag, 5. Mai 2018

Be Humble




















Zum Zeitpunkt, an dem ich diesen Artikel hier schreibe, ist die kurze Aufmerksamkeitsspanne, die K.O.D. im Rampenlicht des Online-Diskurses hatte, schon lange wieder vorbei, was selbst für eine Platte, die genau auf diesen schnellen Hype ausgerichtet war, relativ kurz ist. Angesichts der Tatsache, dass sie von einem der vielleicht talentiertesten Rapper der letzten Jahre kommt, ist das schon etwas seltsam. Jermaine Cole, der Typ, der von einigen als die eigentlich viel bessere Alternative zu Kendrick Lamar gehandelt wird und der bereits seit Beginn seiner Karriere immer anspruchsvolle Musik gemacht hat, wird hier nach wenigen Tagen einfach so unter den Teppich gekehrt? Da muss doch was faul sein. Und um ehrlich zu sein, eine große Überraschung ist die ganze Geschichte für mich eigentlich nicht. Sicher ist Cole ein profilierter MC, kann flowen und texten wie wenige andere und zumindest phasenweise fand ich seinen Output äußerst cool, konkret vor allem seine zweite Platte 2014 Forest Hills Drive vor vier Jahren. Allerdings hat er mich danach mit jedem künstlerischen Schritt Stück für Stück mehr verloren. Sein letztes Album 4 Your Eyez Only von 2016 war eher durchwachsen und abgesehen von seinem großartigen Titeltrack eine vernachlässigbare Angelegenheit. Nicht dass mich ein doofes Album an seinem Talent hätte Zweifeln lassen, doch wollte ich langsam schon wieder etwas mehr von diesem Kerl hören. Und K.O.D. sah zunächst nach genau der LP aus, die das zu bieten hätte: Als biografisches Konzeptwerk über Suchtverhalten klang das ganze auf dem Papier nach einem ambitionierten Projekt, das viel offenbarte und auf dem Cole außerdem seine fantastischen Storytelling-Fähigkeiten zur Schau stellen könnte. Vorteile auf allen Seiten also. Nur hat Cole stattdessen eben lieber ein ordinäres Poprap-Album gemacht, dass sich statt auf Erzählstränge lieber auf dumpfe Hooks konzentriert und auf dem der Künstler in bester Kanye-Manier seine eigene Hybris abarbeitet. Und das ist ganz und gar nicht so geil. Zumal Cole eigentlich echt nicht der Typ für solche Moves ist. Man erkennt deutlich, dass er sich mit dieser LP eine ähnliche Persönlichkeit aufzubauen versucht wie Kendrick Lamar auf seinem letzten Projekt, nur ist er eben einfach nicht Kendrick Lamar. Wenn er sich im Titeltrack über Fans beschwert, die sich mehr Features auf seinen Tracks wünschen, klingt er weniger wie ein überlegener Freigeist als wie eine beleidigte Leberwurst, die nicht mit den Meinungen anderer klarkommt. Wenn er versucht, Hits zu schreiben, wirkt das nicht selten so, als hätte er den Schuss nicht gehört und würde nun versuchen, den Trap-Zug doch noch zu erwischen. Und wenn er doch mal in den Erzählmodus geht, behandelt er Themen eher oberflächlich und kommt auf Erkenntnisse, die vor ihm schon tausend andere Musiker fanden. Von der biografischen Seite kommen hier indes nur Häppchen, viel häufiger regt sich Cole hier über das Verhalten Anderer auf und hält es für nötig, sich für allen möglichen Blödsinn zu rechtfertigen. Wirklich souverän ist das ehrlich gesagt nicht. Zugegeben, wo die erste Hälfte mit ihren peinlichen Pop-Versuchen noch Kopfschütteln verursacht, sind die Songs zum Ende der LP wie auch bei seinen letzten Alben die wirklichen Kleinode, die in der Vergangenheit schon öfter nochmal meine Meinung ändern konnten. Allerdings fällt auch dieser Effekt diesmal etwas lau aus, da kein Track mich hier wirklich vom Hocker reißt. Wo man beim Vorgänger zum Schluss ein neunminütiges Story-Epos mit einem völlig neuen inhaltlichen Twist hatte, gibt es hier nur wieder lahme Thinkpieces, die zwar wenigstens Inhalt mitbringen, nur leider eben keinen wertvollen. Und wenn dieser Input bis zum Ende der Platte ausbleibt, mache ich mir diesmal definitiv Sorgen um J. Cole. Wir erleben hier schon den zweiten Longplayer, auf dem der Rapper weit hinter Erwartungen zurückbleibt und seinem Ruf in keinster Weise gerecht wird. Stattdessen gibt er wirres Zeug von sich und verliert zunehmend den künstlerischen Fokus. In meinen Augen sind das sehr starke Signale, dass es mit dem Output dieses Künstlers auf lange Sicht bergab geht und er vielleicht bald etwas gleicht, das wir vor zehn Jahren schonmal bei Kanye West erlebt haben. Wo das hinführt, sieht man ja gerade wieder sehr deutlich und ich kann nur hoffen, dass Cole davor die Kurve kriegen wird. Jetzt mehr denn je.






Persönliche Highlights: K.O.D. / the Cut Off / ATM / Brackets / Once An Addict (Interlude) / Friends

Nicht mein Fall: Intro / Photograph

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