Samstag, 1. Juli 2017

Zehn Songs im Juni 2017 (Ariel Pink, Fleet Foxes, Roger Waters, Bushido u.a.)

1. BILLY WOODS FEAT. ELUCID
Nomento
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Früher war es immer nervig, wenn Billy Woods seinen musikalischen Ziehsohn Elucid für ein Feature auf die Platte holte, da das Gefälle an Talent zwischen den beiden doch recht immens war. Mittlerweile kommt es aber immer häufiger vor, dass die beiden sich wirklich gut ergänzen und auf Woods' neuestem Album ist einer der beiden Tracks mit ihm sogar mein persönlicher Liebling. Es könnte daran liegen, dass die zwei sich inzwischen sehr gut aufeinander eingepegelt haben (eine Platte des einen geht nicht ohne Auftritt des anderen, ferner haben die beiden ein gemeinsames Nebenprojekt), aber die Kombination dieser Rapper gefällt mir immer besser. Nomento ist der unumstößliche Beweis.

2. ARIEL PINK
Another Weekend
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Solange ich mich erinnern kann, hatte ich für Ariel Pink (egal ob mit oder ohne Haunted Graffiti) immer nur Spott übrig. Dafür rächt sich der New Yorker jetzt mit einem wirklich grandiosen, traumtänzerischen Dreampop-Song, den ich so nie im Leben von ihm erwartet hätte. Zwar ist Another Weekend noch immer alles andere als fokussiert und beeindruckt vor allem durch Tingelei mit Vintage-Equipment, doch bastelt Herr Pink daraus endlich mal eine vernünftige Melodie, die dann auch gleich so richtig im Kopf stecken bliebt. Ich hoffe inständig, dass es bei diesem einen guten Track nicht bleiben wird und im Optimalfall vielleicht sogar ein akzeptables Album folgen könnte. Dann gäbe es noch einen Musiker weniger, den ich absolut überbewertet finde.

3. FLEET FOXES
Kept Woman
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Über das gerade erschiene Album der Fleet Foxes habe ich im Moment sowieso nur gute Sachen zu sagen und dass mit Kept Woman schon wieder ein Song davon in diesem Format landet, ist da nur konsequent. Das Stück ist insofern überraschend, da er einen Großteil seiner Wirkung über seine Arbeit mit Klavierpassagen erzielt, für die die Band aus Seattle ja bisher nicht so bekannt war. Ansonsten ist dieser knapp vierminütige Track eine der wenigen klassischen Nummern auf Crack-Up, die auch außerhalb des Albumkontextes funkionieren. Gerade deshalb sollte man ihn sich unbedingt anhören, und wenn er einem gefällt (was ganz sicher der Fall sein wird) kann man ja mit dem Rest der Platte weitermachen. Es lohnt sich definitiv!

4. ROGER WATERS
Wait for Her
Wait for Her
Die neuen Songs von Roger Waters funktionieren am allerbesten im Kontext seines neuen Albums Is This the Life We Really Want?, aber dass sie auch für sich äußerst stark sind, daran sollte kein Zweifel bestehen. Wait for Her ist da nur ein besonders gutes Beispiel, das die die großen Pluspunkte der Platte sehr deutlich macht. Die wahnsinnig seelenvolle Altherren-Stimme des Ex-Pink Floyd-Frontmanns, die unglaublich reichhaltige Instrumentierung und die Wiedergeburt des grandiosen Songwriters Roger Waters, den wir so lange vermisst haben. Vielleicht kein offensichtlicher Hit, aber ein unumstößlicher Lieblingssong dieses Monats.

5. CIGARETTES AFTER SEX
Opera House
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In meiner Besprechung zum Debüt von Cigarettes After Sex habe ich erklärt, dass für mich dessen größter Selling Point in der Monotonie, der Schwerenot und der Trägheit der Platte liegt. Und der Song, in dem diese am dichtesten konzentriert sind, ist eindeutig Opera House. Dieses Gerippe eines Tracks, das sich gerade so von der Stelle bewegt, führt die Ästhetik der Texaner so weit, dass man hier an die Grenzbereiche dessen stößt, was Shoegaze an Coolness haben kann. Gerade deshalb ist dieses Stück so besonders und der Grund, warum ich das Album dazu irgendwie gebraucht habe. Und weil the XX dagegen klingen wie eine Tropical House-Band.

6. MILO
Magician (Suture)
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Es gibt verschiedene Dinge, die am neuesten Song meines aktuellen Lieblingsrappers ziemlich komisch sind. Zuerst mal denkt man aber nicht wirklich darüber nach. Die komplette erste Hälfte des Tracks ist fast ein bisschen langweilig und man fragt sich, was Milo hier eigentlich vor hat. Doch dann geht es ganz plötzlich ziemlich drunter und drüber. Mit der Break setzt einer der vielleicht flottesten Tracks des US-Amerikaners ein, der darüber hinaus noch überraschend sauber produziert ist und mit ulkigen Elementen wie elektronischer Vokal-Distortion spielt. Für Fans seiner bisherigen Sachen vielleicht ungewöhnlich, aber auch ein Beweis dafür, dass dieser Typ musikalisch nicht stehenbleiben kann. Macht auf jeden Fall Bock auf sein neues Album, das im August erscheint.

7. KEVIN MORBY
City Music
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Auf den ersten Blick hat das neue Album des Kevin Morby mit gleichem Titel nicht so große Hits wie sein letztes, doch dann erwischt man sich irgendwie doch dabei, wie man den Titelsong ab und an vor sich her singt und immer öfter hört. Ich will damit nicht sagen, dass er zwingend der beste auf dem Longplayer ist, aber mit Sicherheit der, der am meisten heraussticht. Und dass die Eingängigkeit von Morbys Stücken genau so funktioniert, habe ich schon auf dem Vorgänger mit erstaunen feststellen müssen. Was letztendlich die Highlights der neuen Platte sein werden, kann ich gerade mal drei Wochen danach schwer sagen. Aber das hier ist schon mal ein heißer Kandidat.

8. ELDER
Sonntag
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Man kann es fast so sagen: Wer sich die gute Stunde Gegniedel, aus der das neue Elder-Album besteht, nicht komplett antun will, dem reichen eigentlich auch die knapp neun Minuten, die Sonntag geht. Hier erlebt man den vielleicht fettesten Track der LP, der die Essenz all ihrer Qualitäten optimal vereint. Hätte ich Reflections of A Floating World also mehr als solide acht Punkte geben müssen, hätte in meinen Augen mehr von diesem Stück in den anderen stecken müssen. Oder so. Ist aber eigentlich auch scheißegal, weil man sich vielleicht einfach diesen genialen Psychrock-Song anhören sollte und sich freuen kann.

9. PHOENIX
Telefono
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Als ich ich diesen Song vor ein paar Wochen das erste Mal hörte, befand ich ihn bestenfalls als mittelmäßig und äußerst ausbaufähig. Ein halb englisch, halb italienisch gesungener Eighties-Pop-Schlager mit Indie-Einschlag klang wie ein schlechtes Gimmick und ein blöder Scherz. Auch in der Besprechung des neuen Albums sprach ich dies noch als Problem an. Doch bereits in den folgenden Tagen entwickelte sich die Nummer bei mir zum dauergespielten Überhit und mittlerweile erachte ich Telefono als einen der besten Songs der bisherigen Saison und als vielleicht größten Knaller, den Phoenix seit mindestens acht Jahren geschrieben haben. Ungewöhnlich bleibt der Song trotz allem, doch auf eine spannende Art und Weise. Vielleicht mein persönlicher Sommerhit 2017.

10. BUSHIDO
Oma Lise
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Sorry not Sorry. Nicht nur finde ich das neue Album von Sonny Black ziemlich gelungen, nein, ich musste auch den kitschigsten Song der Platte auf meine Lieblingssong-Liste packen. Aber ich habe meine Gründe. Zuerst mal finde ich, dass Bushido in Tracks wie diesen einer von wenigen hiesigen Rappern ist, der wirklich seinem Alter entsprechend klingt und darüber hinaus ist er absolut unfickbar, wenn es um Storytelling-Stücke geht. Oma Lise ist ein sehr persönliches Ding, das der Durchschnittshörer vielleicht nicht unbedingt nachvollziehen kann, aber gerade darin liegt seine Stärke, weil er unglaublich nahbar und fast prosaisch ist. Und natürlich hat das ganze ein bisschen den Vibe eines ARD-Freitagabendfilms, aber den muss man Bushido auch lassen. Die gewisse Ironie, die darin liegt, ist eine der momentan besten Eigenschaften des Rappers.

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