Dienstag, 25. Juli 2017

Das war (noch nicht) alles...

Ich habe in letzter Zeit immer sehr gerne über Künstler*innen geredet, die meiner Meinung nach den Begriff des HipHop transzendieren. Gemeint waren damit meist Leute wie Milo oder Lil Ugly Mane, die dies vor allem auf erzählerischer und lyrischer Ebene tun und die Infrastrukturen des Genres dadurch auf ganz eigene Weise nutzen. Wer mir dabei aber nicht einfiel waren Shabazz Palaces, auf die dieser Transzendenzbegriff ebenfalls sehr gut zutrifft, nur eben anders. Während viele Kolleg*innen des Duos aud Seattle HipHop vor allem auf Text fixieren, sind Ishmael Butler und Baba Maraire seit Jahren dafür bekannt, diese Musik vor allem musikalisch zu zersetzen. Seit ihrer ersten EP von 2009 sind sie mit einiger Sicherheit eine der großen experimentellen Kräfte des Rap und fallen dadurch nicht nur positiv auf. Gerade ihr letztes Album Lese Majesty von 2014 polarisierte weit über die Szene hinaus und ich kann durchaus verstehen, wieso. Zwar bin ich selbst großer Fan dieser LP, weil sie über viele geniale Songs verfügt, doch befinden sich viele von denen ständig kurz vor ihrem kompositorsichen Zerfall. Das macht das Gesamterlebnis einerseits wunderbar fließend und gelöst, doch fehlen mitunter nur wenige Schritte, um dieses Geflecht in ein horrendes Sample-Chaos zu verwandeln, das keinerlei künstlerischen Mehrwert hat. Und dass dieses Rezept auf Lese Majesty irgendwie noch funktionierte, sah ich nie als Garantie dafür, dass es das auch woanders tun würde. Tatsächlich war ich ziemlich skeptisch, als ich hörte, was Shabazz Palaces mit ihrem Quazarz-Doppelalbum vorhatten. Nochmal zur Erklärung: Am 14. Juli veröffentlichte die Band gleich zwei neue Platten auf einmal, die sich beide um ein und dasselbe dystopische Story-Konzept drehen und dabei klanglich sehr unterschiedlich werden sollten. Schon allein auf dem Papier klingt das alles ein bisschen überambitioniert und wenn diese beiden sich so etwas vornehmen, kann man quasi damit rechnen, dass es eine Herausforderung wird. Deshalb wollte ich es auch langsam angehen. Die beiden einzelnen Platten werde ich in zwei unabhängigen Besprechungen angehen und um nicht gleich den totalen Kulturschock zu bekommen, habe ich mal mit der konservativeren von beiden angefangen. Quazarz vs. the Jealous Machines ist, so habe ich mir sagen lassen, das noch am ehesten HipHop-fixierte Projekt, in dem vor allem die Story abgerollt wird. Und tatsächlich kann ich sagen, dass ich hier klanglich nicht direkt überfordert war. Ich würde sogar sagen, dass man hier in Sachen Abgefucktheit einen kleinen Rückschritt zum Vorgänger verzeichnen kann. Man erlebt hier zwölf überraschend chillige Tracks, die zwar durchaus im sehr elektronischen, sehr düsteren Stil von Lese Majesty gehalten sind, aber keine dermaßen großen Hakenschläge machen. Erzählerisch hält sich Jealous Machines ebenfalls in Grenzen, Ishmael Butler fokussiert sich lieber wieder auf seine schamanisch-abstrakte Kunstlyrik, die viele in letzter Zeit so gehasst haben. In meinen Augen ist das alles okay und klingt im Grunde genommen sehr angenehm, doch hat das Album die gesamte Zeit über ein riesiges Problem: Dadurch, dass Ishmael und Baba hier bewusst auf dem Teppich bleiben und sich die klangliche Eskalation für die andere Platte aufheben, kommt Jealous Machines in seinen gesamten 43 Minuten nicht so richtig aus der Rille. Sowohl die Instrumentals als auch die gerappten Parts wabern und lauern mehr oder weniger die ganze Zeit nur so rum, als würden sie auf das große Finale warten, das letztendlich aber nie passiert. Sie machen das an sich nicht schlecht, aber ohne ein paar knallige Akzente wirken sie irgendwann schon ein bisschen monoton und nutzen ihr volles Potenzial nicht so richtig aus. Würde ich Shabazz Palaces hier zum ersten Mal hören, würde ich die krassen Reaktionen auf ihre Musik gar nicht verstehen, geschweige denn Lust haben, mir noch sehr viel mehr davon anzuhören. Zum Glück kenne ich sie und weiß, dass diese Platte in einem Kontext funktioniert. Aber allein die Tatsache, dass es für mich dieses Wissen braucht, hinterlässt bei mir irgendwie einen fahlen Beigeschmack. Und ich schließe mit der Feststellung, dass ich durch das Hören dieses Albums keine neuen Eindrücke über diese Band bekommen habe. Wie gut ich nachher Born On A Gangster Star, die andere "Hälfte" der Quazarz-Serie finden werde, spielt eigentlich auch keine Rolle. Denn Jealous Machines verpufft so oder so. Und das ist eigentlich echt schade, denn so doof ist es gar nicht mal.





Persönliche Highlights: Welcome to Quazarz / Self-Made Follownaire / Julian's Dream (Ode to Bad) / 30 Clip Extesion / Sabonim in the Saab On 'Em / the SS Quintessence / Quazarz On 23rd

Nicht mein Fall: Atlaantis / Love in the Times of Kanye

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