Donnerstag, 6. Juli 2017

Butter bei die Fische

2017 ist Vince Staples wahrscheinlich der meiste Rapper der Welt. Der junge Musiker aus Long Beach taucht inzwischen fast auf jedem zweiten Album von irgendjemandem im HipHop-Kosmos auf, muss ständig seinen Kommentar zu irgendwas abgeben und hatte zuletzt sogar seine eigene Video-Kolumne bei GQ. Doch obwohl auch ich diesen Typen an sich super sympahtisch finde und sein Debüt Summer '06 von 2015 eigentlich sehr gerne mochte, frage ich mich ständig, was an dem Kerl eigentlich das besondere sein soll.Vince Staples ist weder technisch atemberaubend, noch hat er einen besonders eigenwilligen Stil noch fünf Tonnen Swag, mit denen er das Fehlen der anderen Attribute wettmacht. Er ist einfach nur ein irgendwie guter Rapper. Und der Vorgänger hatte wenigstens noch den Vorteil, dass er eine totale Überraschung für all jene war, die Staples noch von Odd Future kannten. Doch für seinen zweiten Longplayer brauchte er definitiv ein anderes Ass im Ärmel. Dass er gleich so viele haben würde, damit hatte wieder mal keiner gerechnet. Denn Big Fish Theory ist das Album, mit dem der New Yorker endgültig zeigt, dass er nicht nur irgendjemand ist. Nach dem sehr soliden, aber dennoch ziemlich konventionellen Summer '06 geht Staples hier auf volles Risiko und macht hier etwas, das man durchaus als experimentellen HipHop bezeichnen kann. Eine Art lyrisches Konzept, das sich im weitesten Sinne um Meeresbewohner dreht (???), teilweise arg weirde Textpassagen, komische Field Recordings und Interludes und einen Sound, der stellenweise doch ein wenig verwirrt. Die sehr elektronischen und krassen Beats, die unter anderem von Justin Vernon und Flume produziert wurden, verbreiten einen Vibe, den auch heute noch sehr wenige HipHop-Platten haben und der an eine ulkige Mischung aus Travis Scott, Massive Attack und den Warp-Samplern der frühen Neunziger erinnern. Das mag seltsam klingen, doch die eigenwilligen Instrumentals sind in meinen Augen tatsächlich das größte Highlight der Platte. Und alles, was Vince Staples hier macht, passt irgendwie dazu: Gäste wie Damon Albarn oder Kilo Kish (keine Sorge, Kendrick Lamar und A$ap Rocky sind auch dabei), sein abgedrehter aber doch lyrischer Flow sowie die ganzen Sachen, die hier zwischen den Zeilen gesagt werden. Man merkt, dass Vince in seinem Element ist. Das bedeutet unterm Strich nicht nur jede Menge gute Musik (die Banger-Dichte hier ist unglaublich hoch!), sondern auch, dass ich endlich weiß, was an diesem Künstler so cool ist. Staples versteht es wie wenige Rapper, auch als geschmacklich sicherer Kurator seiner Platten aufzutreten und eine geniale Ästhetik aufzubauen. Er besitzt nicht den nervigen Geltungsdrang eines Kanye West, ihm ist sein musikalischer Output aber auch nicht so egal wie leider den meisten MCs dieser Erde. Und das macht ihn wirklich zu einem heißen Kandidaten, ganz besonders für jemanden wie mich, der wahnsinnig auf gute Konzepte und kontextuellen Sound steht. Big Fish Theory ist definitiv ein Paradebeispiel dafür und der Mann dahinter hat dafür auf jeden Fall jede Anerkennung verdient. Jetzt endlich auch die von mir.





Persönliche Highlights: Crabs in A Bucket / Big Fish / Alyssa Interlude / Yeah Right / Homage / SAMO / Party People / BigBak

Nicht mein Fall: 745 / Rain Come Down

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