Dienstag, 4. Juli 2017

Es ist ein Fest

Ich hatte hier schon mächtig Ärger wegen Royal Blood. Als die Briten 2014 ihr selbstbetiteltes Debüt veröffentlichten, rannten mir ein paar Leser*innen regelrecht die Bude ein, dass ich über die Platte doch bitte schreiben soll. Und ich konnte die auch ziemlich gut verstehen. In den letzten Jahren haben wenige so geradeaus konservative Rockmusik spielende Acts so viel Erfolg gehabt wie diese beiden Musiker und jene erste LP triefte geradezu vor fetten Riffs, großen Melodien und Garagen-Swagger. Mein Problem damit war lediglich, dass Royal Blood damit quasi sämtliche anderen momentan erfolgreichen Rockbands schamlos kopierten. Die meisten Songs damals klangen wie eine gut abgestimmte Mischung aus Queens of the Stone Age, den Black Keys und Jack White, boten also für mich absolut nichts, was ich nicht schon kannte. Es bestand kein Zweifel daran, dass Royal Blood Hits schreiben konnten, nur besaßen diese eben null Persönlichkeit. Und ich hätte nicht gedacht, dass sie das jemals tun würden. Gerade im Angesicht der Tatsache, dass die Zwei mit diesem Rezept ja ziemlich erfolgreich waren. Doch was How Did We Get So Dark? drei Jahre später mit dem Sound der Band anrichtet, ist einigermaßen spektakulär. Dabei ist in der Theorie alles beim alten: Das Duo spielt nach vorne arbeitende, derbe Rocksongs, die so gut wie alle mächtig die Gehörgänge durchpusten, die Produktion pumpt ordentlich und noch immer kommt viel Spirit von Josh Homme und Jack White durch. Doch klingen die Songs diesmal um Welten kreativer, bieten mehr Überraschungen und sind zuweilen sogar ziemlich programmatisch. Im Vergleich zum Debüt ist How Did We Get So Dark? tatsächlich um einiges düsterer, schlägt deutlich härtere Töne an und hat etwas verruchtes an sich. Besonders der grandiose Titeltrack und Stücke wie She's Creeping oder Look Like You Know fallen in dieser Hinsicht auf. Was jedoch alle Songs gemeinsam haben ist, dass sie einfach gut gemacht sind. Zwar sind Royal Blood hier noch immer alles andere als originell, doch sie wissen ihre Einflüsse diesmal gut zu verarbeiten, sodass unterm Strich ein unglaublich unterhaltsames Gesamtkonzept steht, dass sogar einem Rock'n'Roll-Pessimisten wie mir das Blut in Wallung bringt. Und die Leute, die sowieso schon auf solches Zeug stehen, werden das hier daher doppelt feiern. Denn How Did We Get So Dark? ist am Ende des Tages tatsächlich ein Fest. Ein Fest der großen Rockmusik, wie es sie 2017 eigentlich schon gar nicht mehr gäbe, wenn man nicht diese beherzten Menschen hätte, die eben doch immer wieder losholzen können und auch einem Mainstream-Publikum geschlossen Nackenschmerzen bescheren. Dafür muss man Royal Blood lieben und ich habe das inzwischen auch gelernt. Aber nur, weil es inzwischen echt unmöglich ist, diese Jungs nicht geil zu finden.





Persönliche Highlights: How Did We Get So Dark? / I Only Lie When I Love You / She's Creeping / Look Like You Know / Where Are You Now? / Hook, Line & Sinker

Nicht mein Fall: Hole in Your Heart

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