Dienstag, 11. Juli 2017

Realsatire

Was hat man sich nicht die Hände gerieben in der deutsche HipHop-Szene in Erwartung auf dieses Album. Seit mittlerweile einem halben Jahr warten so gut wie alle, ob nun Gangster-Rapper, Twitter-Atzen, Journalisten oder Oldschool-Rucksacker, auf Epic. Die Platte, die mehr oder weniger die Karriere von Fler 2017 bedeutet. Nachdem der Berliner im letzten Jahr mit Vibe das kleine Wunder vollbrachte, mit einer guten LP das Image wieder aufzuputzen, dass er in den Jahren davor mit diversen dämlichen Interviews und sinnlosen Beefs ruiniert hatte, wird es hier ganz besonders spannend. Schafft es Frank White, an den Erfolg des Vorgängers anzuschließen und wieder langfristig musikalisch zu überzeugen oder war Vibe einfach nur mehr Glück als Verstand? In jedem Fall würde der Unterhaltungswert von Epic extrem hoch sein und die ganze langwierige und leidige Promophase hätte sich gelohnt. Und wer die vorab veröffentlichten Singles der Platte kennt, der weiß, dass es wirklich leidig war. Bis zuletzt hatte die ganze Angelegenheit etwas von Schrödingers Katze, die niemand aus dem Sack lassen wollte. Es gab ziemlich coole Nummern wie Makellos, bei denen man echt dachte, dass es mit der Erfolgssträhne weitergehen würde, die aber kurz danach durch Totalausfälle wie Slowmotion wieder vernichtet wurden. Man wusste also nie wirklich was abgeht. Und als sich letzten Freitag die ganze Spannung entlud, war die Ernüchterung bei mir entsprechend groß. Von allen möglichen Varianten, wie die Geschichte hätte ausgehen können, ist in meinen Augen vielleicht die schlimmste passiert. Fler und Jalil machen hier das Album, das mit allem Mitteln versucht, Vibe zu sein, dieses Unternehmen aber mit Karacho gegen die Wand fährt. Im Versuch, die trappige Ästhetik und den minimalistischen Ansatz der letzten LP noch weiter zu treiben, entsteht hier eine Platte, die zwar richtig gut produziert ist und mit hochwertigen Beats punktet, inhaltlich aber vollkommen flachfällt. Und im Gegensatz zur Aussage des Künstlers, dass dieser Sound mit dem der ach so innovativen Ami-Rapper gleichzieht, ist er wohl eher eine miese Karikatur der Trap-Szene der letzten Jahre. Schon die Art und Weise, wie beide MCs hier versuchen, den Flow von Leuten wie OG Maco und Gucci Mane zu imitieren, ist absolut lächerlich und wer hier die Vocal-Takes aufgenommen hat, muss sehr verzweifelt gewesen sein. Dass Flizzy einen, ähem...eigenen Stil hat, wissen die, die ihn vorher gehört haben, schon lange und man kann das irgendwie noch als Realness verkaufen. Doch was Jalil angeht, so muss ich einfach sagen, dass der Typ kein Talent hat. So oft wie er hier Silben vernuschelt oder die einfachsten Lines nicht hinbekommt, trägt er zu dieser Platte kaum etwas bei. Sogar die beiden Feature-Gäste Remoe und Mortel leisten in meinen Augen mehr als er. Und da haben wir mit den komplett depperten Lyrics noch gar nicht mal angefangen. Mit Mumble-Rap hat das ganze übrigens nichts zu tun, dafür sind sich die beiden ja zu real. Wer den Anspruch hat, zu wissen, wovon er redet (und Fler weiß, wovon er redet!), kann sich eben nicht auf die gemütliche ironische Distanz berufen, die jemand wie LGoony oder Juicy Gay hat. Und sobald es ernst gemeint ist, werden das ewige Aufzählen von teuren Automarken, das gequatsche von Bitches und Hustensaft und tausendfach wiederholte Bars eben schon schnell langweilig. Besonders wenn scheinbar keinerlei Kreativität in diese Songs geflossen ist. Unterm Strich bleibt dann also die hübsche klangliche Ästhetik, die aber ohne den entsprechenden Content nicht viel bringt. Das Wunder von Vibe konnte Fler hier definitiv nicht noch einmal wiederholen. Viel eher hat er sich in eine neue Dimension der Peinlichkeit manövriert, die in meinen Augen sogar noch ein bisschen Fremdscham-intensiver ist als alles vorher. Bewiesen hat er mit dieser LP letztendlich nur sich selbst etwas. Aber das hätte er mit jedem anderen Blödsinn auch geschafft.





Persönliche Highlights: Hype / Zenit / Alles VVS / Flex'n / Coogi / Makellos / Regen / Paradies

Nicht mein Fall: Standing / Slowmotion / Mir gehört die Nacht / On-Off-Beziehung / Rudel

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