Sonntag, 18. Juni 2023

Die Wochenschau (09.06.-16.06.2023): Janelle Monáe, Christine & the Queens, King Krule und und und...


 
 
 
 
 
Squid - O MonolithSQUID
O Monolith
Warp


Mit ihrem sehnlich erwarteten Debüt Bright Green Field scheiterten Squid vor zwei Jahren nur knapp an meiner Top 30 und bewiesen darüber hinaus großes Potenzial, langfristig die coolste Band der ganzen Windmill-Postpunk-Indieprog-Bubble um Black Midi und Black Country, New Road zu werden. Zumindest wenn es nach mir ging. Eine Prognose, die Album Nummer zwei nun bestätigen sollte und das gleichermaßen tut und nicht tut. Grundsätzlich metern die Briten dabei an vielen Punkten munter weiter in ihrem collagenhaften Sound zwischen zeitgenössischem Artpunk-Entwurf, proggiger Attitüde, zappaesken Lyrics und einer Prise Jazz und Krautrock und streuen dabei auch weiter ordentlich. Siphon Song erinnert mit seiner gediegenen Ästhetik an experimentelle Postrock-Gruppen wie Tortoise, Maserati oder Mogwai, the Blades könnte auch eine der besseren Radiohead-B-Seiten sein und der Closer If You Had Seen the Bull's Swimming Attempts You Would Have Stayed Away (Nerds!) channelt ein bisschen Mathrock und Slint-Verehrung. Songwriterisch ist das auch alles sehr kreativ und cool, eine herausragende Rolle nehmen Squid damit aber unter ihren Zeitgenoss*innen nicht mehr ein. Gerade zwischen den Schultern der Artverwandten aus der Homezone wirkt O Monolith ein bisschen wie das Album, das jetzt stilistisch nachzieht und deren Ideen gekonnt umsetzt. Ohne den Innovationsbonus vom letzten Mal.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11



Janelle Monáe - The Age of PleasureJANELLE MONÁE
the Age of Pleasure
Wondaland


Als vor fünf Jahren das letzte Mal ein Album von Janelle Monáe erschien, konnte man die lange Wartezeit dahin mit dem Umstand rechtfertigen, dass die Künstlerin zwischendurch auch Abseits der Musik ihre vielseitigen Talente eingesetzt hatte und auch ohne neue Platte ziemlich busy war. 2023 hat man eher das Gefühl, dass sie die letzten drei Jahre durchgehend im Urlaub war und niemand was von ihr mitbekam. Eine Wirkung, die auch dieses neue Album durchaus unterstreicht, klingt es doch wie das Produkt besonders ausgedehnter und intensiver Flitterwochen, die einen Titel wie the Age of Pleasure ziemlich unverhohlen umsetzen. In Monàes Songs geht es diesmal meistens um Sex, aber auch manchmal ums Geld ausgeben, um positive Lebenseinstellungen oder um starke Selbstbilder. Dinge, die auch ihr letztes Werk Dirty Computer irgendwie verhandelte, die diesmal aber irgendwie cooler und lockerer rübergebracht sind. Passend dazu orientiert sie sich klanglich vor allem an den Künstlerinnen wie Lizzo, die ja zuletzt ebenfalls durch viel Attitüde und Spaßfaktor erfrischend auffielen, gelegentlich holt sie aber auch Bedroom Pop und Reggae-Elemente mit an Bord. Ein bisschen schade finde ich dabei, dass viele der hochkarätigen Features (unter anderem Grace Jones und Sister Nancy!) nur in den Interludes Platz finden und damit ein bisschen zur Seite gekehrt werden, andererseits ist Monáe an vielen Punkten trotzdem charismatisch genug, um ihre Songs auch ohne Legendenbonus zu verkaufen. Zwar auch nicht so krass wie auf ihren ersten Platten (ich für meinen Teil warte immer noch auf die Konklusion der Metroid-Saga), aber immerhin eine ganze Ecke besser als mit der letzten.
 
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11
 
 
 
 
King Krule - Space HeavyKING KRULE
Space Heavy
Matador

So sehr ich die Musik von Archy Marshall in den vergangenen Jahren auch mochte, war darin schon immer irgendwie das Potenzial zu spüren, dass diese eines Tages mal sehr monoton und trocken klingen könnte. Und obwohl Space Heavy noch nicht wirklich das Album ist, mit dem das passiert ist, geht es doch stärker in diese Richtung als alle seine Vorgänger. Marshalls inzwischen gewohnter Sound zwischen Postpunk, Jazz, Slowcore und Schlafzimmerpop ist hier weiterhin sehr düster und zerfahren und vermittelt nach wie vor einen gewissen Vibe, songwriterisch ist er aber nicht ansatzweise so spannend wie viele Sachen auf the Ooz oder Man Alive. Dass die musikalische Ästhetik nicht komplett in sich zusammenbricht und es sogar eine handvoll cooler Songs wie den an Cloud Nothings erinnernden Titeltrack oder das schlurfende Flimsier gibt, ist da eigentlich erstaunlich. Und ein Teil von mir würde Space Heavy deswegen eigentlich gern weniger mögen. 

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11




CHRISTINE & THE QUEENS
Paranoïa, Angels, True Love
Because
 
 
 
Dass es erst ein fast hundertminütiges Dreifachalbum mit haufenweise hochkarätiger Beteiligung gebraucht hat, um Christine & the Queens bei mir nicht mehr unter ferner liefen passieren zu lassen, ist sicherlich keine Glanztat von mir und mittlerweile habe ich definitiv den optimalen Zeitpunkt verpasst, um in den Output des französischen One-Man-Projekts einzusteigen. Dass ich seine Musik deswegen besser finde, heißt das aber noch lange nicht. Der Grund, weshalb ich in den vergangenen Jahren so nachlässig seine wichtigsten Alben behandelte, war ja der, dass diese mir musikalisch nicht viel gaben. Und um ehrlich zu sein macht es dieser kreative Overkill mit Paranoïa, Angels, True Love sogar noch schlimmer. Hauptproblem ist dabei das klassische Mehrfachalben-Dilemma, dass Chris zwischen den vereinzelten Perlen wie Full of Life oder Marvin Descending, die tatsächlich große Klasse sind, jede Menge überflüssige Füllertracks stopft, denen dann auch Features von 070 Shake oder Madonna nicht weiterhelfen. Ein sehr fahriges Album mit starken Ansätzen, dass sich für meine Begriffe einfach ein bisschen zu wichtig macht.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠⚫⚫⚫⚫ 06/11




BELL WITCH
Future's Shadow Part 1: The Clandestine Gate
Profound Lore

Bell Witch - Future's Shadow Part 1: The Clandestine GateBell Witch aus Seattle sind mit ihren träge schleichenden Ein-Song-Doom-Metal-Monsteralben schon lange eine Band, die ich sehr gerne cooler finden würde, die das mit ihren bisherigen Platten, die mir immer irgendwie zu seifig und zu wenig verdichtet waren, aber nicht wirklich geschafft hat. Und die neueste LP the Clandestine Gate ist dabei noch immer nicht das gelbe vom Ei, geht aber in vielerlei Hinsicht in die richtige Richtung. Der 83-mintüge Longtrack geht kompositorisch durch viele Stimmungen und zeigt das Oeuvre der Band von diversen Seiten, hakt aber manchmal immer noch an den teilweise sehr seichten, postrockigen Passagen, die ich einfach ein bisschen lahm finde. Ganz zu schweigen davon, dass die Produktion noch einen Ticken druckvoller sein könnte. Nichtsdestotrotz das - wie ich finde - bisher beste Album der Gruppe.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11



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