Samstag, 3. Juni 2023

Die Wochenschau (27.05.-02.06.2023): Fatoni, Kesha, Feine Sahne Fischfilet, Billy Woods & Kenny Segal, Kaytraminé, Lil Durk


 

 
 
 
 
 

BILLY WOODS & KENNY SEGAL

Maps
Backwoodz | Fat Possum


Es schmerzt mich, sowas zu sagen, weil ich Kenny Segal eigentlich klasse finde, aber wie schon auf seiner letzten Kollaboration mit Billy Woods auf Hiding Places 2019 resultiert die Chemie dieser beiden auch hier in einem der schwächeren Alben in dessen Diskografie. Das liegt weißgott nicht ausschließlich an Segal, der hier zumindest einen soliden Job macht, denn auch im Gesamtkonzept passen einige Sachen nicht so wirklich. Statt über weltumspannende Konzepte und metaphysische Beobachtungen schreibt Woods diesmal vor allem über seine eigenen Erlebnisse auf Tour, was zwar auch nicht uninteressant ist, ihm aber seltener die Möglichkeit gibt, lyrisch so sehr zu brillieren wie sonst immer und ein bisschen unspektakulär sein kann. Außerdem sind auch die meisten Features auf Maps nicht unbedingt die besten und tragen oft wenig zu einer übergreifenden Ästhetik bei, die ohnehin schon ziemlich lose ist. Eine miese Platte ist das Ergebnis dabei keinesfalls, nur bin ich von diesen beiden Künstlern in den letzten Jahren immer sehr verwöhnt wurden, was so eine okaye LP jetzt schon zu einem Rückschritt macht.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11




LIL DURK
Almost Healed
Alamo

Lil Durk hat ein bisschen das gleiche Problem wie Megan Thee Stallion letztes Jahr: Eigentlich will er hier ein Album machen, das ihn emotional betroffen zeigt und vor allem die tragischen Todesfälle behandeln soll, die in der jüngeren Vergangenheit um ihn herum passiert sind. Und obwohl es durchaus einige Momente gibt, in denen Durk das tut und auch wirklich etwas zu sagen hat, ist er in dieser Emotionalität doch ziemlich unstet und schreibt auf der anderen Seite wieder haufenweise hedonistische Partybanger, die es schwierig machen, ihm das Statement des trauernden Hinterbliebenen abzunehmen. Das sind zwar dann nicht selten auch gute Songs und vielschichtig ist Almost Healed so auf jeden Fall, dabei aber eben auch klanglich unfokussiert und qualitativ sehr durchwachsen. 

🔴🔴🔴🟠🟠⚫⚫⚫⚫ 05/11






FEINE SAHNE FISCHFILET
Alles glänzt
Plattenweg


Fünf Jahre sind seit dem letzten Longplayer von Feine Sahne Fischfilet vergangen, die Pause war gerade in den letzten davon mit einem Buch von Monchi und Vorwürfen sexueller Gewalt auch nicht gerade ereignislos. Angesichts dessen hatte ich auf Alles glänzt ein bisschen ein Album mit Katerstimmung erwartet, stattdessen ist aber Energie zurück. Ich will hier keine Platte über den grünen Klee loben, die so vorbelastet wie diese daherkommt und viele Dinge, die ich in der Vergangenheit über die Mecklenburger geschrieben habe, würde ich jetzt mit einem großen Fragezeichen versehen, rein musikalisch ist das hier aber die Erholung, auf die ich nach dem Formtief von Sturm & Dreck gehofft hatte. Die Totehosigkeit von dort ist zwar hier auch wieder zu spüren und Feine Sahne haben auch 2023 keine Scheu davor, kommerziell zu klingen, doch kommt das ganze hier dann doch wieder mit etwas besserem Songwriting um die Ecke und wirkt nicht so pathetisch-schnulzig wie auf dem Vorgänger. Die musikalischen Glanzmomente früherer Alben findet die Band dabei zwar auch nicht wieder, man kann ihnen aber zumindest bescheinigen, wieder eine Punkband zu sein. Wobei dabei nur noch die Frage bleibt, wie sie aktuell zu den Werten der Szene stehen.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11



Kaytraminé - KaytraminéKAYTRAMINÉ
Kaytraminé
CLBN


Nach Scaring the Hoes vom Frühling die zweite richtig große Rap-Kollabo dieser Saison und vielleicht sogar ein bisschen die, auf die ich mich mehr gefreut hatte. Denn mit Producer Kaytranada und Rapper Aminé kommen hier zwei Typen zusammen, bei denen ich schon im Vorfeld eine gewisse Chemie erahnen konnte, die hier letztlich auch stattfindet. Zwar ist Kaytraminé auch alles andere als ein großes Meisterwerk sondern (wie Scaring the Hoes) eher eine dieser lockeren, spaßigen Kollabos, die beiden Beteiligten laden die ganze Sache aber mit einer angenehmen Energie auf. Insbesondere Kaytranada hinterlässt dadurch einen bleibenden Eindruck, wie er in vielen Songs seinen inneren Timbaland channelt und seine gewohnt dancigen Beats hier nochmal ganz neu perspektiviert. Und obwohl Aminé auch auf diesem Album kein Rapper ist, der mir durch eine besondere Persönlichkeit auffällt und wie auf seinen Soloplatten eher funktioniert als begeistert, kann ich auch ihm hier keinen Vorwurf machen. Insgesamt also eine solide Platte mit wenig zum Staunen, aber auch mit nichts zum meckern.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11





Fatoni - Wunderbare WeltFATONI
Wunderbare Welt
LOL


Wenn Fatonis letzte Soloplatte Andorra 2019 der einigermaßen erfolgreiche Versuch war, eine Symbiose aus seiner Persönlichkeit als Spaßrapper und der des ernsthaft-nachdenklichen Singer-Songwriters zu formen, dann ist Wunderbare Welt das Album das zeigt, wie diese Symbiose als größtenteils gescheitertes Konzept aussieht. Denn im erneuten Zusammenformen zweier musikalischer Phänotypen geht hier leider ein bisschen der eine, allumfassende Charakter verloren, den ich von Fatoni bisher ganz gerne mochte. Soll heißen, dass viele Songs sich einfach sehr auf Allgemeinplätze berufen und dabei weder wirklich einen originellen Witz mitbringen noch ein wirklich tiefschürfendes Statement, das mich zum Nachdenken bringt. Viel schreibt der Münchner dabei über seine Vergangenheit und das damit einhergehende Was-wäre-wenn seines Lebens und der Gesellschaft, das aber oft nur bedingt spannende Stories mit sich bringt. Auf der anderen Seite gibt es Tracks wie Fröhlich oder Dumm, die sich mit billigen Punchlines an sehr oberflächlichen Themen abarbeiten und damit weit hinter Ideen zurückbleiben, die Fatoni auf früheren Platten besser hatte. Die größtenteils von Dexter stammende Produktion verhindert dabei manchmal schlimmeres und effektiv schlecht ist Wunderbare Welt selten, doch ist es bisher mit Abstand das belangloseste Album dieses Künstlers. Und das ist dann schon echt schade.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠⚫⚫⚫⚫ 06/11



Kesha - Gag OrderKESHA
Gag Order
Kemosabe


Ich würde es Kesha so sehr wünschen, dass sie mit ihren albumgewordenen Befreiungsschlägen im Nachgang der ganzen Dr. Luke-Tragödie doch noch die eine Platte macht, die auch qualitativ und musikalisch das Meisterwerk ist, das sie verdient hätte. Mit Gag Order ist das aber leider mal wieder nicht der Fall. Als ihre inhaltlich brutalste und klanglich unangepassteste LP bisher hätte sie dazu zwar ernsthaft das Potenzial gehabt, gerade im Songwriting ist die Umsetzung aber doch immer wieder so lala. Klar gibt es starke Songs wie Something to Believe in oder Hate Me Harder, die ein bisschen den Hayley Williams-Schub ins Experimentelle wagen und dabei zumindest coole Ansätze haben, dazwischen aber auch immer wieder Balladen wie Living in My Head, die trotz ihrer angreifenden Texte durchaus mal belanglos wirken können oder Sachen wie das Bit mit den Katzen in the Drama, die auch einfach mal unfokussiert und quatschig wirken. Dabei würde ich Kesha grundlegend durchaus bescheinigen, dass sie künstlerisch auf dem richtigen Weg ist. Sie geht ihn momentan nur irgendwie im Kreis.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠⚫⚫⚫⚫ 06/11



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