Freitag, 9. Juni 2023

Die Wochenschau (03.06.-09.06.2023): Peter Fox, Foo Fighters, Arlo Parks und und und...


 
 
 
 
 
FROZEN SOUL
Glacial Domination
Century Media
 
Frozen Soul - Glacial DominationEs hat sich nach dem bestenfalls okayen, aber durchaus verheißungsvollen Debüt vom Winter 2021 durchaus gelohnt, an diesen Newcomern aus Texas dranzubleiben, denn mit Album Nummer zwei bekommt ihr Sound langsam eine echt ansprechende Form. Diese besteht aktuell aus einem scharfkantigen Death Metal-Entwurf mit ordentlich Thrash-Schlagseite, der auf Glacial Domination in den meisten Momenten äußerst solide über die Bühne gebracht wird. Ein paar schwächere Tracks im Mittelteil gibt es noch, aber auf dem richtigen Weg ist diese Band mit Sicherheit.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11






Arlo Parks - My Soft MachineARLO PARKS
My Soft Machine
Transgressive

Als ich im Sommer vor zwei Jahren das erste Mal auf das Debütalbum von Arlo Parks aufmerksam wurde, war sie ein frisches Gesicht mit viel zu sagen, die ich vor allem deshalb mochte, weil sie in ihren Songs so souverän und reif wirkte. Dass sie zum Zeitpunkt ihres nächsten Albumturnus zum Shooting Star der Indiekids und Liebling der Kritik werden würde, lag also irgendwie in der Luft. Und unabhängig von meiner persönlichen Einschätzung wird My Soft Machine wahrscheinlich das Album werden, mit dem ihre Karriere erst richtig Fahrt aufnimmt. Was ich für Parks als Künstlerin redlich verdient finde, für diese LP allerdings nicht unbedingt. Denn nachdem Collapsed in Subeams zuletzt eine Songwriterin zeigte, die ihr queeres Mental Health-Lamento mit einer bestechenden Eingängigkeit verband, wirkt hier bereits ein bisschen die Luft aus dem Sack. Die zwölf Songs sind immer noch grundsätzlich gut, begeistern mich aber nur selten durch ihr Songwriting oder die Performance der Sängerin und weisen einen eklatanten Mangel an Höhepunkten auf. Einen Sophomore Slump würde ich Soft Machine deshalb nicht gleich nennen, nur werde ich ab jetzt wahrscheinlich einer der nervigen Leute werden, die den neuen Fans sagen, dass das Debüt ja so viel cooler war. 

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11



KEVIN MORBY
More Photographs (A Continuum)
Dead Oceans

Kevin Morby - More Photographs (A Continuum)Es ist vielleicht das beste Album con Kevin Morby seit dem großartigen Singing Saw, mindestens aber seit dessen Nachfolger City Music von 2017. Und das wo ich schon dachte, die etwas charakterlosen und ganz schön okayen Platten aus den letzten Jahren, darunter mit This is A Photograph die LP, auf der diese hier überhaupt erst basiert, seien der neue Modus Operandi des Texaners. Stattdessen geht hier nochmal ein ordentlicher Ruck durch dessen schelmisch-garagigen Songwriting-Entwurf und mit Tracks wie Bittersweet, Tennessee oder Five Easy Pieces Revisited schreibt er seine erinnerungswürdigsten Stücke seit langem. Ganz so gut wie zu den besten Zeiten sind die zwar im Endeffekt auch nicht, doch freue ich mich immerhin darüber, dass wieder etwas Persönlichkeit in der Musik dieses Typen ist. Und von da aus können wir ja alles weitere besprechen.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11







Peter Fox - Love SongsPETER FOX
Love Songs
Warner

Ich finde es ein bisschen traurig, wie wenig Vorfreude das erste Soloalbum von Peter Fox seit 15 Jahren bei mir in den letzten Monaten ausgelöst hat, ich kann aber auch nicht sagen, dass es dafür keine triftigen Gründe gegeben hätte. Erstens: Obwohl Stadtaffe 2008 das erste Album war, das ich selbst physisch besaß, ich auf der daran anschließenden Tour mein erstes richtiges Konzert besuchte und ich auf der Platte wahrscheinlich noch immer jeden Song auswendig kann, ist vieles daran in meinen Augen doch schlechter gealtert als ich es selbst zugeben will. Zweitens: Schon von Anfang an war klar, dass man mit Love Songs kein stilistisch ähnliches Produkt erwarten würde, sondern die LP Teil der zwanghaften Klangverjüngung sein dürfte, mit der Peter Fox im Rahmen von Seeed und auf Features jetzt schon seit einigen Jahren nervt. Statt einem Filmorchester gibt es hier Dembo und südafrikanischen Dancepop, Gesungen wird wieder übers Kiffen ohne Axt im Bein und im Vergleich zum teils doch sehr dreckigen und düsteren Vorgänger klingt vieles hier sommerlich, aufgeräumt und fast schon naiv optimistisch. Gute Passagen gibt es dabei durchaus, egal ob das nun in Songs wie Ein Auge blau oder Gegengift passiert, die doch noch ein bisschen an 2008 erinnern, oder mit welchen wie Vergessen wie, die den jüngeren Platten von Seeed ähnlicher sind. Leider fühlt sich das aber durchweg nicht so griffig und tiefgreifend an wie auf Stadtaffe und vor allem lyrisch sorgt die weinschorlige Leichtigkeit der LP auch ein bisschen für belanglose Momente. Dass es dann außerdem Songs wie Disney, Weisse Fahnen oder Toscana Fanboys gibt (im Falle von letzterem leider, über nichts hatte ich mich im Vorfeld mehr gefreut als die Ankündigung eines Adriano Celentano-Features!), die effektiv ziemlich doof sind, macht das ganze noch mittelmäßiger. Nicht immer ist Love Songs also mies, es ist aber bezeichnend wenn ein so problembehaftetes Projekt wie Stadtaffe daneben plötzlich wieder wie das Meisterwerk wirkt, das es eigentlich schon lange nicht mehr ist. Und im Gegensatz zu dem wird von dieser Platte wahrscheinlich wenig nachhaltiges bleiben. Und gerade das war irgendwann mal die größte Stärke dieses Musikers.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠⚫⚫⚫⚫ 06/11






KINLAW
Weld
Drowned by Locals

Kinlaw - WeldWahrscheinlich eines der internationalsten Alben, die ich in meinem Leben bisher gehört habe und damit mindestens eines der spannendsten in dieser bisherigen Saison. Auf 17 Tracks bringt der britische Produzent Kinlaw hier 17 MCs aus aller Welt zusammen, was in diesem Fall wirklich von überall heißt. Weld springt von einem Song zum nächsten zwischen arabischen, spanischen, englischen und französischen Lyrics hin und her, wobei das nur die Sprachen sind, die ich auf der Platte identifizieren kann. Die Gäste kommen dabei aus Togo, Uganda, Palästina und Ägypten, haben aber in vielen Fällen auch Verbindungen zu Kinlaws Homezone in Bristol. Und wenn man jetzt denkt, dass das das einzig spannende an dieser Platte ist, hat man noch gar nicht über die Grenzerfahrung gesprochen, die Weld musikalisch ist. Denn auch hier passiert so einiges großartiges. Generell würde ich vieles hier als abstrakten Hiphop bezeichnen, aber weniger aus der gediegenen, introvertierten Richtung einer Moor Mother als viel eher als ziemlich grantige Mischung zwischen dem Industrial Rap von Clipping und der elektronischen Freakyness des Nyege Nyege-Labels. Spannend sind die Songs aber dabei immer und werden nicht dadurch gestört, dass vieles hier sehr unstet und inkohärent ist. Und wo es damit sicherlich nicht die zugänglichste Platte ist, lohnt sich das Risiko in diesem Fall durchaus, wenn man mal ein paar völlig andere Facetten experimenteller Rapmusik hören will.
 
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11



IMMORTAL
War Against All
Nuclear Blast

Immortal - War Against AllDas zweite Immortal-Album ohne Abbath ist erwartbar ein weiteres extrem kitschig-frostiges Black Metal-Werkstück der sehr klassischen Sorte, das alles in allem aber ziemlich solide abliefert. An den kaskadischen Riffs der Band und insbesondere an Demonaz' keifigem Gesang kann man sich fast schon schneiden, so gratig und höhenlastig sind Performance und Produktion, dazu geht es lyrisch vor allem um Lieblingsthemen wie finstere Dämonenhoren, das Abschlachten selbiger oder den ewigen Winter, vor dessen Kulisse das alles stattfindet. Und das ist dann sicherlich alles ein bisschen ahnbar und stereotyp, von einer Band wie dieser erwarte ich aber nichts anderes. Mit oder ohne ihr wichtigstes Mitglied.
 
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11
 
 
 
Foo Fighters - But Here We AreFOO FIGHTERS
But Here We Are
Roswell

Zum zweiten Mal in seiner Karriere ist Dave Grohl 2023 bereits in der wenig beneidenswerten Situation, an dem er nach dem Verlust wichtiger Menschen in seinem Umfeld diese verarbeiten muss und die Musik der Foo Fighters darauf eine Reaktion darstellt. 1995 war das mit dem selbstbetitelten Debüt und dem Tod von Kurt Cobain das erste Mal der Fall, diesmal starben innerhalb erschreckend kurzer Zeit sowohl seine Mutter als auch der langjährige Schlagzeuger der Foo Fighters, Taylor Hawkins. Wo das Erstlingswerk damals aber vor allem einen Frontmann zeigte, der mit einer bestechenden Sturheit nach vorn blickte und wenig offene Trauerarbeit zuließ, ist But Here We Are zumindest inhaltlich sehr nah am Thema. Wobei beide Alben gemeinsam haben, dass Grohl mit einem gewissen Trotz an jener hymnischen Rockigkeit festhält, die diese Band immer ausgemacht hat. Tatsächlich stelle ich an vielen Punkten im Songwriting fest, dass die neuen Songs klanglich wieder Elemente wie die leicht shoegazigen Gitarrenparts und sanften Melodieführungen aufgreifen, die man lange nicht mehr von den Foo Fighters gehört hat und die schon ein bisschen nostalgisch wirken. Leider heißt das dann aber auch, dass viele der starken Elemente, die gerade ihr letztes Album für mich so stark machten, hier nicht mehr stattfinden und ich das meiste musikalisch eher okay als inspirierend finde. Als emotionales Statement von Grohl und seiner Band macht das But Here We Are aber nicht schlechter.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11




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