Samstag, 4. März 2023

Die Wochenschau (24.02.-03.03.): Gorillaz, Nina Chuba, Logic und und und...


 
 
 
 
 
 
Gorillaz - Cracker IslandGORILLAZ
Cracker Island
Parlophone

Cracker Island war Anfang dieser Saison das erste Gorillaz-Album seit Humanz, dem ich wirklich mit freudiger Erwartung entgegen sah, was hauptsächlich an ein paar echt guten Leadsingles - allen voran New Gold mit Tame Impala und Bootie Brown - lag. Leider wurden diese vorsichtigen Hoffnungen aber auch diesmal wieder enttäuscht. Im Vergleich zum schnarchnasigen Song Machine 1 von 2020 liefern Damon Albarn und Kollegen hier zwar ein paar bessere Einzelstücke wie den Titeltrack oder eben New Gold, im großen und ganzen ist das Ergebnis aber wieder von den gleichen Problemen geplagt wie seine Vorgänger: Das Songwriting ist durchgehend lahm, die Chemie mit den wie immer sehr namhaften Features stimmt überhaupt nicht (negative Highlights: Der Gastbeitrag von Stevie Nicks in Oil und ein fast nicht wahrnehmbarer Beck in Posession Island), die Produktion ist unglaublich flach und vor allem Damon Albarn als kreativer Kopf des ganzen wirkt nach wie vor ausgebrannt und charakterlos. Auch fehlt für ein erneut so konzeptuell angedachtes Projekt eindeutig der künstlerische rote Faden und einfach auch die Aura des besonderen, die Gorillaz früher selbst auf kleinen Releases hatten. Am Ende also ein weiteres ziemlich schmachvolles Album von Albarn, das die Geschichte der Peinlichkeiten bei dieser Band fortschreibt und ein weiteres Mal jegliche Hoffnung erstickt, die ich bei ihnen noch hatte.

🔴🔴🔴🟠🟠⚫⚫⚫⚫ 05/11



Logic - College ParkLOGIC
College Park
BMG


Eines der besseren Alben von Logic, auch wenn das in diesem Fall eher relativ zu verstehen ist und mit vielen Dingen zu tun hat, die ich schon über seine letzten Platten zu sagen hatte. So ist die Produktion von College Park an vielen Stellen auch hier richtig klasse und als Beatbastler tut sich Robert Bryson Hall ein weiteres mal ganz ordentlich hervor. Auch ist das hier insgesamt ein Album mit einem guten musikalischen Fluss und einer Kohärenz, die es über weite Strecken nicht langweilig macht. Wo mich Logic allerdings nach wie vor auf die Palme bringt ist in seiner Funktion als Rapper und Erzähler dieser Platte, in der er für Peinlichkeiten am laufenden Band sorgt. Wie schon einige seiner vorherigen Projekte ist auch diese LP ein Konzeptalbum mit einer Story, das einen (wahrscheinlich fiktiven) Tag aus seiner Zeit als junger Newcomer erzählt, an dem er mit seinen Kumpels abhängt, Drogen nimmt, einen Tankstellenüberfall miterlebt und am Ende ein Konzert gibt. Doch wo dieses Narrativ an sich kein schlechtes ist oder zumindest Potenzial birgt, nutzt der Erzähler dieses doch immer wieder, um in unangenehm pretenziöses Geschwalle zu verfallen, seinen eigenen Mythos an den Haaren herbeizuziehen und vor allem schlecht zu schauspielern. Insbesondere die ausgedehnten Skits am Anfang und Ende vieler Songs sind an vielen Punkten extrem überflüssig und bringen ein Album, das musikalisch tighte 45 Minuten lang wäre, am Ende auf über eine Stunde Spielzeit, die völlig unnötig ist. Weshalb das ganze den Anstrich eines lockeren, jugendlichen Projekts, der hier sicherlich beabsichtigt war, ganz einfach nicht hat. Und jemand wie Logic kann anscheinend nicht anders, als jede seiner Platten komplett überladen und bedeutungsschwanger aufzudonnern und damit am Ende alles zu sein außer locker. Und man hört ihm leider in jeder Faser an, wie gerne er das wäre.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11



shame - Food for WormsSHAME
Food for Worms
Dead Oceans


In meinem letzten Artikel über eines ihrer Alben mussten Shame aus einer Laune heraus als Sündenböcke für meinen seit Jahren anhaltenden Postpunk-Überdruss herhalten, was ich im Nachhinein mehr als ein bisschen unfair finde. Denn obwohl Drunk Tank Pink sicherlich nicht das originellste Stück Rockmusik der letzten drei Jahre ist, war es musikalisch doch eigentlich ganz cool. Und wenn man sieht, was für einen ordentlichen Schritt nach vorne die Briten auf diesem dritten Longplayer nochmal gemacht haben, war es wohl definitiv falsch von mir, sie letztes Mal so vorschnell kaltzustellen. Food for Worms ist dabei zwar noch immer ein sehr traditionell orientiertes Postpunk-Projekt mit den üblichen Bezügen zu Joy Division, Gang of Four und so weiter, ist aber kompositorisch nochmal tighter und klanglich rockiger. Dass Shame hier Retromusik machen, heißt eben nicht, dass sie dabei auf einen eigenen songwriterischen Charakter verzichten und viele Songs auf dieser Platte sind echte Bretter. Zudem mag ich die über das Album hinweg immer wieder auftauchenden Momente, in denen es ein bisschen mehr in Richtung Shoegaze geht, wobei insbesondere der Closer All the People auch eine gewisse hymnische Qualität aufweist. In meinen Augen haben die Briten damit ihr bisher bestes Stück Musik vorgelegt und werden entgegen meiner ienstigen Prognosen stetig besser. Und das eine Sache, die sie mittlerweile doch eindeutig von den meisten 2010er-Postpunk-Hypebands unterscheidet.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11




EN ATTENDANT ANA
Principia
Trouble in Mind

En Attendant Ana - PrincipiaDieses dritte Album der pariser Janglepop-Formation En Attendant Ana ist ohne Frage der beste Longplayer, den ich in dieser Saison bisher gehört habe und nach anderthalb Jahren der vorsichtigen Entwöhnung die Platte, die mir einen vollumfänglichen Rückfall in die emotionale Abhängigkeit von soft-sommerlichen Gitarrenindiepop beschert. Um das zu schaffen, müssen En Attendant Ana nichts weiter tun als eine Reihe klasse komponierter Tracks zu schreiben, die mich in wärmender Erinnerung an Acts wie die Beths, Laura Veirs oder Tegan & Sara wiegen. Und obwohl das auch bedeutet, dass es über diese Band und dieses Album ansonsten nicht viel zu sagen gibt, sollte das bei mir auch als Begründung dafür reichen, warum ich es so klasse finde.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11





Nina Chuba - GlasNINA CHUBA
Glas
Sony


Nach ihrem gigantischen Durchbruchserfolg mit Wildberry Lillet im letzten Jahr hegte ich ja erstmal eine gesunde Skepsis gegenüber Nina Chuba, da sie für mich durchaus auf dem Weg war, eine dieser vielen unspektakulären, caharakterlosen Gestalten im Schmelztiegel von deutscher Rap- und Popmusik zu werden, die es in Form von Paula Hartmann, Elif oder Lea schon mehr als genug gibt. Ihr offizielles Debüt gut ein Jahr später zeigt aber trotz einer gewissen Zugehörigkeit zu dieser Spezies Popstar, dass sie diese Musik durchaus mit Charakter erfüllen kann und hier ein ziemlich akzeptables Stück Musik vorlegt. Die stilistische Palette ist dabei vor allem von Sachen wie Seeed, Trettmann, Tua und Billie Eilish geprägt und damit schonmal gar nicht verkehrt, in einzelnen Songs hört man außerdem Sachen wie SXTN (Freitag), Haiyti (Tinnitus), Kraftklub (Ich hass dich) oder Annenmaykantereit (Ich glaub ich will heut nicht mehr gehen) heraus. Als Rundumschlag von deutscher Popmusik in den letzten fünf bis sieben Jahren funktioniert Glas also irgendwie. Und auch wenn das bedeutet, dass es lyrisch ab und zu etwas plattitüdig wird und in Sachen Songwriting selten über bewährte Strukturen hinausgeht, schafft es in diesem Spielraum doch stabile Ergebnisse. Ein durchaus guter Einstand also von einer Künstlerin, die ich in Zukunft dann doch gerne öfter hören könnte.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11



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