Freitag, 17. März 2023

Die Wochenschau (11.03.-17.03.): Miley Cyrus, Annenmaykantereit, Kali Uchis, Ufo361



 

 

 

 

AnnenMayKantereit - Es ist Abend und wir sitzen bei mirANNENMAYKANTEREIT
Es ist Abend und wir sitzen bei mir
Die-Ai-Wei


Was fangen wir an mit einer Band wie Annenmaykantereit im Jahr 2023? Einer Band, der der Spott bei Musiknerds mittlerweile meilenweit vorauseilt, deren kommerzieller Erfolg mehr und mehr einbricht und deren letztes Album 12 aus der Mitte der Pandemie eine ziemliche Katastrophe war? Ich für meinen Teil war mir im Vorfeld ihres dritten Longplayers nicht wirklich sicher. Was aber nicht so schlimm ist, weil wenigstens Annenmaykantereit selbst etwas mit sich anzufangen wissen und hier in einer ganz eigenen Demut ihre beste Platte seit dem Debüt machen. Es ist Abend ist nach den etwas vergurkten letzten Jahren zwar auch alles andere als ein glorreiches Comeback und hat mit Erdbeerkuchen einen der schlimmsten Songs der frühen Saison in der Tracklist, viele Probleme der letzten beiden Alben werden hier aber gelöst. So finde ich es in erster Linie fantastisch, dass Henning May sich thematisch endlich davon löst, zwanghaft politische Statements abgeben zu wollen und stattdessen wieder einfach über seine schwierigen Emotionen und Freude und Leid des Lebens singt. Mit Weißhausstraße, Katharina, Lass es kreisen oder dem Titeltrack gelingen ihm dabei einige echt starke Songs, die wieder sehr im Geist des Debüts wirken und die auch von einem inspirierteren Songwriting seitens der Band profitieren. Mit der Fußballballade Kein Stern und dem teilweise auf kölsch gesungenen Closer Tommi gelingen hier außerdem auch wieder etwas abenteuerliche Songs, was mich ganz besonders freut. Und obwohl dann eben trotzdem ein paar Momente wie das altkluge Als ich ein Kind war, das küchenpsychologische 3 Tage am Meer oder das besagte Menschheitsverbrechen Erdbeerkuchen bleiben, ist es im Vergleich zum Vorgänger doch der Schritt in die richtige Richtung, den diese Band in meinen Augen unbedingt gebraucht hat, um nicht komplett peinlich zu werden.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11





KALI UCHIS
Red Moon in Venus
Geffen


 
 
Es mag im Herbst 2020 mit Sin Miedo schonmal ein neues Album von Kali Uchis gegeben haben, im Kontext dieser neuen Platte kann man aber sagen, dass dieses eher so halb zählt. Denn wenn Red Moon in Venus ihre Karriere an irgendeinem Punkt geistig fortsetzt, dann am ehesten dort, wo ihr Debüt Isolation vor fünfeinhalb Jahren aufhörte. Wieder stärker im Neosoul und R'n'B von damals verortet als im Reggaetón und größtenteils auf Englisch getextet findet es erneut sehr in dessen Modus Operandi statt, der Kali Uchis in meinen Augen auch immernoch am besten zu Gesicht steht. Oder zumindest dachte ich das bisher. Denn obwohl ich die klangliche Rückkehr zu ihren Wurzeln grundsätzlich passend finde, ist Red Moon doch in jedem Punkt die deutlich schwächere Kopie des besagten Debüts, das bewährte Motive lediglich ausgedünnt wiederholt. Uchis ist dabei zwar ein bisschen konsistenter im Songwriting und wirkt ganzförmiger, die Einzeltracks sind aber bei weitem nicht so stark wie 2018 und gerade durch die große klangliche Ähnlichkeit beider Platten fällt das immens auf. Und als drittes Album der Künstlerin wirkt das hier somit ein bisschen willenlos und egal, was ziemlich schade ist.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11





UFO361
Love My Life
Stay High | Groove Attack

Ich konnte mir Kommentare über die problematische Natur des Künstlers in den letzten zwei Jahren deshalb größtenteils sparen, weil ich auch über seine Musik zuletzt nicht viel zu sagen hatte und diese passenderweise auch ziemlicher Mist war. Jetzt allerdings gibt es mit Love My Life eben doch wieder ein ziemlich großartiges Album des Berliners, von dem ich ein bisschen auch geahnt habe, dass es irgendwann kommt. Um hier also nochmal Klarheit zu schaffen: Dass ich diese Platte gut finde bedeutet nicht, dass ich mit der Person Ufo361 d'accord bin und dieses Album ohne weiteres gut finden kann. Dass ich es aber ziemlich klasse finde, kann ich auf gewisse Weise nicht bestriten. Wobei die Behauptung, dass diese LP hier hierwahrscheinlich sein bestes ist direkt vom Künstler selbst im Titelsong der Platte getätigt wird. Und obwohl solcherlei Statements an sich meistens ziemliche Red Flags sind, würde ich ihm in dieser Situation tatsächlich mal zustimmen. Wenigstens würde aber ich so weit gehen zu sagen, dass Love My Life die beste Ufo361-LP seit Nur für dich von 2020 ist. Dass sie in Sachen Produktionaufwand und namhafte Features ordentlich auftafelt, ist dabei nur ein Teil der Erfolgsformel. Der andere ist, dass sie das tatsächlich auch künstlerisch verkaufen kann. Auf bisher keinem Album im Bereich Deutschrap habe ich Features von amerikanischen Stareinkäufen (hier unter anderem Offset, Gunna und 070 Shake) gehört, die so gut in den Gesamtflow integriert waren und so wenig hingeschludert und unmotiviert klangen. Auch die Beats sind an vielen Stellen vom feinsten und unterstützen den sehr drückenden und melancholischen Vibe der LP perfekt. Und obgleich Ufo selbst dabei manchmal schon ein bisschen das schwächste Glied in der Kette ist, macht er auf Love My Life ebenfalls einige seiner besten Songs wie Zurich, Nur sie darf oder New Life, die echte charakteristische Größe haben. Was die Platte insgesamt zu einer ziemlich runden und unterhaltsamen Sache macht, auf die ich von ihm in den letzten Jahren immer so ein bisschen gehofft hatte. Leider mit dem bitteren Beigeschmack der unschönen Dinge, die wir inzwischen über diesen Künstler wissen.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11




Miley Cyrus - Endless Summer VacationMILEY CYRUS
Endless Summer Holiday
Columbia


Seit mittlerweile zehn Jahren kann man an quasi jedem Album von Miley Cyrus eine Art stilistisches Thema festmachen, was in dieser Zeit vor allem dafür gesorgt hat, die Kalifornierin seit ihrer Phase als Kinderstar musikalisch extrem wandelbar zu präsentieren. Da gab es das hedonistische Coming-of-Age-Werk Bangerz 2013, den psychedelischen Weird Flex Dead Petz mit den Flaming Lips 2015, das spirituelle Country-Album Younger Now 2017 und erst vor zwei Jahren das retrorockige Plastic Hearts. Jetzt zum ersten Mal seit langer Zeit eine Platte ohne so eindeutige Marschrichtung zu haben, ist also die vielleicht größte Neuerung an Endless Summer Vacation. Wobei ich im Vorhinein eigentlich auch nicht dachte, dass Miley Cyrus sowas heutzutage unbedingt noch braucht. Als Künstlerin ist sie mit 30 Lenzen mittlerweile gestanden genug, dass sie sich nicht mehr beweisen braucht und vor allem auch mal eindeutig sie selbst sein kann. Wobei das, was bei diesem Versuch hier herauskommt, nicht wirklich das erhoffte Ergebnis ist. Denn wo Cyrus als Performerin diesmal vielleicht mehr überzeugt als je zuvor und mir vor allem ihre Stimme immer besser gefällt, ist das Ding songwriterisch doch eher ziemlich blass geworden. Schon auf dem Vorgänger gab es dieses Problem und ein bisschen besser ist es hier schon geworden, nur ergibt sich hier die zusätzliche Schwierigkeit, dass die Songs an vielen Punkten trotz toller lyrischer Thematiken sehr richtungslos sind und nichtssagend irgendwo zwischen Country, R'n'B und Synthpop dümpeln. Weshalb es mich vor allem wundert, warum es gerade vielerorten so gefeiert wird.

🔴🔴🔴🟠🟠⚫⚫⚫⚫ 05/11



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