Mittwoch, 12. Oktober 2022

Das Hauptevent

REAL BAD MAN
PINK SIIFU
Real Bad Flights
Die-Ai-Wei
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ abgebrüht | klassisch | entspannt ]

Ich muss zugeben, dass ich vielleicht etwas einseitig fokussiert war, als ich im Juni diesen Jahres hier das erste Mal über die Musik von Real Bad Man schrieb, um nicht zu sagen dass ich mich dabei eigentlich kaum wirklich mit ihm beschäftigte. Und das obwohl Killing Nothing, das Album im Zentrum des besagten Artikels, eigentlich im wesentlichen ein Teil seines Arbeitskatalogs war und der Rapper Boldy James - über den ich dort im wesentlichen meinen Senf loswurde - prinzipell nur das prominente Anhängsel des Projekts. Weil der aber gerade ein bisschen ein Shooting Star des Hiphop-Untergrunds ist und ich auch über ihn vorher nie geschrieben hatte, musste das an der Stelle eben mal sein. Was am Ende auch gar nicht so schlimm war, denn zum Glück haben wir es bei Real Bad Man mit einem ziemlich fleißigen und qualitativ konsistenten Producer zu tun, der es eben auch schafft, direkt ein paar Monate nach diesem fantastischen ersten Eindruck ein weiteres tolles Album vom Stapel zu lassen, mit dem er seine Serie großartiger Kollaborationen mit spannenden Rapper*innen unmittelbar fortsetzt. Mit Pink Siifu ist dabei diesmal auch ein Sparringpartner am Start, mit dessen Output ich mich etwas besser auskenne und der mir nach einem der besten Hiphop-Longplayer der vergangenen Saison erstmal nichts mehr beweisen muss, weshalb ich über ihn hier nicht so viel zu schreiben habe. Egal wäre das ganze am Ende aber sowieso gewesen, denn wo man auf Killing Nothing noch irgendwie sagen konnte, dass beide Künstler gleichberechtigt agierten, ist Real Bad Flights - wie der Titel schon ziemlich deutlich klarstellen sollte - eindeutig als Brainchild seines Namensgebers zu identifizieren. Und das nicht nur in der Hinsicht, dass der Kalifornier hierfür definitiv seine besten Samples gepickt und sich artistisch besonders verkünstelt hat, auch fühlt sich die Beteiligung von Siifu diesmal eher unterstützend an. Als zweiter Name auf dem Cover hat er zwar auch einen wesentlichen kreativen Anteil am Songwriting und kommt in jedem Song vor, muss sich die Starpower aber auch fast überall mit einer ganzen Riege anderer MC*s teilen, die alle keine halben Sachen machen. So ist der Part von Amani auf Afro Russian defintiv genauso ein Hingucker wie die herrliche Hook von Ahwlee auf View of Paris oder der fetzige Posse Cut, den Siifu in Tokyo Blunts gemeinsam mit Elucid, Billy Woods und Conquest Tony Philipps abliefert. Generell sollte man also an keinem Punkt unterschätzen, wie brilliant dieses Projekt Rap-technisch von allen Beteiligten gemacht ist. Trotzdem oder gerade deswegen ist es erstaunlich, dass der Star und Fokuspunkt der Platte fast zu jedem Zeitpunkt der Produzent selbst bleibt, der ganz ohne vokalistischen Beitrag immer irgendwie den geilsten Part eines jeden Songs performt. Sachen wie das fast schon vaporwavige Softfunk-Gedudel in View of Paris, das verschwurbelte Orgel-Outro in Real Bad Gospel oder der musikalische Twist, der Tokyo Blunts in Teil Zwei nochmal so richtig weird macht. Einzig dem Opener der LP fehlt zum Anfang noch ein bisschen die Zugkraft, was aber nur ein kleines Manko in einem ansonsten durchweg gelungenen und besonderen Stück klassischer Hiphop-Schwarte ist. Und wenn Killing Nothing das Album war, das ihn für mich zu einem Namen machte, den ich weiter verfolgen wollte, ist er spätestens mit diesem hier einer der besten Produzenten, die ich dieses Jahr gehört habe. Wobei ich mich jetzt nicht nur deshalb auf seinen weiteren Output freue, weil er anscheinend immer mit extrem spannenden Rapper*innen zusammenarbeitet, sondern weil er selbst so eine Marke ist. Mit nun inzwischen schon zwei der fettesten Hiphop-Bretter der ganzen Saison, die aus seiner Feder stammen.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11


Persönliche Höhepunkte
Looking for Water | Tokyo Blunts | Afro Russian | View of Paris | Off  the Plane | Pour the Wine | Po Drama

Nicht mein Fall
-

Hat was von
Conway the Machine
La Maquina

Armand Hammer
Rome

1000kilosonar bei last.fm  

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