Donnerstag, 27. Oktober 2022

Besseres zu tun

Freddie Gibbs - $oul $old $eparately
FREDDIE GIBBS
$oul $old $eperately
ESGN | Warner
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ soulig | eingängig | großkotzig ]

Ich höre die Musik von Freddie Gibbs nun inzwischen schon seit gut und gerne acht Jahren und obwohl ich in dieser Zeit mit den meisten seiner Sachen grundsätzlich immer zufrieden war, habe ich doch so langsam die Hoffnung aufgegeben, von ihm doch nochmal ein wirklich bemerkenswertes Album zu bekommen. Nicht falsch verstehen, ich würde mich über so eine Platte natürlich weiterhin freuen und kann im gleichen Atemzug sagen, dass ich bisher auch selten eine seiner Platten als wirklich mies empfand, doch sind eben selbst seine besten Sachen meistens nicht mehr als gute Beiträge in der aktuellen Hiphop-Landschaft, für die maximal höflich applaudiert werden kann. Ein prinzipiell kompetenter Rapper war er dabei schon 2014 auf seinem Durchbruch Piñata, genauso wie 2020 auf seiner bisher letzten LP Alfredo und eigentlich an fast allen Stellen zwischendurch, was ich auch immer wieder betont habe. Was mir dabei allerdings auf weiten Strecken fehlte (und was ich hier ebenfalls nicht zum ersten mal bemängele), war eine wirklich distinguierte Identität, die ihn als Musiker auszeichnete oder vielleicht wenigstens eine künstlerische Entwicklung, die in eine Richtung ging, in der ich Potenzial zum Wachstum sah. Weil diese aber nun fast schon eine Dekade lang nicht passiert ist und der Kalifornier mit $oul $old $eperately noch eine dieser grundsätzlich okayen, aber ästhetisch undefinierten Platten auf die Welt loslässt, wird sich das wohl auch so schnell nicht mehr ändern. Wobei man über vorliegendes neues Album wenigstens sagen kann, dass es durchaus seine Momente hat. Wirkliche negative Ausreißer in Form von Songs gibt es quasi überhaupt nicht, allerhöchstens Sachen wie das ziemlich eingeschlafene Rick Ross-Feature in Lobster Omelette, das käsige Grandma's Stove oder die tatsächlich ganz schön doofe und sinnlose Aneinanderreihung von gesprochenen Interludes, mit denen hier anscheinend eine Art Story-Narrativ aufgebaut werden soll, das aber schon nach ein paar Songs komplett ins nichts führt. Und wenn man sich mal den Highlights zuwendet, gibt es davon durchaus ein paar. So mag ich beispielsweise die energische Trapnummer Too Much, in der sich Freddie und Moneybagg Yo mit sehr respektablen lyrischen Leistungen die Klinke in die Hand geben oder auch das fast schon verhuscht-subtile Feel No Pain, das von einer fantastischen Anderson .Paak-Hook und einem Wahnsinnspart von Raekwon veredelt wird. Wenn es aber um das wirkliche Kronjuwel der LP geht, das als ernsthafter Megahit den Rest der ganzen Platte in den Schatten stellt, dann ist das ohne jeden Zweifel der Opener Couldn't Be Done mit seinem genialen Pianobeat, seiner wunderbaren Hook und dem seltsam deplatzierten Lizzo-Dropeffekt, der nochmal in letzter Konsequenz die Banger-Ansprüche des Tracks unterstreicht. Blöderweise ist es dann aber halt auch der erste Song auf dem Album und baut große Erwartungen auf, die $oul $old $eperately letztlich nur stellenweise erfüllen kann. Denn obwohl auch danach wenig effektiv schlechtes passiert, sind die meisten Stücke der restlichen Dreiviertelstunde eben doch eher Konsens-Gangsterrap für den Durchzug, die ich schnell wieder vergesse, statt wirklich nochmal ein umfangreicherer Aha-Moment. Und klar macht das am Ende noch lange kein schlechtes Album und wie gesagt gibt es zahlreiche prinzipiell starke Tracks, ziemlich auswechselbar klingt das meiste aber trotzdem. Und als solches ist $$$ nun mal leider auch nicht das erste dieser Art von Freddie Gibbs. Weshalb ich mich spätestens an dieser Stelle frage, warum ich immer noch jedes Mal so lange Artikel über ihn schreibe und mir die Zeit nehme, etwas so unspezifisches und okayes ausführlich zu zersetzen, das ich locker auch in zwei Sätzen in einem RYM-Beitrag äußern könnte. Denn relevanten und bemerkenswerten Hiphop, über den ich hier viel lieber reden möchte, gibt es da draußen weiß Gott genug und eigentlich würde ich über den viel lieber reden. Und sollte es bei Gibbs weiterhin so flautenhaft bleiben, dann werde ich das sicherlich auch tun. Lesen tut das Zeug ja am Ende eh niemand.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11



Persönliche Höhepunkte
Couldn't Be Done | Too Much | Space Rabbit | Feel No Pain | PYS | Decoded
 
Nicht mein Fall
Grandma's Stove

Hat was von
Benny the Butcher
Pyrex Picasso

Pusha T
Almost Dry


1000kilosonar bei last.fm  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen