Dienstag, 4. April 2017

Wenn Pac das wüsste...

Ich habe ehrlich gesagt keinen blassen Schimmer, wie um Gottes Willen es Freddie Gibbs geschafft hat, im modernen Verständnis des HipHop tatsächlich zu einem relevanten, stilprägenden Künstler aufzusteigen. Ich meine, er ist jetzt nicht schlecht oder dumm oder so, aber sein allgemeines Talent hält sich zumindest auf den Platten, die ich gehört habe, doch sehr in Grenzen und ist auf jeden Fall weit davon entfernt, in irgendeiner Weise stilistische Grenzen zu pushen oder die besten Antworten auf große Fragen zu finden. Die meisten Leute kennen ihn sicherlich wegen seines 2014 veröffentlichten Albums Piñata, das aber auch nur deswegen gut war, weil Madlib es produzierte und als solches finde ich es bis heute trotzdem noch überbewertet. Abgesehen davon hat der Kalifornier meines Wissens nach keine nennenswerten Argumente in seiner Diskografie und ist darüber hinaus nicht mal ein sonderlich beliebter Feature-Gast. Und auch mit seinem inzwischen dritten kommerziellen Album You Only Live 2wice ändert sich damit wenig. Wenn es hier etwas bemerkenswertes gibt, dann sind das wieder mal ein paar hochkarätige Produzenten, namentlich Kaytranada und Badbadnotgood. Aber auch die sind mit Alexys hier nur für einen Track verantwortlich, den Rest teilen sich Gibbs' Stammbeatmaster Pops, Speakerbomb und Blair Norf. Was seine eigene Performance angeht, so ist diese eigentlich nur zu bemitleiden. Artwork und Titel sowie die Namen vieler Songs suggerieren eine religiöse Thematik des Albums und die Tatsache, dass Freddie im letzten Jahr während einer Tour aufgrund des Verdachts auf sexuelle Belästigung kurzzeitig festgenommen wurde, hatten mich auf eine lyrische Auseinandersetzung damit hoffen lassen. Stattdessen geht es auf diesem Album aber die meiste Zeit um Koks. Und das ist schon echt traurig, weil es zeigt, wie wenig Persönlichkeit dieser Rapper in seiner Musik hat. Nach einem Ereignis wie diesem, das medial so dermaßen gecovert wurde, einfach weiter seinen Stiefel zu spielen und völlig unbeeindruckt weiter über den Hood-Alltag und die Gang zu quatschen, ist nicht etwa cool, es ist verzweifelnd. Freddie Gibbs lässt sich hier effektiv die Gelegenheit durch die Lappen gehen, eine wirklich eindrückliche Story zu erzählen. Okay, es gibt hier auch den ein oder anderen Hint zu der Story und je nachdem, wie man die Texte interpretiert (so wie das Pitchfork-Review zu dieser LP) ist hier eine gigantische Bedeutung drin. Diese allerdings bleibt mir vom reinen Hörerlebnis her anscheinend verschlossen. Ich höre einfach nur einen langweiligen Rapper, der vielleicht etwas zu sagen hätte, es aber einfach nicht tut und sich damit Chancen verspielt. Und so etwas bescheuertem kann ich dann nicht mal Pech unterstellen, es ist einfach nur dämlich. Ich möchte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was Gibbs' großes Idol Tupac Shakur wohl dazu zu sagen hätte.





Persönliche Highlights: Amnesia / Andrea / Homesick

Nicht mein Fall: Dear Maria / Phone Lit

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