Freitag, 28. April 2017

Never Let Me Down

Ich habe in den letzten Jahren aus guten Gründen mehr oder weniger die Sicherheit gewonnen, dass Timber Timbre kein schlechtes Album machen können. Zu durchgestylt und perfektioniert waren die bisherigen drei Longplayer des Trio aus Ontario und zu sehr stimmte hier jedes Detail und jede Nuance des Songwritings, um auch nur den kleinsten Fehltritt zu machen. Die meisten von euch werden ihre Musik sicher nicht kennen, aber ich möchte an dieser Stelle jeden dazu anhalten, diesen Umstand schleunigst zu ändern. Eigentlich sollte es dafür schon reichen, sich einmal Grand Canyon anzuhören, danach dürfte sich der Rest von selbst erledigen. So hat es zumindest bei mir geklappt und ich liebe mittlerweile so ziemlich alles, was die Kanadier seit ihrer Gründung fabriziert haben. Mitunter sah ich die Band zuletzt schon nicht mehr als Musiker, sondern als perfekt geölte Nostalgie-Maschine, die gegen Münzeinwurf retrospektives akustisches Flair verströmte wie ein teures Parfüm. Und bis Anfang 2017 funktionierte diese Vorstellung auch fabelhaft. Bis im Februar dann Sewer Blues, die erste Single des neuen Albums Sincerely, Future Pollution, erschien. Sie war nicht wirklich grottenschlecht oder so, aber sie vermochte auch es nicht, dass ich mir diesen Track öfter anhören wollte, geschweige denn mich auf den fertigen Longplayer freute. Sie war eben einfach ein bisschen langweilig. Und das reichte, um mich von der irrsinnigen Illusion zu befreien, Timber Timbre seien absolut unfehlbar. Würden sie es tatsächlich schaffen, diesmal ein höchstens durchschnittlichen, wenn nicht gar unbefriedigendes Album zu veröffentlichen? Die Antwort darauf kann ich wenige Monate später mittlerweile sehr deutlich geben: Natürlich nicht. So ein Blödsinn auch. Natürlich ist auch Future Pollution wieder ein absolutes Meisterwerk. Wie konnte ich auch nur eine Sekunde daran zweifeln? Irgendwie haben es die drei hier geschafft, die an sich sehr unspektakulär klingenden Singles im Kontext der Platte zu etwas zu verbauen, das einfach nur genial ist. Die knapp 40 Minuten dieser LP zeigen Timber Timbre erneut in Hochform. Klanglich verlagert sich das ganze dabei im Vergleich zum Vorgänger Hot Dreams ein ganzes Stück. Der psychedelische, luxuriöse Fünfziger- und Sechziger-Sound von vor drei Jahren wird hier abgelöst durch eine etwas kühlere, elektronische Ästhetik, die sehr an Achtziger-New Wave und Bands wie OMD, Toto oder Roxy Music erinnert. Gleichzeitig bleibt eine starke Jazz-Färbung sowie die mystisch-soulige Melancholie der früheren Platten auch hier nicht aus. Nach dem fast sommerlichen Hot Dreams ist Future Pollution damit wieder ziemlich düster und verrucht geworden, was aber alles andere als ein Nachteil ist. Fans der ersten beiden Timbre-Werke werden wissen, dass diese Jungs ein Händchen für sowas haben. Hier paart sich das ganze nun auch noch wahnsinnig gut mit dem Swagger, den ihre Musik erst kürzlich für sich entdeckt hat. Diese LP ist also eigentlich nichts weiteres als die konsequente Fortsetzung dessen, was ich an dieser Band schon immer richtig gut fand und gleichzeitig trotzdem eine neue Facette des ganzen. Mehr braucht ein gutes Album am Ende auch nicht. Und Timber Timbre bleiben die unfickbare Nostalgie-Institution, die sie schon immer waren.





Persönliche Highlights: Velvet Gloves & Spit / Grifting / Skin Tone / Moment / Western Questions / Sincerely, Future Pollution / Bleu Nuit / Floating Cathedral

Nicht mein Fall: -

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