Dienstag, 25. April 2017

Fühlst du nicht den Vibe?

Obgleich dieser Post hier mein erstes ausführliches Review zu einer Woods-Platte ist, habe ich mit dieser Band bereits eine gewisse Vorgeschichte. Um genau zu sein, sind die New Yorker vielleicht die Interpreten, die ich in den letzten Jahren am häufigsten für einen eigenen Artikel vorgesehen hatte und die am Ende doch keinen bekamen.Was das zu bedeuten hat, ist im großen und ganzen ziemlich einfach: Zwar mag ich die beschwingte, farbenreiche Folkmusik des Quintetts durchaus, aber das eine wirklich interessante Album habe ich von ihnen noch nicht gehört. Die Platte, die diesem Ziel bisher am nächsten kam ist in meinen Augen sicherlich Songs of Shame von 2010, aber auch so gut wie alle anderen kann man sich antun. Nur wirklich spektakulär sind sie eben nicht. Mit Love is Love war jedoch diesmal etwas anders. Denn als ich mir kürzlich zum ersten Mal in die LP reinhörte, um wieder einmal zu entscheiden, ob sich eine ausführliche Besprechung lohnen würde (und gute Karten hatte das Ding zunächst eher nicht), passierte es das erste Mal, dass ich von jetzt auf gleich beeindruckt davon war, was Woods hier machten. Zum ersten Mal fühlte sich ihre Musik so an, als ob sie wirklich meine Aufmerksamkeit für sich beanspruchen wollte und eben nicht nur so daher tingelte. Und schon nach wenigen Stücken, die ich gehört hatte, war meine Entscheidung eindeutig: Diesmal würde ich über diese Band schreiben. Dass diese Entwicklung genau jetzt stattfindet, ist indes kein Zufall. Schon seit einer Weile lässt sich im Sound der New Yorker ein wesentlich schwungvolleres und vielschichtigeres Songwriting beobachten, dass inzwischen fast weniger Folk ist als filigraner, organischer Pop. Auf Love is Love hört man Pianos, Orgeln, Holz- und Blechbläser, Sitars, Synthesizer und einige Instrumente, die man gar nicht so richtig identifizieren kann. Außerdem sind die Stücke diesmal noch euphorischer und knalliger als je zuvor, Ausflüge ins psychedelische und folkloristische inbegriffen. Das ganze wird auf einer soliden Basis aus Rock-Elementen festgeschnürt und ab geht die Fahrt ins bunte Universum, das Woods sich hier geschaffen haben. Der Sound erinnert an Kolleg*innen wie the Shins, Beck, My Morning Jacket oder die neueren Sachen von Midlake (teilweise muss ich komischerweise auch an die letzte Scheibe der Avalanches denken), ist aber noch durchbauter und ausgefuchster. Das Ergebnis sind bei insgesamt sechs Stücken mindestens drei absolut grandiose und auch der Rest lässt wenig zu wünschen übrig. Bleeding Blue ist ein Hit im besten Sinne und als solcher glorreicher und feierlicher als vieles, was ich dieses Jahr bisher gehört habe. Spring is in the Air spielt in zehn Minuten Spielzeit einen Holger Czukay an die Wand und ist das meditative Kernstück des Albums. Hit That Drum ist fast vier Minuten Nervenkitzel und die beiden Titelsongs, die die LP umschließen, vereinen Chill-Faktor und Dancyness auf Augenhöhe. Bei so einem vollkommenen musikalischen Trip ist das einzige doofe, dass die Platte nach gut einer halben Stunde auch schon vorbei ist. Der Vibe, den Woods hier aufbauen, hätte locker auch doppelt so lange getragen. Die 32 Minuten, die die New Yorker hier allerdings füllen, sind ein absoluter Traum und wahrscheinlich ihr bisher bestes Album. Nach Jahren der Zögerlichkeit und Unscheinbarkeit klingen die fünf Musiker hier endlich so fokussiert und vor allem so selbstbewusst, wie es ihnen am besten steht. Und vielleicht macht man so ein Ding auch nur einmal in seiner Karriere. Doch ich bin auf jeden Fall froh, dass diese Band es überhaupt gemacht hat. Da hat sich das Warten wenigstens gelohnt.





Persönliche Highlights: Bleeding Blue / Lost in A Crowd / Spring is in the Air / Hit That Drum

Nicht mein Fall: Love is Love (wenn ich mich entscheiden müsste)

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen