Samstag, 4. Dezember 2021

Music:Response

Vitalic - Dissidænce Episode 1VITALIC
Dissidænce Episode 1
Civage
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ clubbig | eingängig | spaßig ]

Eigentlich hat es ja schon irgendwie seine Richtigkeit, dass ein Typ wie Pascal Arbez-Nicolas, besser bekannt unter seinem Stagename Vitalic, mittlerweile nicht mehr ganz so der heiße Scheiß auf den Dancefloors dieser Welt ist. Wenn er das überhaupt jemals war. Mit Poison Lips und Second Lives hatte er Ende der Zwotausender zwei eher unscheinbare Clubhits, die schon damals eigentlich ein bisschen dem Zeitgeist hinterher hinkten. Und 2021, fast 2022, noch immer mehr oder weniger den gleichen, Big Beat- und French House-infizierten Technopop zu spielen, macht ihn spätestens jetzt objektiv gesehen zu einem ziemlich hängengebliebenen Künstler. Was aber in meinen Augen nichts daran ändert, dass er nach wie unglaublich fantastische Musik schreibt, die mir immer wieder richtig gut gefällt. Schon 2017, als seine letzte LP Voyager erschien, war er deshalb auf diesem Format Thema und schon da hatte ich über ihn eigentlich nur gutes zu sagen. Und es mag sein, dass hier auch irgendwie mein nie versiegen wollendes Fandom für Spätneunziger Big Beat und den Elektropop der späten Zwotausender aus mir spricht, aber seine neueste Platte finde ich sogar noch eine ganze Ecke geiler. War Voyager vor fünf Jahren das Album, das man trotz seiner abgehängten und etwas altbackenen Art eigentlich ganz gut hören konnte, dann ist Dissidænce Episode 1 eines, bei dem man solche blöden Disclaimer gar nicht mehr braucht. Es ist ganz einfach ein herrlich eingängiges, euphorisches und wunderbar tanzbares Techno-Release, das modische Zuordnungen lässig von den sich rhythmisch bewegenden Schultern schüttelt und stattdessen dafür sorgt, dass wir alle eine gute Zeit haben. Wobei ich sicherlich nicht extra betonen muss, dass es damit bei mir auf offene Ohren stößt. Im Vergleich zu letzten paar Vitalic-Projekten, die eher poppig und Song-orientiert waren, versucht der Produzent aus Dijon hier wieder mehr, einen werkübergreifenden Movement-Gedanken einzufangen, der dann ruhig auch mal etwas düster und verrucht sein kann. So eben, wie man sich eine gelungene Club-Erfahrung vorstellt. Viele kompositorische Elemente erinnern dabei immens an seine einstige Hochphase auf Platten wie Flashmob aus den Zwotausendern, bishin zu Parts in Cosmic Renegade oder Haute Definition, die fast schon wie daraus gesamplet erscheinen. Da diese Phase von ihm aber immer noch irgendwie meine liebste ist, bin ich darüber kein bisschen böse. Genausowenig wie darüber, dass Sachen wie Boomer Ok oder Rave Against the System sehr deutlich von den Chemical Brothers inspiriert sind, mit denen Vitalic ja immerhin in den gleichen klanglichen Jungbrunnen gefallen zu sein scheint. Obwohl Dissidænce 1 also definitiv alles andere als ein originelles Album ist, muss ich doch ein weiteres Mal meinen Hut davor ziehen, was für ein großartiges und vor allem spaßiges Ergebnis er daraus noch mal zusammenkleistert. Ich kann diese LP ohne weiteres allen Menschen empfehlen, die gute Tanz- und Clubmusik mögen und mir nur wünschen, dass sie als solche irgendwann nochmal Einsatz findet. Denn anachronistisch ist diese Musik gerade allerhöchstens in dem Sinne, dass keine Clubs offen haben, in denen sie gespielt werden könnte.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11

Persönliche Höhepunkte
Haute Definition | Rave Against the System | Lost Time | Danse Avec Moi | Cosmic Renegade | Boomer Ok | Carbonized

Nicht mein Fall
-


Hat was von
the Chemical Brothers
Surrender

Against All Logic
2017-2019


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen