Freitag, 3. Dezember 2021

Des Übermütigen Zähmung

Aesop Rock x Blockhead - Garbology AESOP ROCK x BLOCKHEAD
Garbology
Rhymesayers
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ zerebral | oldschoolig | ordentlich ]
 
Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass ich auf diesem Format mit der Musik des Ian Bavitz meine erste größere Krise hatte und mir ernsthaft überlegen musste, wie viel von der nerdigen Intensität dieses Typen ich mir eigentlich noch geben wollte. Denn Spirit World Field Guide, sein dieserzeit aktueller Longplayer und Ursache der ganzen Misere, war für meine Begriffe einfach ein bisschen zu viel des Guten. So sehr ich es auch mochte, dass er seine Alben selbst produziert, sich dafür sehr spannende Konzepte ausdenkt und sich lyrisch gesehen immer wieder als einer der spannendsten Rapper der letzten 20 Jahre beweist, war diese Platte einfach die Portion intellektuelle Reizüberflutung, die das Fass zum Überlaufen brachte und mittelfristig dafür sorgte, dass ich zu Aesop Rock inzwischen ein vorsichtigeres Verhältnis habe. Nicht, dass ich seine Musik grundsätzlich ablehnen würde, dafür war er auch in den letzten Jahren immer noch zu gut, nur war ich für noch so ein Monster von ihm Stand jetzt einfach nicht mehr bereit. Was seine neue LP Garbology im Vorfeld zu einem schwierigen Fall machte. Denn wo auf der einen Seite mal wieder eine Spieldauer von 50 Minuten und eine Tracklist von 14 Songs steht (was für seine Verhältnisse Standard ist, objektiv gesehen allerdings trotzdem ein ordentlicher Brocken), gab es auf der anderen Seite die äußerst verheißungsvolle Nachricht, dass für dieses Album zum ersten Mal seit 2007 wieder Blockhead als ausführender Beatmaster an Bord sein würde. Eine Wiedervereinigung, die aus meiner Sicht auf keinen Fall zu unterschätzen ist. Warum? Weil dieser Typ in meinen Augen genau derjenige ist, den Aesop Rock in seiner jetzigen Karrierephase als kompetenten Partner braucht. Schon in den Zwotausendern war er es, der es auf inzwischen legendären Platten wie Labor Days oder None Shall Pass fertig brachte, die überschäumenden kreativen Fluten von Bavitz zumindest ein bisschen einzudämmen, sodass deren wirklich geniale Essenz bestmöglich gerahmt wurden. Und obwohl ich absolut nichts gegen dessen eigenen Produktionsstil einzuwenden habe, der ebenfalls tolle Ergebnisse produzierte, neigte dieser wie gesagt immer mal wieder zu einer gewissen Reizüberflutung, die er mit Blockhead erwiesenermaßen nicht hat. Und das diese auch auf Garbology nicht stattfindet, spricht eindeutig für die künstlerische Neuverbindung der beiden. Ich würde sogar so weit gehen, dass sie auf diesem Album tatsächlich wieder das Level an Genialität regenerieren, dass ihre gemeinsamen Platten von früher so großartig machte. Nicht nur in der Hinsicht, dass Blockheads Beats in Aesops kreatives Chaos wieder ein bisschen Ordnung bringen und dafür sorgen, dass sich diese 14 Tracks trotz der gewohnt komplexen lyrischen Zerebralakrobatik sehr kurzweilig anfühlen, sondern auch von Seiten des Rappers aus, der hier sein übliches Modus Operandi durchaus mal aufbricht. Vor allem in seinen Flows erkenne ich in Songs wie All the Smartest People oder Jazz Hands wesentlich mehr offenen Raum, was für spannende Experiment sogt und nicht zuletzt auch dafür, dass man dem ganzen Irrsinn zumindest ein bisschen besser folgen kann. Wobei das fertige Ergebnis am Ende trotzdem sehr deutlich als ein Album von Aesop Rock zu identifizieren ist, das in vielerlei Hinsicht sogar ein bisschen "klassischer" ist als die letzten paar. Wie sehr aus mir dabei einfach meine Vorliebe für die alten Sachen der beiden spricht, kann ich nur bedingt sagen, doch empfinde ich das hier definitiv als eine Platte, die mich nach der schwierigen Erfahrung mit ihrem Vorgänger irgendwie beruhigt. Mehr noch, ich bin durchaus begeistert von ihr. Und obwohl das bei einem so grandiosen Rapper wie Aesop Rock ja eigentlich nicht schwer sein sollte, finde ich es inzwischen doch alles andere als selbstverständlich.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11

Persönliche Höhepunkte
the Only Picture | Jazz Hands | Wolf Piss | Legerdemain | Difficult | All the Smartest People | Oh Fudge | Flamingo Pink | All Day Breakfast | the Sea | Abandoned Malls

Nicht mein Fall
-


Hat was von
Billy Woods
Known Unknowns

Tyler, the Creator
Cherry Bomb


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