Sonntag, 19. September 2021

Unverbraucht

We Were Promised Jetpacks - Enjoy the ViewWE WERE PROMISED JETPACKS
Enjoy the View
Big Scary Monsters
2021

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ melancholisch | getragen | reif ]

Dass ich 2021 erstmals ein Album von We Were Promised Jetpacks bespreche, ist eine Sache, die ich zu hundert Prozent aus Eigeninteresse tue. Nicht deshalb, weil irgendjemand sich für einen solchen Artikel interessieren würde und ehrlich gesagt nicht mal deshalb, weil ich die Platte an sich besonders gelungen finde. Vor allem wollte ich es deshalb tun, weil ich einmal aussprechen will, wie sehr ich die qualitative Stabilität bewundere, mit der diese Band nach wie vor Musik macht. Und dass die Schotten mit der Art, wie ihr Output innerhalb der letzten zehn Jahre einfach nur gut genug war, mittlerweile etwas sehr besonderes sind. Denn unter den Gruppen ihrer Generation wie the National, Elbow, den White Lies oder den Editors, die sich während der Zwotausender jener etwas poppigeren, veredelten Form des Postpunk-Revivals anschlossen, sind inzwischen wenige noch so verlässlich unterwegs wie sie. Gerade im Zeitraum der letzten zehn Jahre. Wo die meisten ihrer Zeitgenoss*innen sich an zu großen künstlerischen Ambitionen die Zähne ausbissen, etwas zu tief im Fanservice versackten oder in den meisten Fällen einfach nur langweilig wurden, musste ich bei We Were Promised Jetpacks ein ums andere mal feststellen, wie clever sie all diese Schikanen umschifften. Mit Platten wie Unraveling oder In the Pit of the Stomach holten sie jede Menge großartige Songs aus einem klanglichen Konzept, das zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon ausgeschöpft schien und dass sie das 2021 ein weiteres Mal tun, ist dann schon eine kleine Sensation. Sicherlich ist auch ein gewisser Nostalgiefaktor im Spiel, wenn ich es als positive Eigenschaft auffasse, wie sehr diese LP klingt, als wäre sie 2009 aufgenommen, aber schuld daran ist am Ende immer noch gutes Songwriting. Noch immer finden We Were Promised Jetpacks in Tracks wie What I Know Now oder If It Happens eine wunderbare Wärme in der Unterkühltheit britischer schottischer Indie-Klischees, nur dass diese inzwischen eher als Soundtrack für einen arthausigen Midlife-Crisis-Film geeignet wäre und weniger für einen über Teenager. Dabei klingen sie zwar immer noch gefühlt jünger als die meisten anderen Bands ihrer Generation, allerdings auch reif genug, um nicht mehr auf naiv-rockig machen zu müssen. Dass Adam Thompson nach wie vor mit seinem etwas rumpeligen Glasgow-Akzent singt, ist aber trotzdem cool. Wo dieser Artikel also primär ein bisschen dafür da ist, diese Band generell zu feiern, ist natürlich auch dieses Album nochmal ein guter Hinweis dafür, warum ich so empfinde. Denn vor einer Gruppe wie dieser, die auch über zehn Jahre nach ihrer (wohlgemerkt ebenfalls eher kurzen) Hype-Phase so unverbraucht und cool klingt, habe ich einfach jede Menge Respekt. Und auch wenn das bedeutet, dass wir von ihnen in der nächsten Dekade definitiv keinen Klassiker erwarten sollten, der sie nochmal zurück ins breite öffentliche Interesse schiebt, ist das vielleicht sogar besser so. Denn dann würde es ihnen vielleicht so gehen wie den ganzen anderen Bands in den letzten Jahren, die sich daran ein bisschen verbraucht haben.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡08/11

Persönliche Höhepunkte
Fat Chance | Don't Hold Your Breath for Too Long | What I Know Now | If It Happens | I Wish You Well | Blood, Sweat, Tears | Nothing Ever Changes | Just Don't Think About It

Nicht mein Fall
-


Hat was von
the National
High Violet

Editors
In Dreams


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