Dienstag, 14. September 2021

Rock of Ages

The Night Flight Orchestra - Aeromantic IITHE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA
Aeromantic II
Nuclear Blast
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ retro | eingängig | theatralisch | campy ]
 
Als ich an dieser Stelle im letzten Jahr über den ersten Teil der Aeromantic-Serie von the Night Flight Orchestra schrieb, machte ich einen entscheidenden Fehler, der blöderweise meine Prämisse für den gesamten Artikel darstellte und darin bestand, die Schweden dem Spektrum des Powermetal zuzuordnen. Warum genau ich diese Anwandlung hatte, ich mir im Nachhinein unbegreiflich, vermutlich wollte ich ob der personellen Verbindung einiger Mitglieder des NFO zu Gruppen wie Soilwork und Arch Enemy einfach einen stilistischen Bezug herstellen, der allerdings völliger Mumpitz war. Wenn diese Band in irgendeiner Form eine Metalband ist, dann höchstens in einem sehr eingerosteten Verständnis, das irgendwann auch mal Sachen wie Foreigner, Journey, Styx und Asia dieser Stilistik zuordnete. Denn genau diesen Formaten eifert das Night Flight Orchestra seit seiner Gründung auf wunderbare Weise nach. Und Aeromantic II ist dabei wie sein Vorgänger auch eine Platte, die diese Hingabe fantastisch zur Schau stellt. Was hier passiert, ist retrofixierter Achtzigerrock-Schmonz erster Güte, der nach Trockeneis und Haarspray müffelt, getigerte Unterhosen trägt und mit seinem Auto redet. Und vor allem: der in jedem Moment dieser LP mal wieder fantastisch komponiert, eingängig performt und großartig produziert ist. Eine Platte des Night Flight Orchestra ist eine der einfachsten und deutlichsten Empfehlungen, die ich auf einem Format wie diesem geben kann, denn so gut wie jede*r dürfte daran jede Menge Spaß haben. Die oldschooligen Rocker*innen, weil hier jemand sehr originalgetreu einen einst gefeierten Sound wiederbelebt, die Pop-Fraktion, weil so gut wie alle Tracks hier tödliche Hits sind und die postironischen Patricians in den Foren, weil es so perfekt zur eigenen Geschmackverirrung passt. Was die Band selbst angeht, so bin ich mir auch relativ sicher, dass ihr stilistischer Entwurf seit der letzten LP nochmal sattelfester und krisensicherer geworden ist und in den allermeisten Fällen in Songs resultiert, die ein kleines Stück cooler und fetziger klingen als die auf der ersten Aeromantic. Besondere Highlights sind dabei für mich der bombastische Opener Violent Indigo, das sehnsuchtvoll-powerballadige How Long, das schmatzige Change, sowie der potenzielle Eurovisions-Gewinner der Zukunft, You Belong to the Night. Mit White Jeans und  gibt es zwar auch einen Track hier, der nicht so super funktioniert und offenbart was passiert, wenn NFO mit diesem Konzept zu weit gehen, allerdings wird dieser eine Hickup an anderen Stellen mit so viel Qualität ausgekontert, dass es fast schon nicht mehr auffällt. Und an diesen Stellen sind die Schweden dann eben nicht nur eine kultige Spaßband, die ziemlich gut beim Erbe der frühen Achtzigerjahre klaut, sondern teilweise beeindruckende kompositorische Arbeit leistet. Ein Album von 51 Minuten quasi durchgängig so peppig und eingängig klingen zu lassen, ist definitiv kein Pappenstiel und diese Band macht das ja immerhin nicht zu ersten Mal. Wo also der Fun-Faktor auch auf Aeromantic II sehr dominant ist, bin ich mehr und mehr auch begeistert vom effektiven Talent dieser Gruppe. Ein Talent, bei dem ich überzeugt bin, mich in Zukunft auf noch mindestens fünf Aeromantic-Platten freuen zu können.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡08/11

Persönliche Höhepunkte
Violent Indigo | Midnight Marvelous | How Long | Change | You Belong to the Night

Nicht mein Fall
White Jeans


Hat was von
Asia
Asia

Foreigner
4


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