Dienstag, 12. April 2022

Ein Hiphop-Moment

DJ DRAMA & DREAMVILLE
D-Day: A Gangsta Grillz Mixtape
Dreamville | Interscope
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ zeitgenössisch | kollegial | prominent ]

Es passiert eigentlich eher selten, dass ich mir so kollaborative Hiphop-Projekte wie dieses hier nur deshalb anhöre, weil es darauf eine so exklusive Liste an beteiligten Rapper*innen gibt und selbst wenn das so ist, dann meistens aus dem Grund, weil deshalb alle anderen darüber reden. Im Falle des neuesten Mixtapes von Dreamville ist aber genau das mehr oder weniger der Hauptgrund für mein Interesse gewesen und das tatsächlich auch vor allem aus eigener Motivation. Denn wenn man beim Thema Hiphop mal über personelle Fragen redet und und es darüber hinaus darum geht, wer in Sachen solch kollaborativer Crew-Unterfangen gerade die spannendste Musik macht, ist die Rasselbande um J. Cole neben Griselda (deren letzte gemeinsame Platte inzwischen ja auch ein paar Jahre her ist) und Young Stoner Life (deren volles Potenzial eigentlich erst mit der neuen LP aus der letzten Saison so richtig realisiert wurde) das Joint Venture mit dem besten Stehvermögen zurzeit. Und schaut man sich im weiteren mal den Kader an, den Cole unter diesem Namen seit den Anfängen vor 15 Jahren versammelt hat, dürften jedem halbwegs vernünftigen Amirap-Fan mit einem Faible für technische und lyrische Maßarbeit schnell die Hände feucht werden: Mit J.I.D., Bas, den beiden MCs von EarthGang beziehungsweise Spillage Village sowie Newcomerin Ari Lennox verfügt der Rennstall Dreamville Stand 2022 über einige sehr spannende junge Rapper*innen, von denen manche inzwischen auch definitiv der Nachwuchsriege entwachsen sind und die sich in Form gemeinsamer Sachen auch immer wieder für gut gemachte Projekte zusammenfinden. Und wo diese Art von Releases bis dato vor allem in Form der Albumtrilogie Revenge of the Dreamers stattfand, die ich zuletzt auch schon sehr mochte, ist D-Day in dieser Tradition nochmal eine ganz neue Unternehmung, von der man im Moment erstmal nur rätseln kann, ob sie nun mehr Spinoff, Fortsetzung oder exklusives Special ist. Wobei letzteres gerade in der Hinsicht sehr wahrscheinlich ist, da die LP außerdem Teil der von Szenelegende DJ Drama gehosteten Gangsta Grillz-Serie ist, die ihrerseits für ordentlich name recognition bei Fans sorgt und nochmal ihre ganz eigene nerdige Lore mitbringt. Im Sinne der Netzwerkarbeit, die hier geleistet wird, könnte das hier also die bisher wichtigste Arbeit des Kollektivs sein, wobei Dreamville aber auch nicht Dreamville wären, würden sie diesem ganzen mythischen Aufbau nicht gerecht werden. Denn obwohl D-Day ganz in Tradition der Revenge of the Dreamers-Platten alles andere als eine innovative oder progressive LP ist, ist sie doch voll mit fantastisch gemachtem Qualitäts-Hiphop diverser Ausführungen, der für eine gewisse Art von angewöhnter Wertarbeit steht, die sich vor allem in den Details zeigt. Sachen wie die unfassbar krasse Strophe von 2 Chainz in Barry From Simpson, Ari Lennox' beeindruckende Soloshow in Coming Down, EarthGangs fetziges Post Scriptum zu ihrem jüngst veröffentlichten Album auf Ghetto Gods Freestyle (ein weiteres Mal mit einem Hammerauftritt von 2 Chainz) oder die stimmigen Abschlussworte von Gangleader J. Cole in Heavens EP, die vor allem deshalb so schwer tragen, weil man ihn auf diesem Projekt davor eher selten hört. Richtige Banger oder ausgewiesene Höhen gibt es auf D-Day dabei zwar eher wenige, wenn die Crew sich aber mal dazu entschließt, dann sind diese direkt ziemlich genial, wie im Opener Stick mit tatkräftiger Hilfe von Shack Wes und Kenny Mason. Und auch wenn die Anwesenheit von DJ Drama auf dieser Platte häufig eher etwas passiv adelndes hat und ich von seinen Einwürfen und Skits wie immer wenig beeindruckt bin, stört er hier doch zumindest nicht so sehr wie zuletzt bei Tyler, the Creator und sagt immerhin auch mal ein paar ganz witzige Sachen. Das alles sorgt zwar letztlich auch nicht dafür, dass D-Day wirklich das Album wird, mit dem Dreamville den (in meinen Augen schon lange verdienten) letzten Schritt gehen und ein Gesamtwerk machen, mit dem sie mich wirklich begeistern, für ein sehr akzeptables Statusupdate ist es aber definitiv gut und für mich persönlich auch nochmal eine bessere Performance als die letzte Revenge-Ausgabe 2019. Und wo ich hoffe, dass es für viele der hier beteiligten Künstler*innen nicht das Highlight ihrer Karriere bleiben wird, wäre es doch auch nicht besonders schlimm, wenn dem so wäre. Denn so gut die vielen talentierten Acts in dieser Crew auch für sich alleine sein mögen, so sehr finde ich es hier toll, wie wunderbar sie gemeinsam funktionieren und damit eine der besten Phasen einer sehr besonderen Kollaboration dokumentieren. Und das ja weiß Gott nicht zum ersten Mal.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11

Persönliche Höhepunkte
Stick | Ghetto Gods Freestyle | Lifestyle | Starting 5 | Coming Down | Hair Salon | Like Wine | Barry From Simpson | Heavens EP

Nicht mein Fall
-


Hat was von
Kanye West
Donda

EarthGang
Ghetto Gods


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