Mittwoch, 7. Juli 2021

Lass los

Matty - DanicaMATTY
Danica
Voice Recordings
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ vielseitig | werkschauig | poppig ]

Es wird hohe Zeit, dass ich mich auf diesem Format mal etwas intensiver mit dem Output des Matthew Tavares aka Matty auseinandersetze, denn allein dafür, wie cool ich ihn eigentlich schon lange finde, hat dieser hier bisher recht wenig stattgefunden. Schon als Teil der großartigen Badbadnotgood (über die ich ebenfalls viel zu wenig geschrieben habe) war seine Kreativität und sein Talent als Songwriter unumstritten und spätestens seitdem er auch als Solokünstler unterwegs ist (anfangs im Nebenerwerb zur Band, mittlerweile ausschließlich) entpuppt er sich immer mehr als ein popmusikalisches Chamäleon, bei dem so ziemlich alles cool klingen kann. Meine bisher einzige Besprechung über ihn - letztes Frühjahr zu einer Kollaboration mit Ex-BBNG-Kollege Leland Whitty - machte das leider Gottes nicht so richtig klar, da Tavares hier das Pech hatte, mit einem der krassesten Multiinstrumental-Virtuosen der letzten Jahre zusammenzuarbeiten, der selbst ihn eiskalt in den Schatten stellte. Ein Grund mehr jedoch, mir hier nochmal die Zeit zu nehmen und sein Material ausführlich zu sezieren. Wobei Danica als Startpunkt in seinen Katalog vielleicht sogar besser ist als manche frührer Platten, weil der Kanadier hier wieder mal sehr gefällige Musik macht. Und gefällig heißt in diesem Fall vor allem: Eher Pop statt Jazz. Wer sich von diesem Album eine ästhetische Fortführung dessen gewünscht hat, was Badbadnotgood so cool macht(e), kann hier maximal noch die zwei sehr impressiven Morningpiano-Interludes abfassen, ansonsten ist das hier doch sehr zeitgenössisch. Die meisten Tracks dieser LP schweben stilistisch irgendwo zwischen Kevin Parker, Mac DeMarco, Foxygen, Vampire Weekend und MGMT, sind also elektronisch unterfütterter Psychpop mit hippiesker Schlagseite. Wobei auch nach wenigen Songs klar wird, wie wenig Tavares mit diesen Leuten auf einer Wellenlänge spielt. Zwar lassen Stücke wie Can't Change the Past oder Videogames sehr deutlich den Versuch erkennen, eingängige und verhältnismäßig simple Tracks zu schreiben, doch sind diese an vielen Stellen so verschnickt und detailverliebt wie man das sonst eher von Aphex Twin oder Radiohead kennt. Nicht selten werden in eine an und für sich einfache Melodie hier tausend kleine klangliche Mikroorganismen verwoben, die auch durchaus experimentell sein können und fast jeder zweite Titel kippt im hinteren Teil doch noch in die psychedelische Freakshow um. In GettingHigh2This (Ja, der Name ist programmatisch) versucht Matty nicht mal mehr, uns einen Popsong zu verkaufen, sondern setzt den Hörenden in der Mitte des Albums einfach einen konsequent krautigen Synthprog-Jam vor. Und in Complete relativ am Ende spielt er mit einer fast postrockigen Folk-Rhythmik, die mich an Esmerine oder Oiseaux-Tempête erinnert. Ein lupenreines Pop-Projekt kann und will Danica also am Ende trotzdem nicht sein. Und in den allermeisten Momenten empfinde ich das auch als eine gute Entscheidung. Denn nachdem man am Anfang noch ein bisschen denkt, Tavares würde sich hier einfach an ein paar Trends von 2015 ranschmeißen und sein persönliches Currents machen, merkt man Stück für Stück, wie viel mehr tatsächlich doch dahinter steckt. Wobei sich Danica am Ende trotzdem nicht anhört wie ein planvolles Konzept-Ding, sondern wie eine entspannt zusammengelötete Werkschau, die alle Steckenpferde dieses Künstlers gekonnt vor eine Kutsche spannt. Was aber mit Abstand das beste an diesem Album ist, ist dass ich die gesamten 63 Minuten davon nicht einmal wehmütig an Badbadnotgood gedacht habe. Und das ist eine Sache, die sich tatsächlich neu und gut anfühlt.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡08/11

Persönliche Höhepunkte
Morningpiano I | Videogames | Algorithmblues | Can't Change the Past | Sadly | Do You Love Me? | Wontbelong

Nicht mein Fall
-


Hat was von
Air
Moon Safari

Vampire Weekend
Father of the Bride


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen