Donnerstag, 28. Oktober 2021

Shigeros Monster

Scotch Rolex - TewariSCOTCH ROLEX
Tewari
Hakuna Kulala
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ aggressiv | rauhbeinig | lärmig ]

Es ist ein bisschen wie bei Doktor Frankenstein und seinem Monster, nur umgekehrt. Denn Scotch Rolex, der Name der hier auf dem Cover von Tewari steht, ist eigentlich nur das Pseudonym eines Pseudonyms, das nicht unbedingt das bezeichnet, was die Person dahinter eigentlich ist. Die hört nämlich normalerweise auf den Namen Shigero Ishihara alias DJ Scotch Egg und ist seit etwa 15 Jahren dafür bekannt (beziehungsweise eher unbekannt), sich ausschließlich in den weirdesten Ecken des Electronica-Genres herumzutreiben und dort eine Reihe nischiger Liebhaber-Releases veröffentlicht zu haben, von denen ich bis dato selbst noch keines kannte. Scotch Rolex ist diese Person demzufolge nicht direkt, sondern viel eher das Monster, das sie erschaffen hat, um ein Projekt wie Tewari zu realisieren. Ein Konglomerat aus finsteren Nachtgestalten der Clubszene von Zentralafrika, die vor allem im Dunstkreis der Nyege Nyege-Bubble in Kampala ansässig sind, welche im Electronica-Untergrund inzwischen weithin berüchtigt für ihren grantigen und avantgardistischen Ansatz an diverse Techno-Subgenres ist, den ich auch hier schon ab und an besprochen habe. Stilistisch gesehen passt die Kollaboration dabei wie die Faust aufs Auge: Host Scotch Egg steht von sich aus schon immer auf die obskureren Subkategorien elektronischer Musik und ist sich dabei nicht zu schade, die Bühne auch mit anderen zu teilen. Und mit Leuten wie MC Yallah, Lord Spikeheart, Don Zilla und Swordman Kitala findet er auf einem Fleck gleich eine ganze Handvoll Acts, die nicht nur seinen Hang zu Joint Ventures teilen, sondern auch noch alle für sich sehr eigene und originelle Musik machen. Wobei Tewari als gemeinsames Ergebnis das beste aus beiden Welten vereint. Die entrückte und verkopfte Energie, die viele Nyege Nyege-Projekte in meinen Augen haben und die ich mitunter gewöhnungsbedürftig finde, wird hier dadurch ausgekontert, dass Scotch Egg ein Typ für Banger ist und dementsprechend ordentlich losbrettert. Gleichzeitig hält er sich in vielen Punkten aber auch kreativ zurück und macht abseits der Beats viel Platz für die individuellen Ausdrucksformen seiner Features, die das ganze wiederum herrlich vielschichtig machen. Die zwölf Tracks auf Tewari gehen dabei mal in die Richtung von bratzigem Industrial Hiphop wie in Omuzira oder Juice, mal eher in die von rhythmischen Instrumentalstücken wie in U.T.B. 88 oder dem Titelsong, mal sind sie sehr Screamo-lastig wie in Sniper und Success und an gewissen Stellen gibt es sogar Einflüsse aus Ambient und Dancehall. Eine Grundästhetik lässt sich dabei schwer festlegen, wobei alle Tracks ihren gemeinsamen Nenner schon irgendwie in den Klangelementen aus Industrial, Noise und Deconstructed Club haben, die letztlich nur unterschiedlich angewendet werden. Mit der Folge, dass am Ende auch alles hier ziemlich krachig, aggressiv und angepisst daherkommt. Und obgleich das durchaus heißt, dass Scotch Rolex selbst für Leute, die schon ganz gerne mal Backxwash oder Ghostemane hören eine recht gewagte Platte ist, ist es je nach Verhältnis doch eine recht zugängliche Angelegenheit. Gerade für diejenigen, die sich gerne mehr für die Clubmusik von Nyege Nyege und zentralafrikanischen Techno interessieren würden, ist das hier vielleicht ein guter Einstiegspunkt, da es im Vergleich zu den meisten Sachen, die direkt von da kommen, noch ein bisschen besser ballert und groovt. Probieren kann man das hier also auf jeden Fall, wenn man auf solche Sachen steht und wenn es nicht nach eurem Geschmack ist, dann kann man wenigstens Gift darauf nehmen, dass man das schnell genug merkt.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11

Persönliche Höhepunkte
Omuzira | Cheza | Nfulula Biswa | Juice | U.T.B. 88 | Wa Kalebule | Lapis Lazuli

Nicht mein Fall
-


Hat was von
Ghostemane
Anti-Icon

Backxwash
I Lie Here Buried With My Rings and My Dresses
 
 

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