Sonntag, 16. Oktober 2016

You All Sound the Same to Me

ARCHIVE
the False Foundation


Dangervisit / 2016















Wenn es 2016 eine letzte große Bastion des Bristol-Sounds gibt, die nicht gleichzeitig zu den Urvätern des Stils gehört, dann sind das wohl Archive. Die Londoner Band tut seit über 20 Jahren so, als wären Portishead und Morcheeba immer noch so cool wie damals und Platten wie Mezzanine und Dummy erst letzte Woche rausgekommen. Dass sie damit auch noch mehr oder weniger erfolgreich sind, verdanken sie zu großen Teilen ihrem feinfühligen Umgang mit Samples, einem einzigartigen Gespür für Drumcomputer und ihrem seit eh und je fantastisch souligen Songwriting. Zwar höre ich die Musik von Archive so richtig aktiv erst seit dem 2012er Album With Us Until You're Dead, doch seitdem war ich von ihnen noch nie wirklich enttäuscht und habe jede ihrer Platten tatsächlich irgendwie genossen. Man könnte meine Vorliebe für diese Band zwar durchaus auch als Guilty Pleasure bezeichnen, doch so richtig peinlich sind sie mir irgendwie auch nicht. Trotzdem ist es komisch, dass ich schon wieder überhaupt nichts dagegen habe, dass sie auf ihrem neuen Longplayer the False Foundation mehr oder weniger das gleiche machen wie sonst immer. Die 53 Minuten neues Material sind eine weitere Ansammlung toll geschriebener, oldschooliger TripHop-Gedächnis-Nummern, die kein bisschen ins Hier und Jetzt passen und zwischen Soul, Electronica, Postrock und Indiepop pendeln. Mit Blue Faces gibt es den nächsten großartigen, über knapp acht Minuten ausgedehnten, balladesken Opener, der mit ziemlicher Sicherheit der beste Track der ganzen Platte ist und danach von eher nur gutem Material abgelöst wird. Man könnte Archive anrechnen, dass the False Foundation im Vergleich zu seinen Vorgängern elektronischer gehalten ist und mit seinen experimentellen Industrial-Anspielungen durchaus an Bands wie Nine Inch Nails, the Prodigy oder die Chemical Brothers erinnert, doch eigentlich kann man diese Tendenzen auch ignorieren. Fakt ist, dass die Umsetzung der Songs dabei ein weiteres mal wahnsinnig filigran und clever vonstatten geht und an vielen Stellen zum Staunen einlädt. Zusammen mit der technoiden Ausrichtung haben Archive auch dafür gesorgt, dass die komplette Platte wie ein durchgängiges Set klingt und man überall ziemlich fetzige Übergänge zwischen diversen Motiven findet. Gerade in Songs wie the Pull Out oder Splinters kann man diese sehr schön bestaunen. Aber auch verhältnismäßig bei der Sache bleibende Stücke wie Bright Lights sind nicht zu verachten. Lediglich das etwas plakative Sell Out wird zum Wermutstropfen in der ansonsten einwandfreien Tracklist. Archive machen mit the False Foundation kein totales Highlight, aber ein weiteres absolut vertretbares, cooles TripHop-Album in einer Serie vertretbarer, coller TripHop-Alben. Für den Hörer ändert sich hier also so gut wie übrrhaupt nichts. Ich kann beruhigt Fan bleiben, die Welt dreht sich weiter und die Neunziger sind jeden Tag ein Stück weiter weg. Aber das war für diese Band je noch nie ein Problem.
8/11

Beste Songs: Blue Faces / Driving in Nails / the Pull Out / Splinters /

Nicht mein Fall: Sell Out / Weight of the World

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