Samstag, 22. Oktober 2016

But in the End, It Doesn't Even Matter...

THE DILLINGER ESCAPE PLAN
Dissociation


Party Smasher Inc. / 2016















Wenn es um Bands geht, die sich dieses Jahr trennen, sind the Dillinger Escape Plan eine der Formationen, denen man dafür die meiste Trauer und das meiste Mitgefühl entgegenbringt. Nach fast 20 Jahren Aktivität und einer stetig steigenden Popularität, die sie vom Underground-Phänomen des Posthardcore zum Big Player in der Szene machte, gab das Quintett im Sommer diesen Jahres seine Auflösung bekannt, die nach einem letzten Album und einer an- und abschließenden Tour erfolgen sollte. Diese letzte LP mit dem Namen Dissociation steht nun in den Regalen und sorgt bei Fans der Band noch einmal so richtig für feuchte Hände. In deren Erwartungen vereinen the Dillinger Escape Plan hier zum finalen Schlag nochmal all ihre Kräfte und veröffentlichen ein zeitloses Hardcore-Highlight. Für jemanden wie ich allerdings, der sich aus ihrer Musik noch nie wirklich viel gemacht hat, ist dieses Release wenig emotional angehaucht. Aus ihren Platten sprach für mich nie diese unglaubliche Progressivität, die viele so mochten und oft waren diese auch stilistisch zu brei gestreut, um eine kompositorische Mitte zu erkennen, um die sich das Songwriting bewegte. Und auch im Fall von Dissociation war ich sehr misstrauisch: Die erste Single Symptom of Terminal Illness, die vor wenigen Wochen erschien, klang nicht nur furchtbar altbacken, sondern auch kein bisschen besonders. Sie erinnerte in keinem Moment an cleveren Posthardcore, sondern eher an schwachbrüstigen New Metal oder Post-Grunge der schlimmsten Sorte. Die gute Nachricht ist, dass die Gesamtheit des neuen Albums dann doch ein Stückchen besser ist. Die stilistische Mitte, von der ich eben sprach, ist hier zumindest in Ansätzen vorhanden und einige vertrackt-polyrhythmische Drescher kann man hier durchaus finden. Auch bewegt sich die Platte stilistisch wieder sehr weit über ihre Komfortzone hinaus und macht Andeutungen in Electronica, Jazz, Avantgarde und diversen Rock-Genres. Dass sie eine zielgerichtete Ästhetik hat, kann man also definitiv nicht abstreiten. Allerdings ist diese auch weit davon entfernt, irgendwie relevant zu sein. Das, was the Dillinger Escape Plan hier spielen, wäre vielleicht Anfang der Nullerjahre revolutionäre gewesen, doch 2016 wirkt es kaum noch reizvoll. Die hier angedeuteten Pfade haben Leute wie die Nine Inch Nails, At the Drive-In oder Refused schon lange vorher ausgetreten und waren darin auch besser als diese Experten. Sicher gibt es hier sehr viele echt solide Stellen, die auch gut miteinander kombiniert wurden, doch in kaum einem Fall entsteht daraus dann auch ein vollständig packender Track, der über mehrere Minuten spannend bleibt. In jedem Song werden ziemlich lieblos zwei bis drei coole Motive aneinandergeklatscht und das ganze dann als bahnbrechend experimentell verkauft. Und jeder weiß, dass die Chose so nicht funktioniert. Es wäre aber auch mit unrechten Dingen zugegangen, wenn the Dillinger Escape Plan mich ausgerechnet auf ihrem letzten Album plötzlich rundum überzeugt hätten. Wenn mir schon ihr bisheriger Output nie wirklich zusagte, dann ist es jetzt wahrscheinlich einfach zu spät dafür. Und mit der Trennung dieser Band verliert die Welt in meinen Augen auch nicht wirklich viel. Trotzdem muss ich zugeben, dass Dissociation noch mal ein vergleichsweise gutes Projekt geworden ist, der eine halbwegs solide Schlussnote an das Ende dieser Formation setzt. Und das ist ja irgendwo die Hauptsache.
7/11

Beste Songs: Wanting Not So Much As To / Fugue / Low Feels Blvd.

Nicht mein Fall: Symptom of Terminal Illness / Manufacturing Discontent / Nothing to Forget

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