Dienstag, 19. September 2017

Manic Pixie Dreampop

Ich hatte immer gedacht, ich wäre der einzige Mensch, der auf Alvvays steht. Als im Sommer 2014 das selbstbetitelte Debüt der Kanadier erschien, war der Bogen, was den lässig-melancholischen Surfpop-Shoegaze der Band anging, eigentlich schon lange überspannt und ihre berühmten Kolleg*innen wie Beach House und Best Coast nur noch Schatten ihrer selbst. Dennoch hatte diese kleine, unscheinbare Platte damals sofort eine unglaubliche Größe und songwriterische Energie, die mich auf den ersten Blick ansteckte und bis heute nicht mehr losgelassen hat. Songs wie Marry Me Archie, Adult Diversion und Party Police sind für mich im Nachhinein nicht nur Lieblingssongs dieses Jahres, sondern All Time Favourites geworden und das Album läuft bei mir noch immer ziemlich regelmäßig. Schön war es deshalb auch festzustellen, dass es langfristig nicht nur mir so ging, sondern Alvvays im Internet tatsächlich eine ganz solide Fangemeinde haben, die gemeinsam mit mir nun drei ganze Jahre auf einen Nachfolger warten konnte. Die Erwartungen dafür waren auf meiner Seite logischerweise ziemlich hoch und zunächst war ich auch eher skeptisch, was diese neue LP anging. Die ersten Singles, die im Sommer veröffentlicht wurden, packten mich in keinster Weise so wie das Debüt damals und ich befürchtete schon, dass es das jetzt gewesen sein könnte mit meinem Fandom. Aber zum Glück stellte sich nun heraus, dass Antisocialites einer dieser Fälle ist, in denen erst das Gesamtbild der Platte wirklich einen Eindruck davon vermittelt, was hier abgeht. Und das zeigt die Band nach wie vor auf höchstem Niveau. Im Vergleich zum Vorgänger haben Alvvays hier stilistisch noch ein bisschen herumgeschraubt und präsentieren sich wesentlich vielseitiger als zuletzt. Das Instrumentarium klingt breiter, in Not My Baby sind sogar kurz Streicher zu hören und in Sachen Songwriting haben sich die Kanadier ein paar Tricks von den Beatles und Beach Boys abgeschaut. Alles in allem klingt Antisocialites damit eine ganze Ecke runder und poppiger, was aber auch kreativer und bunter bedeutet. Ohnehin ist der Weg zu noch mehr Hit-Potenzial der einzig richtige für Alvvays, die das Zeug für perfekte Popsongs in ihrer DNA zu haben scheinen. Keyboarder Kerri MacLellan und Gitarrist Alec O'Hanley interagieren optimal und zaubern immer wieder die großartigsten Melodien aus dem Ärmel, die Molly Rankin dann mit ihrer märchenhaften Manic Pixie Dreamgirl-Stimme garniert. Was kann da bitteschön schief gehen? Selbst Songs wie das eigentlich ein bisschen öde Already Gone oder das ein bisschen zu überzuckerte Lollipop sind am Ende richtig gute Songs und gerade letzteres hätte das Zeug, ein Fanfavorit zu werden. Alvvays wissen eben einfach, was gut ist. Und es ist ein Fakt, dass sie sich mit Antisocialites ein weiteres Mal mitten in mein Herz gespielt haben. Möglicherweise finde ich diese Platte sogar ein Mü besser als ihren Vorgänger. Nur dass es diesmal echt schade ist, dass sie wieder nur 32 Minuten lang geht.





Persönliche Highlights: In Undertow / Dreams Tonite / Plimsoll Punks / Hey / Lollipop (Ode to Jim) / Saved By A Waif

Nicht mein Fall: Already Gone

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