Donnerstag, 28. September 2017

Düsterbrühe

Ich höre nicht auf zu hoffen, dass Chelsea Wolfe mich irgendwann tatsächlich ernsthaft interessiert. Die Tatsache, dass die Kalifornierin auf einem meiner Lieblingslabel gesignt ist, regelmäßig mit großartigen Künstler*innen kollaboriert und seit Jahren nur wahnsinnig gute Kritiken abbekommt, haben bei mir das Gefühl bestärkt, dass es ja irgendetwas tolles und besonderes an ihrer Musik geben muss. Leider habe ich das bis dato nie wirklich gefunden. Sicher, eine wirklich schlechte Platte hat Wolfe noch nie gemacht und ihr Stil ist eine gute Mischung aus Gothrock, verschiedenen Spielarten von Metal und einer gewissen Singer-Songwriter-Grundstimmung, doch habe ich bei ihr nie etwas anderes gehört, das ich nicht bei anderen Acts auch haben kann. Und ich muss sagen, daran ändert sich auch mit Hiss Spun wenig. Nachdem vor zwei Jahren Abyss schon ordentlich tief in den musikalischen Abgrund schaute, macht sie hier erneut ihre bisher düsterste Platte, die sich noch ein Stückchen weiter ins Einzugsgebiet von Gothic und Metal wagt. In Vex gibt es zum ersten Mal geschriene Backing-Vocals und in fast allen Songs sind die Riffs grantiger und böser gespielt als zuvor. Außerdem schleichen sich mehr oder weniger unauffälig langsam Industrial-Elemente und finstere Synth-Passagen in die Stücke ein, die mitunter an die alten Sachen von Grimes erinnern. Das ist alles ganz toll und schön, aber im Grunde genommen ist Wolfe immer noch die in Schönheit siechende Indie-Morticia Addams, die sie schon vor fünf Jahren war. Und das ist und bleibt die große Schwachstelle in ihrer Musik: Die sakralen, okkulten Riffs können hier so böse und nihilistisch sein wie sie wollen, wenn Frau Wolfe darüber singt wie die Neunziger-Doom-Lana del Rey, dann ist das einfach nicht spannend. Ihr Gesang in diesen 12 Stücken kennt ganz genau eine Intensitätsstufe, was die meisten der Tracks hier trotz gutem instrumentalem Backing unglaublich monoton und generisch macht. Für zwei bis drei Tracks findet man das noch gut, aber danach wird Hiss Spun mit jeder Sekunde langweiliger. Wer bei Twin Fawn noch wach ist, der kann sich ruhig Fan nennen. Zusätzlich zu allem Übel ist diese Platte auch noch ziemlich langweilig produziert, die starken Mitten sind an sich okay, aber wenn es dann tatsächlich ein oder zweimal im Song einen ordentlichen instrumentalen Ausbruch gibt, hat dieser keinerlei Schlagkraft. Auf der anderen Seite ist der Mix auch nicht besonders detailliert. Zwar sind auf diese Art und Weise momentan viele Rockalben produziert, allerdings ist Hiss Spun eines, dass diesen Mangel nicht durch vielseitiges Songwriting wieder ausgleichen kann. Dumm gelaufen. So wird Hiss Spun zum bis dato vielleicht schwächsten überbewerteten Album von vielen überbewerteten Alben von Chelsea Wolfe. In einem anderen Universum hätte aus diesen Songs vielleicht ein ganz okayes Doomrock-Projekt werden können, aber das Schicksal hatte mal wieder andere Pläne. Diese beinhalten übrigens auch nicht, dass ich den Rummel um diese Künstlerin diesmal auch nur ansatzweise verstehe. Was solls, versuchen werde ich es trotzdem weiter.





Persönliche Highlights: Spun / 16 Psyche / Vex / Two Spirit / Scrape

Nicht mein Fall: Particle Flux / Twin Fawn / Offering / Static Hum

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