Sonntag, 6. März 2022

Some Minor Adjustments

Sevdaliza - Raving Dahlia
SEVDALIZA
Raving Dahlia
Twisted Elegance
2022
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ organisch | weich | triphoppig ]

Es fühlte sich auf jeden Fall ein bisschen falsch an, ein Album wie Shabrang, das im Sommer 2020 zumindest in einer gewissen Hinsicht der internationale Durchbruch für die unglaublich spannende junge Künstlerin Sevdaliza war, hier nicht umfassender anzusprechen und ein wenig bereue ich vielleicht doch, dass ich es nicht einfach gemacht habe. Mit mickrigen sechs Punkten und einer wenige Sätze umfassenden Besprechung landete es stattdessen in meiner Senf-Rubrik auf Rateyourmusic und wurde damit in keinster Weise dem Auftrieb gerecht, den die Holländerin mit dieser LP vielerorts erfuhr. Dass besagte Platte mich aber wirklich nicht besonders interessierte und sich mit ihrem seichten und kantigen Alt-R'n'B-Sound in einen schon zu diesem Zeitpunkt etwas langweiligen Trend einordne, hat sich für mich aber zwei Jahre später aber ebenfalls nicht geändert und würde ich Stand heute noch einmal darüber schreiben, wüsste ich ehrlich gesagt immer noch nicht so richtig, was ich darüber eigentlich groß zu sagen hätte. Überhaupt hatte ich nicht erwartet, dass sich meine Einschätzung zu Sevdaliza an sich mittelfristig groß ändern würde, erst recht nicht mit einem so unscheinbaren Kleinformat wie diesem hier. Immerhin ist das hier ja noch nicht mal der offizielle Nachfolger zu Shabrang, sondern eher eine Art gewohnheitsmäßiges EP-Format, wie die Holländerin sie über die letzten zehn Jahre hinweg immer mal wieder gedroppt hat und fühlt sich eher an wie ein künstlerischer Nachtrag zum beliebten Vorgänger, der ästhetisch nochmal ein bisschen dahin zurückkehrt. Wobei man an vielen Stellen auch sagen muss, dass Raving Dahlia genau das ist. Mit fünf neuen Tracks und einem Remix des Shabrang-Stücks Oh My God bleibt vieles hier stilistisch sehr in Armlänge des letzten Albums verhaftet und präsentiert maximal ein paar weitergedachte Konzepte, die vermutlich auch inhaltlich nicht so gut darauf Platz fanden, weil sie textlich ganz anders gepolt sind. Und obwohl das aber erstmal nach recht wenig klingt und die Veränderungen hier definitv keine weitreichenden sind, sind sie für mein Verhältnis zur Musik von Sevdaliza doch einigermaßen entscheidend. Denn gerade in Sachen Sound und Performance geht Raving Dahlia an vielen Stellen den entscheidenden Schritt, der ihre Musik für mich erstmals interessant und nachvollziehbar macht und sich gerade so von der letzten LP unterscheidet, dass ich eine neue Perspektive darauf bekomme. Wobei diese Justierungen vor allem damit zu tun haben, dass viele Tracks hier ein ganzes Stück softer und harmonischer produziert sind und Sevdaliza einen größeren Fokus auf die Triphop- und Noughties-Pop-Nuancen setzt, die auf Shabrang schon die besten Momente ausmachten. So könnte der Opener System mit seinen zurückhaltenden-lauwarmen Klavierakkorden auch sehr gut auf eine Air- oder Zero7-Platte aus den späten Neunzigern passen und die romantische Akustikbegleitung auf the Human Flow zu einer minimalistischen Version der früheren Nelly Furtado. Und solange es mit Tracks wie High Alone oder dem abschließenden Remix von Oh My God trotzdem noch jene grantigen und trockenen Momente gibt, die Sevdaliza nicht zu sehr im schmusigen Downtempo-Soul verorten, kann ich das auch inhaltlich ernst nehmen. Obwohl das letzte meiner Probleme von Shabrang, dass sie in Sachen Lyrics selten wirklich überzeugt, auch hier noch nicht wirklich abschließend besiegt ist. Im Vergleich zum Vorgänger bin ich allerdings erstaunt, wie wenig ästhetische Verschiebungen es am Ende gebraucht hat, um die künstlerische Vision dieser Künstlerin für mich nicht nur erträglich zu machen, sondern effektiv aufregend und mich von einem Sevdaliza-Skeptiker zu jemandem zu machen, der gerade ziemlich neugierig auf ihre nächste große Platte wird. Denn obwohl das hier definitiv richtig gut ist und wertvolle Überzeugungsarbeit leistet, bin ich mit dem Ergebnis erst zufrieden, wenn es auch auf einem richtigen Album stattfinden. Von dem ich inständig hoffe, dass es nicht mehr zu lange dauert.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11

Persönliche Höhepunkte
System | High Alone | Human Flow | Oh My God (Sleepnet X Sevdaliza Remix)

Nicht mein Fall
-


Hat was von
Morcheeba
Charango

Zero7
When It Falls


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