Freitag, 24. Januar 2020

Sag niemals Nie

[ synthetisch | euphorisch | spaßig ]

Of Montreal gehören in meiner gesamten Tätigkeit auf diesem Format sicherlich zu den wichtigsten Bands, von denen ich bisher immer Abstand gehalten habe. Als eines der prägendsten Mitglieder des Elephant 6-Kollektivs (zu dem unter anderen auch Neutral Milk Hotel und the Olivia Tremor Control gehörten) und eines der produktivsten Indiepop-Projekte der Zwotausender haben sie sich in über 20 Jahren einen Namen als Institution der Generation Pitchfork gemacht und mehr als einen viralen Klassiker veröffentlicht. Mit inzwischen 13 Alben und diversen EPs in ihrem Release-Katalog sind sie Output-technisch jedoch auch ein ganz schönes Häppchen und wenn man sich die Palette an Stilen ansieht, die sich darauf beackern, bekommt man nicht nur jede Menge Respekt, sondern auch wenig Lust, sich damit auseinanderzusetzen. Weshalb ich bisher genau davor auch immer zurückgeschreckt habe und mich galant aus der Äffare zog. Was bis jetzt vor allem auch dadaurch vereinfacht wurde, dass ich keine der Platten, die sie seit 2013 veröffentlicht hatten, so wirklich mochte. Somit konnte ich sagen, dass ich Of Montreal doof fand und auch die rückwärtige Erforschung ihrer Diskografie sparen. Es war simpel und schön so und ich wollte eigentlich auch nicht, dass sich das ändert. Aber früher oder später kommt es ja bekanntlich immer anders, womit wir uns wieder im Hier und Jetzt befinden. Dem Zeitpunkt, an dem ich zum ersten Mal ein Album der Band aus Georgia gut finde. Und das führt mich natürlich zu einem Problem, denn ohne jegliches Vorwissen ist es nicht einfach, einen Post über das vierzehnte Album einer jahrzehntelang etablierten Gruppe zu schreiben. Dinge die ich hier nicht tun kann beinhalten also die stilistische Einordnung von Ur Fun in den kontextuellen Rahmen der Of Montreal-Diskografie, Vergleiche zu alten Platten und die Einschätzung, was Fans zu dieser LP sagen werden. Was ich aber tun kann, ist euch zu sagen, warum ich das hier plötzlich besser finde als die Sachen, die unmittelbar vorher kamen. Und da ist vor allem ihr letztes Album von einiger Wichtigkeit. White is Relic/Irrealis Mood von 2018 war ein Projekt, in dem die Band ihren Sound verstärkt auf synthetische Instrumente konzentrierte und damit einen kleinen Stilbruch einleitete. Die Tracks auf dieser Platte waren sehr retrofuturistisch im Stil der Achtziger angesiedelt und fast gänzlich digital komponiert, was vor allem im Songwriting Schwächen aufzeigte und auch die sonst sehr bunte Ästhetik von Of Montreal etwas dämpfte. Ur Fun ist zweieinhalb Jahre später nun die Platte, die dieses klangliche fortführt, die beiden Kernprobleme seines Vorgängers aber lösen kann. Kurzum: Das hier ist das letzte Album, nur in besser. Von den zehn Songs hier gibt es nicht einen, der nicht sofort ins Ohr geht und dadurch, dass hier auch wieder ein breiteres Instrumentarium aufgestellt wird, gewinnt die Band wieder an Vielseitigkeit. Und in meinen Augen tut sie das sogar mehr als auf allen Platten, die ich von ihnen bisher gehört habe. Zwar waren Of Montreal schon immer eine Gruppe mit großer Freak-Energie, doch dreht diese hier mehr oder weniger völlig frei. Die musikalischen Anstoßpunkte hier gehen von Ty Segall und Julian Casablancas über Roxy Music und the Sweet bishin zu Umberto Tozzi oder Hansi Hinterseer, und was Hauptsongwriter Kevin Barnes hier lyrisch aus dem Hut zaubert, sind zum Teil einfach kleine Wunderwerke ("If you're dead inside, you don't really age"). Und obwohl jeder Song seine Hyperaktivität irgendwie anders abreagiert und völlig unterschiedlich klingt, fügt sich alles durch den Fokus auf synthetische Musik doch sehr zusammen. Wenn man unbedingt will, spinnt sich aus den meisten Tracks auch eine Art erzählerisches Motiv über Schönheit im Angesicht der Apokalypse oder so, das ebenfalls ziemlich cool ist. Konzeptuelle Verstrickungen und ulkige Sounds gab es bei dieser Band aber schon immer, was ich hingegen das erste Mal erlebe ist, dass es mir unglaublichen Spaß macht, dem zuzuhören. Und wenn man wie ich ohne jeden Kontext hier einsteigt, ist das letztendlich auch das entscheidende. Ich mag Of Montreal hier nicht, weil sie cleverer oder klanglich ausgefuchster sind als vorher, sondern weil sie Hits schreiben, die mich fesseln und die ich fühlen kann. Das ist der simple und doch frustrierend komplizierte Grund, warum ich das hier plötzlich geil finde. Und vielleicht auch der, warum ich mir irgendwann doch noch mal ihre alten Sachen anhöre.



Klingt ein bisschen wie
the Voidz
Virtue

the Sweet
Sweet Fanny Adams

Persönliche Höhepunkte
Peace to All Freaks | Gypsy That Remains | You've Had Me Everywhere | Carmillas of Love | Don't Let | St. Sebastian | Deliberare Self-Harm Ha Ha | 20th Century Schizofriendic Revengoid-Man

Nicht mein Fall
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