Dienstag, 12. Februar 2019

Mein Gott Walther!




















[ aufgekratzt | atmosphärisch | düster | philosophisch ]

Es war tatsächlich ein bisschen wie verhext und zuletzt immer wieder das unangenehme Leidthema bei meinem jährlichen Besuch eines Walther Luft's Konflikt-Konzertes: Wann kommt denn nun endlich die Platte? Drei Jahre lang musste ich mich hier damit begnügen, ständig nur darüber zu schreiben, wie gut die Brand-Erbisdorfer live sind und darauf bestehen, dass sie auch so die coolste Band aus meiner Gegend sind, was ich inzwischen ohne jede Arschkriecherei sagen kann. Zwar gab es ein Demo von 2016 und ein Jahr später auch einen Konzert-Mitschnitt auf Bandcamp, doch die wirkliche Großartigkeit dieser Gruppe fassten die beide nicht. Das Feeling, das ihre neueren Songs auf der Bühne erbrachen und die kompositorische Sorgfalt, die sich erst im Laufe der Zeit entwickelt hatte, gab es auf Konserve schlichtweg noch nicht. Und allein schon deshalb ist das hier eine Errungenschaft. Weil WLK den Fluch besiegt haben. Den Fluch, der zwei Jahre lang Takes versaute, Spuren verschwinden ließ und Nerven raubte, der an manchen Tagen scheinbar dazu führten, dass der Band jegliche Motivation flöten ging und der dieses Debüt am Ende fast verhindert hätte. Kleine Unwägbarkeiten wie diese sind für eine Teilzeit-DIY-Formation wie diese hier gerne Mal größere Hürden und gerade wenn man sich den künstlerischen Extraschritt gehen will, für den WLK bereit sind, wird der Enthusiasmus oft mit Rückschlägen belohnt. Diese Platte wäre also in meinen Augen selbst dann eine Erfolgsgeschichte, wenn sie kompletter Müll geworden wäre. Dass das nicht der Fall ist, macht sie zu einem umso freudigeren Ereignis. Und zum ersten richtig geltungswürdigen musikalischen Zeichen dieser Gruppe. Denn es ist eben keine popelige Demo, keine Live-Aufnahme, Split-Kassette oder Drei-Track-EP, es ist ein vollwertiges Debütalbum. Ein Attribut, das sich auch in der Struktur dieser Platte wiederspiegelt. Was WLK hier vorstellen, sind nicht nur ihre besten Stücke, sondern auch ein gewisser Kontext und LP-Flow, der eine eigene Logik hat. Vieles hier ist dabei deutlich lichter und fließender als auf dem ersten Demo, die Attitüde im direkten Vergleich nicht mehr ganz so düster und die Texte zwar immer noch tief deprimiert und aufgekratzt, aber in gewisser Weise trotziger formuliert. Dabei stützt die Struktur der Platte durchaus ein gewisses Narrativ, das vielleicht nicht unbedingt gewollt ist, aber sich in meinen Augen sehr schön ergibt. Eine Art Abstreifen des eigenen Elends durch das Entdecken einer überpersönlichen Realität (die am Ende auch nicht unbedingt weniger elend ist). Oder so ähnlich. Allerdings kommen dabei jede Menge schicke Quotables rum, die sich in Gesamtheit zu Songs formen, die nicht nur cool klingen, sondern auch durch ihre Aussage faszinieren. Mein persönlicher Favorit ist in dieser Hinsicht vielleicht der Closer Bruch, der zum Finale der lyrischen Entschalung noch einmal den größtmöglichen Blickwinkel einnimmt und dabei sogar einen Hauch von Optimismus zwischen den Zeilen hat. Welcher Teil der von mir gehörten Botschaft am Ende wirklich der der Band entspricht, kann ich dabei zwar nicht mit Sicherheit sagen, Fakt ist aber, dass diese Platte solche Gedankengänge bei mir angeregt hat. Und das spricht allermindestens dafür, dass Walther Luft's Konflikt sich hier selbst Gedanken gemacht haben. Was die Sache mit dem langen Schaffensprozess nachträglich vielleicht auch einige positive Aspekte abgewinnt, denn so haben wir auch das richtige Format für eine handvoll Songs gekriegt, die spätestens jetzt zu groß für Proberaum-Aufnahmen sind.


Klingt ein bisschen wie:
Fjørt
D'Accord

Todo Para Todos
Todo Para Todos

Persönliche Highlights: Existent in Finsternis | Spiegel | Im Schlamm | Bruch

Nicht mein Fall: -

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen